Was Titel und die ersten Worte andeuten würde ich durchaus als sehr wichtig für alle hier einstufen und daher gerne mehr darüber lesen
Dann lese doch.
Umstrittene Besteuerung Steuern auf Bitcoin-Gewinne - das plant das Bundesfinanzministerium
Bitcoin-Anleger, Steueranwälte und Finanzbehörden streiten seit Jahren über die Frage, wie Gewinne aus Geschäften mit Kryptowährungen zu besteuern sind. Jetzt will das Bundesfinanzministerium endlich eine Antwort geben.
22.04.2021, 09.24 Uhr
Bitcoin: Streit um Besteuerung von Krypto-Gewinnen
Bitcoin: Streit um Besteuerung von Krypto-Gewinnen Foto: REUTERS
Sind Gewinne, die Investoren mit dem Kauf und Verkauf von Kryptowährungen wie dem Bitcoin erzielen, einkommensteuerpflichtig oder nicht? Die Frage ist unter Juristen umstritten, und die Bundesregierung oder das Bundesfinanzministerium (BMF) haben dazu bisher keine klare Regel vorgegeben. Dabei schwelt das Thema seit Jahren, und immer mehr Anleger steigen in den Kryptomarkt ein und brauchen Klarheit.
Die will ihnen das Finanzministerium nun endlich verschaffen: Das Ministerium von Vizekanzler Olaf Scholz (62) arbeitet gegenwärtig an einem Schreiben, mit dem klargestellt werden soll, wie Kryptowährungen ertragsteuerlich zu behandeln sind. Der Entwurf dieses Schreibens werde derzeit mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmt, so das BMF auf Anfrage des manager magazins. Nach Abschluss der Abstimmung soll es auf der Internetseite der Behörde veröffentlicht werden.
Nur keine Eile: Finanzminister Olaf Scholz mit Kanzlerin Angela Merkel und Kabinettskollegen
Nur keine Eile: Finanzminister Olaf Scholz mit Kanzlerin Angela Merkel und Kabinettskollegen Foto: Andreas Gora / POOL / EPA
Derartige BMF-Schreiben haben in der Welt der Finanzverwaltung große Bedeutung. Mit ihnen gibt der Gesetzgeber den Finanzämtern eine Handlungsgrundlage für strittige Steuersachverhalte, bei denen eine klare gesetzliche Regelung fehlt. Ein gleichwertiger Ersatz für eine Gesetzesänderung in Bezug auf die fraglichen Punkte sind die BMF-Schreiben allerdings nicht.
Eine solche Gesetzesänderung lehnt das BMF im Zusammenhang mit der Besteuerung von Gewinnen aus Geschäften mit Kryptowährungen auch explizit ab. Wie das Ministerium ebenfalls in seiner Stellungnahme gegenüber dem manager magazin schreibt, sieht es „derzeit keinen Bedarf für eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Ertragsbesteuerung von Kryptowährungen“.
Zwei gegensätzliche Richtersprüche
Der Grund: Im Ministerium geht man offenbar davon aus, dass das Steuerrecht bereits eine ausreichende Grundlage für eine solche Besteuerung bietet. So schreibt das BMF in seiner Stellungnahme, dass Einkünfte aus Kryptowährungen, die im Betriebsvermögen erzielt werden, den Besteuerungsregeln für Gewinneinkünfte unterlägen. Sofern die Einkünfte aus Kryptowährungen im Privatvermögen erzielt werden, so das Ministerium weiter, könnte zu deren Besteuerung das Einkommensteuergesetz herangezogen werden. Dabei verweist das BMF insbesondere auf die Paragrafen 22, Nummer 3 (Einkünfte aus sonstigen Leistungen), sowie 23, Absatz 1, Nummer 2 (private Veräußerungsgeschäfte).
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Dieser Standpunkt ist unter Juristen allerdings umstritten. Der Düsseldorfer Rechtsanwalt und Steuerexperte Joerg Andres machte jüngst im Interview mit dem manager magazin deutlich, warum er im aktuellen Steuerrecht keine ausreichende Grundlage für die Besteuerung von Kryptogewinnen sieht: Der Begriff der Kryptowährungen sei in keinem Steuergesetz niedergelegt, so Andres. Bei Bitcoins und anderen Kryptowährungen handele es sich aus steuerlicher Sicht um „völlig neue, rein digitale, virtuelle Phänomene“. Eine Besteuerung könne daher weder direkt an das Eigentum, noch an ein konkretes Recht in Bezug auf die Blockchain geknüpft werden. Letztlich stellt sich laut Andres die entscheidende Frage: Was soll eigentlich bei wem besteuert werden?
Auch Gerichte haben dazu bislang gegensätzliche Einschätzungen abgegeben. Zum einen gibt es einen Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom Juni 2019 (Az. 13 V 13100/19). In dem Fall hatte ein Ehepaar beantragt, den Vollzug eines Steuerbescheides auszusetzen, weil es der Ansicht war, dass ein erzielter Gewinn aus Kryptogeschäften in Höhe von beinahe einer Million Euro nicht der Einkommensteuer unterliegen dürfe. Mit diesem Vorhaben hatten die verheirateten Kryptoinvestoren allerdings keinen Erfolg: In seinem Beschluss, auf den auch das Bundesfinanzministerium verweist, lehnte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg ihr Ansinnen ab. „Virtuelle Währungen können einkommensteuerrechtlich als andere Wirtschaftsgüter qualifiziert werden“, schreibt das Gericht unter anderem in seiner Begründung. „Wirtschaftsgüter sind alle Wertgegenstände der privaten Vermögenssphäre.“
„Immense Rechtsunsicherheit“
Zum anderen gibt es aber auch einen viel beachteten Beschluss des Finanzgerichts Nürnberg aus dem April vergangenen Jahres, den Steuerrechtler Andres für einen Mandanten erstritten hat (Az. 3 V 1239/19). Auch dieser Mandant hatte am Markt für Kryptowährungen Gewinne erzielt, in diesem Fall in Höhe von gut 100.000 Euro. Und auch er verlangte die Aussetzung eines Steuerbescheides, weil er die Besteuerung dieser Gewinne für nicht rechtens hielt. Doch in diesem Fall gab das Gericht dem Anleger recht, und zwar unter anderem mit der Begründung, dass die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen „noch nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtssprechung gewesen“ sei.
Rechtsanwalt Andres hält den Beschluss der Nürnberger Richter für "eine grundlegende Entscheidung zu dem Thema", wie er im mm-Interview sagte. Das Votum eröffne „neue Horizonte, indem es deutlich differenziertere Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung anlässlich der unternommenen Besteuerung von Erträgen aus sog. Kryptowährungen“ stelle, schreibt Andres zudem in einem Kommentar zu dem Richterspruch.
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So prallen die Meinungen bislang aufeinander. Weiterhin fehlt – wie auch vom Nürnberger Gericht angemerkt – eine Entscheidung in höchster Instanz, sprich vom Bundesfinanzhof (BFH). Und auch der Gesetzgeber drückt sich seit Jahren um eine klare Aussage. Es bleibt daher vorläufig die „immense Rechtsunsicherheit“, die auch die Hamburger Steuerrechtskanzlei Ruge Fehsenfeld bei dem Thema kürzlich diagnostiziert hat. Und die Hoffnung, dass das Bundesfinanzministerium mit dem angekündigten BMF-Schreiben für Klarheit sorgen wird.
Dass das BMF eine Gesetzesänderung ablehnt und stattdessen den bequemeren Weg über ein klärendes Schreiben gehen will, passt dabei gut ins Bild. Anfang dieses Jahres hatte bereits der FDP-Politiker Frank Schäffler eine Antwort auf eine Anfrage an die Bundesregierung erhalten, bei der es ebenfalls um Steuern auf Kryptogeschäfte ging. Der Tenor deutete in die gleiche Richtung.
Die Bundesregierung plane aktuell keine gesetzlichen Änderungen hinsichtlich des Erwerbs von oder des Bezahlens mit Kryptowährungen, hieß es seinerzeit. Stattdessen wolle man sich lieber an der Markets-in-Crypto-Assets-Verordnung (MiCA) der EU orientieren, die in Planung sei.
Auch an der Stelle hat es Berlin also offenbar alles andere als eilig damit, die regulatorischen Rahmenbedingungen in Deutschland der sich rasch wandelnden Welt des digitalen Geldes anzupassen.
https://www.manager-magazin.de/finanzen/geldanlage/einkommensteuer-auf-bitcoin-gewinne-finanzministerium-will-mit-schreiben-klarheit-schaffen-a-94606716-89dd-4634-8ee7-435c5e4182c2