"Mit dem Krypto-Banking wächst ein hoffnungsvolles Pflänzchen
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht erteilt zwei Anbietern von Krypto-Finanzdienstleistungen die Banklizenz. Das ist ein Ereignis, das vorerst ein bescheidenes Echo auslöst. Die Auswirkungen auf die Zukunft werden aber immens sein.
Das «Crypto Valley» kann aufatmen und der Finanzplatz Zuversicht tanken. Zwei Schweizer Krypto-Finanzdienstleister, Sygnum und Seba Crypto, haben am Montag von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) die Bewilligung erhalten, als Bank und Effektenhändler tätig zu sein. Vergleicht man das Echo, das diese Meldung in der Öffentlichkeit auslöste, mit anderen Ereignissen aus der Finanzbranche – etwa der Absetzung eines Bank-Topmanagers –, könnte man zum Schluss kommen, es handle sich hierbei um ein eher mittelmässig wichtiges Ereignis. Dem ist aber nicht so.
Weil es jedoch etwas Neues anbelangt, was viele nicht genau fassen können, ist die Reaktion verständlich. Die Zulassung als «Krypto-Bank», welche Sygnum und Seba Crypto von der Finma erhalten haben, ist nämlich die erste derartige Bewilligung weltweit. Der hiesige Finanzplatz, der seit einigen Jahren kontinuierlich schrumpft, muss um diese neue Zukunftsperspektive froh sein. Die Herausgabe, das Verwalten und der Handel von digitalen Vermögenswerten ist nach einigen Kinderkrankheiten auf dem Weg, ein vielversprechendes Segment zu werden.
Die Beobachter sind sich schon lange einig, dass die Blockchain auch für die Finanzindustrie grosse Vorteile bringen werde. Doch bisher nahmen kleine Startups und wenig regulierte Handelsplätze mit Sitz in fernen Ländern die Ausgabe von digitalisierten Vermögenswerten in Form von sogenannten Token und den Handel mit neuen Währungen in die Hand. Auf der anderen Seite verpackten traditionelle Banken neue Krypto-Währungen in traditionelle Produkte. Der so ausbleibende Kostenvorteil dieser Produkte sowie Betrügereien und Pannen bestärkten die Kritiker darin, dass Krypto-Assets keine Alternative zum seriösen Bankgeschäft seien.
Doch das könnte im Jahr 2019 ändern. Ein erstes entscheidendes Signal, dass die Blockchain für Vermögenswerte in der Finanzindustrie eine wichtige Rolle spielen wird, gab Facebook im Juni. Der Social-Media-Konzern präsentierte sein ambitioniertes Projekt zur Schaffung einer «Weltwährung» und eines Blockchain-basierten Zahlungssystems namens Libra. Dass der gleichnamige Verein, mit 28 Grosskonzernen als Mitgliedern, seinen Sitz in Genf wählte, zeigt, dass internationale Unternehmen die Schweiz als Krypto-Standort wahrnehmen und schätzen.
Während das Facebook-Projekt vor allem den Zahlungsverkehr revolutionieren soll, wollen die Krypto-Banken ein umfassendes «digital banking» anbieten, das von der Aufbewahrung über den Handel bis zur Kapitalaufnahme die ganze Bandbreite des kommerziellen Bankengeschäfts umfasst. Im Gegensatz zu etablierten Finanzdienstleistern haben die neuen Anbieter den Vorteil, dass sie ihr Geschäftsmodell auf der grünen Wiese neu aufbauen konnten und Sachzwänge aus dem traditionellen Banking nicht berücksichtigen müssen.
Zwar sind auch die «neuen Banken» Startups. Im Gegensatz zu bisherigen Mitspielern im Krypto-Geschäft verfügen sie aber nun über ein Geschäftsmodell, das durch eine international renommierte Finanzmarktaufsicht geprüft wurde, die unter anderem auch garantiert, dass die Banken für die nächsten Jahre ausreichend finanziert sind. Seba Crypto und Sygnum weisen zudem enge Verbindungen mit der traditionellen Finanzindustrie auf, was die Akzeptanz im Finanzmarkt erhöht. Das neue, noch zarte Pflänzchen in der Finanzindustrie hat damit gute Chancen, zu einem wichtigen und etablierten Bestandteil des hiesigen Finanzplatzes heranzuwachsen."
Quelle:
https://www.nzz.ch/meinung/mit-dem-krypto-banking-waechst-ein-hoffnungsvolles-pflaenzchen-ld.1504426