Prinzipiell kann man denke ich schon sagen, dass mehr "Adoption" auch gleichzeitig mehr Zentralisierung bedeutet, weil es für Anfänger eh schon schwer genug ist, die ganzen Zusammenhänge zu verstehen und diese daher zumindest zu Beginn die zentralen Anbieter wählen werden.
Eine mögliche (längerfristige) Lösung, die ich auch im spanischen Thread kurz angesprochen hatte: Man könnte verschiedene dezentrale Dienste zu einem Softwarepaket mit einer einheitlichen Oberfläche zusammenstellen. Damit würde für den Konsumenten schon einiges leichter - auch wenn natürlich niemand dem Nutzer den Schritt abnimmt, sich mit dem Thema "Verantwortung" zu befassen, da er ja durch solche Dienste auf sich allein gestellt ist.
Konkret hatte ich hier eine "leichtgewichtige" Bitcoin-Wallet (z.B. Electrum), Bisq als Tauschbörse für Fiat, Atomic Dex (BarterDex-Nachfolger) als Atomic-Swap-Altcoin-Tauschbörse (mit dieser würde man dann, falls nötig, auch Stablecoins verwalten) und OpenBazaar als Handelsplattform im Sinn. Natürlich wäre das nicht ganz trivial, man müsste z.B. sich um die Anbindung der Libraries in verschiedenen Programmiersprachen kümmern, aber auch nicht unmöglich.
Das mit der Volatilität finde ich übrigens als keinen negativen Punkt, da sie je nach Betrachtungsweise relativ ist. Wenn man 1 Bitcoin hat und möchte ihn aufbewahren, so ist es immer 1 Bitcoin. Das Gleiche gilt für Gold, Dollar, Euro oder türkische Lira. Volatilität ist immer relativ, da es bei allen Fällen Schwankungen gibt und man letzendlich in jedes davon Vertrauen braucht.
Hier gehen unsere Meinungen etwas auseinander
Das Ziel dieses Threads ist es ja, eine nahezu gleichwertige Lösung zu Bankkonten zu entwickeln. Also konkret: Bekomme ich mein Gehalt am 1., möchte ich nicht, dass es am 31. nur noch die Hälfte wert ist - nicht nur verglichen mit Fiatwährungen sondern auch mit den "täglichen Ausgaben".
Wenn man hier ganz ohne Krücken (Stablecoins, Trading-Mechanismen usw. wie beschrieben) auskommen möchte, bleibt also nur, zu warten bis bestimmte Merchants mir die meisten täglichen Ausgaben in Bitcoin und zu garantierten Fixpreisen (zumindest für ein paar Wochen) anbieten. Das dürfte noch dauern, die Vola ist da viel zu hoch, wenn ich auch bei einigen Gütern
Preisgarantien für zumindest 24 oder 48 Stunden für möglich halte.
Also brauchen wir die Krücken noch. Zu Stablecoins: Die Situation ist dort in der Tat noch unbefriedigend. Zumal es zwar Ansätze für dezentrale Stablecoins (Dai, Bitshares) gibt, die Basiscoins dieser Dienste (also Ethereum und Bitshares selbst) aber selbst Zentralisierungsprobleme haben. Aber für eine "Bankkonto"-Lösung dürfte diese Krücke derzeit noch die beste darstellen, die sich allein mit Krypto-Technologie realisieren lässt. Denn wenn ich eine "Versicherung" gegen Kursrisiken abschließen will brauche ich einen Gegenpart und einen Basiswert, der nicht mit Bitcoin korrelieren darf - also fallen derzeit imho ausnahmslos alle Nicht-Stablecoin-Altcoins für diesen "Vertrag" weg und ich müsste mich in die Fiatwelt (und damit in die regulierte Finanzwelt) begeben.
Möglich wäre allerdings eine Lösung, die mir z.B. gegen die Zahlung einer wöchentlichen Gebühr eine ebenfalls festgelegten Wert in BTC auszahlt, wenn der Kurs innerhalb von z.B. 2 Wochen nach Gehaltseingang um mehr als 20% im Vergleich zu einer Fiatwährung (oder einem Stablecoin) sinkt. Dann habe ich natürlich das Kursrisiko noch nicht ausgeschaltet, aber immerhin vermindert. Dennoch bräuchte ich hier auch ein zentralisiertes Oracle um den konkreten Smart Contract zu implementieren. Es sei denn ich nehme ein Stablecoin und "tracke" Atomic Swaps.
Von "Stablecoins" halte ich generell sehr wenig, wälzt man hier doch die Wertaufbewahrung bloß auf ein anderes Asset ab, während man es auch direkt kaufen könnte.
Jein, denn der Vorteil wäre, dass zumindest der Handel mit dem Stablecoin per Atomic Swap ohne Mittelsmänner ablaufen könnte.
Zum Thema Zahlungsdienste:
An dieser Stelle wäre es möglich, dass der Gesetzgeber einschreitet, solche Monopolisierung verhindert und den Rahmen schafft, unabhängig und dezentral zu bezahlen, wie das aktuell in jedem Geschäft bereits mit Fiat möglich ist. Halt dann nur digital p2p mit Bitcoin ohne zwischengeschalteten Dienstleister.
Sehe ich leider nicht als realistisch an. Aber auch nicht für unbedingt wünschenswert. Wenn Bitcoin-Zahlung dem Merchant einen Vorteil bietet, da es seinen Kundenkreis vergrößert, und das Volatilitätsproblem (mit oben genannten Mechanismen z.B.) gelöst wurde (das ist wichtig, da dies das Hauptargument derzeit für die zentralen Payment-Prozessor-Lösungen aus Sicht des Merchants darstellt), dann sollte sich die günstigste Lösung durchsetzen. Und das wäre die ohne Mittelsmänner, wahrscheinlich letztendlich ein LN-basierte Lösung oder zumindest mit LN-Option.
Möchte man also "be your own bank" etablieren, dann schafft man das mMn nur über den Weg, dass Cryptos im Alltag selbstverständlich werden.[...]
Ab dem Zeitpunkt wo jedermann weiß was Bitcoins sind, welche Vorteile diese bieten und wie man diese bekommt geht der Schritt Richtung "be your own Bank" vollkommen automatisch, da zeitgleich auch die Nachfrage nach den Services klassischer Banken sinkt.
Das ist sicherlich ein wichtiger Punkt. Allerdings glaube ich nicht, dass dies so "automatisch" von sich gehen wird. Denn irgendwann kommt immer der erste Crash
(und wenn es "nur" 20% sind, für 70% der Menschen in Industrieländern und 90% überall sonst ist das zu viel) und dann ist beim Ottonormalkonsument Katzenjammer angesagt, wenn er nicht vorgesorgt hat.
Eine einfache Möglichkeit, in guten (bullischen) Zeiten "vorzusorgen", also z.B. eine Art automatisierter Krypto-Sparplan in der eigenen Wallet, wäre z.B. auch eine interessante Idee. Oder eben kombiniert mit DeFi bzw. Lending.
PS: Gerade den letzten Satz angeschaut und mir ist da eine Idee gekommen wie man eventuell so eine dezentrale Kursversicherung aufsetzen könnte:
- Man setzt einen DeFi-Vertrag auf.
- Der Kreditgeber verzichtet auf Zinsen.
- Im Gegenzug hat der Kreditnehmer bei einem bestimmten Kursverlust des geliehenen Coins (z.B. 20%, zur Messung ist natürlich ein Oracle nötig, auf das sich beide einigen müssen) einen vereinbarten Betrag an den Kreditgeber zu zahlen. Dieser kann sich auch z.B. an der Zeit orientieren, die der Kredit bereits läuft.
Es würde also ein "risikoorientierter Trader" einen "stabilitätsorientierten Normalkonsumenten" absichern. Die große Frage hier wäre, wie attraktiv hier die Kreditnehmerposition wäre. Ich gehe davon aus, dass diese stark von der Kurssituation abhängt. Gibts sowas schon?