Als die Finanzkrise 2009 die breite Öffentlichkeit erreicht, ist klar: Es gibt ein Problem mit dem globalisierten Wirtschaftssystem.
Staaten sind in einem historisch einmaligen Maße von Finanzmärkten abhängig, und Reformvorschläge wie die Tobinsteuer werden aus genau diesem Grund verworfen. Ein Vorschlag jedoch setzt sich immer mehr durch, der nicht von Staaten abhängig ist: Die Revolution des Währungssystems durch rein elektronisches und dezentrales Geld: Bitcoins.
Im Oktober 2008 stellte Satoshi Nakamoto in einer Newsgroup seine Idee einer elektronischen Währung vor, die auf einem Netzwerk von Servern ohne jegliche zentrale Autorität basiert.
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An zwei zentralen Fragen trennen sich dabei die Geister: a) Ist Bitcoin eine potenziell voll funktionsfähige Währung? b) Ist der staatliche Kontrollverlust ein Schritt Richtung Utopie oder Dystopie?
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Wie jeder Währung, liegt Bitcoin eine politische Agenda zugrunde: die Etablierung eines Währungssystems unter Ausschluss von Staaten und Banken. Nakamoto stellt damit die herrschenden Formen von Politik und Macht in Frage. Das Ideal wäre eine Welt, in der alle über das Netzwerk an der Währung mitbauen können, Transaktionen nichts oder nur sehr wenig kosten und unnötiger Konsum ausbliebe. Damit würde die Demokratie ebenso gestärkt wie eine nachhaltige Wirtschaft.
Auf der anderen Seite interpretieren Kritiker die politischen Implikationen der Währung ganz anders: Sie entwerfen eine Dystopie, in der Staaten die Steuereinnahmen wegbrechen würden, da Bitcoins nur schwer besteuert werden können. In diesem Fall würde eine harsche Austeritätspolitik herrschen, verbunden mit dem Absterben des Sozialstaats. Monetäre Wirtschaftspolitik käme durch den Verlust der staatlichen Kontrolle der Geldmenge zum Erliegen, und durch eine Deflationsspirale würde auch das Wirtschaftswachstum einbrechen.
Ist das dezentrale Zahlungsmittel Teil eines Traums von einer staatenlosen, globalen Gemeinschaft? Oder ist es der Anfang einer asozialen, Algorithmen-gesteuerten Netzwerkgesellschaft? Oder vielleicht funktionieren die wertvollen Codes einfach als praktisches Mittel für globale Peer-to-peer-Überweisungen?
Wie auch immer Bitcoin sich entwickelt, die digitale Währung bietet wohl vorerst keine Lösung der Finanzkrise. Denn sie ist weder gegen übermäßige Spekulation gefeit noch gegen Ungleichheit. Jedoch hat das Aufkommen der elektronischen Währung eine Menge wichtiger Fragen aufgeworfen und an ein Prinzip erinnert: Das Währungs- und Finanzsystem ist von Menschen gemacht – und kann von ihnen verändert werden.
Vollständiger Artikel: http://www.carta.info/69753/revolution-des-wahrungssystems-durch-bitcoins/