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Topic: Bitcoin Mining und der Stromverbrauch. Überhaupt sinnvoll? (Read 138 times)

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Hi Mole,

ich fand die anderen Beiträge nicht so passend und im Bereich Mining konnte ich nichts finden, wozu es ja am besten passt. Die Statistiken sind mit Vorsicht zu genießen, da hast du recht. Aber irgendwie muss man ja versuchen das ganze mithilfe von Daten zu veranschaulichen. Wenn ich Zeit habe, ergänze ich das ganze noch mit viel verbreiteten Vergleichen und Fehlannahmen, die man so meiner Meinung nach nicht treffen sollte.
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Wenn man im Presse Subboard nach „Strom“ sucht gibt es schon div. Infos und auch Diskussionen zu dem Thema.
https://bitcointalk.org/index.php?board=140.0

Passt hier auch hin aber generell ist es fraglich welchen Statistiken und Experten man hier glauben möchte. Gibt ja ziemlich viele unterschiedliche Aussagen dazu Tongue
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Da ich mir schon seit geraumer Zeit über den Stromverbrauch und den damit verbundenen CO2-Ausstoß von Bitcoin Gedanken mache, und im deutschsprachigen Teil des Forums (Mining) keinen eigenen Thread hierzu finden konnte, dachte ich mir, ich nutze mal die Gelegenheit um einige mir bekannte Fakten dazu aufzuzeigen. Anschließend dann noch ein paar Überlegungen von mir, was zukünftig Auswirkungen auf die Herkunft des verwendeten Stroms zum Mining haben könnte, und welche äußeren Einflüsse (insbesondere die Konkurenz der Miner untereinander) sich wie auf den Stromverbrauch niederschlagen könnten. Ganz zum Schluss noch eine kurze Zusammenfassung, warum für mich persönlich Bitcoin einen hohen Stellenwert im digitalen Zeitalter einnimmt. Man könnte darauf noch weiter eingehen, es sind nur die für mich wichtigsten Punkte aufgeführt.

Aktuell vergeht kaum eine Woche, in der nicht irgendwo in den Medien kritisch über den Stromverbrauch von Bitcoin berichet wird. Auch ich denke, dass das einer der berechtigtsten Kritikpunkte ist, allerdings muss man sich das ganze dann doch etwas genauer ansehen, als das Medien meistens tun, um sich ein Bild darüber zu machen, wie schlimm es wirklich ist. Dazu müssen wir uns als erstes die Frage stellen, wie viel Strom das Mining denn nun benötigt. Hierzu kann man nur Schätzungen treffen, indem man von der Hashrate und dem aktuellen Schwierigkeitsgrad auf die Anzahl an Minern weltweit schließt. Einige Mining-Farmen veröffentlichen ihre Daten hierzu, was es natürlich einfacher und genauer macht. Die beste Quelle, welche mir hierzu bekannt ist, ist der "Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index", welcher laufend aktualisiert wird. Hier kann nachgesehen werden, wie hoch in etwa der Stromverbrauch des ganzen Bitcoin Netzwerks aktuell ist, und wie hoch er für das ganze Jahr geschätzt wird. Zum Zeitpunkt meines Beitrags befinden wir uns gerade bei einem Verbrauch von etwa 14,90 GW. Der jährliche Stromverbrauch wird auf 130,57 TWh geschätzt. Unter dem Reiter "Comparison" können wir uns auch die jährliche geschätzte Elektrizitätsproduktion (26.730 TWh), sowie den Verbrauch (22.315 TWh) ansehen. Zudem auch die gesamte Produktion an Energie (167.716 TWh) und den letztendlichen Verbrauch (115.575 TWh). Darunter sehen wir, dass Bitcoin laut dem Index etwa 0,59% Anteil am Strom, und 0,29% Anteil an der Energie hat. Für mich ist es hier nicht ganz verständlich, wieso der prozentuale Anteil am Stromverbrauch und dem Energieverbrauch berechnet wird, anstatt jeweils den prozentualen Anteil der produzierten Menge zu berechnen. Rechnen wir also mit dem jährlichen Verbrauch von 130,57 TWh des Bitcoin Netzwerks und schauen uns an, wie viel Bitcoins Anteil an der produzierten Strommenge ausmacht, kommen wir auf etwa 0,49%. Da die Stromproduktion wiederum nur einen Teil der Energieproduktion ausmacht, berechnen wir auch diesen Anteil und kommen darauf, dass Bitcoin ca. 0,078% der produzierten Energie weltweit benötigt. An den globalen CO2-Emissionen ist der Energiesektor wiederum mit etwa 30-42% beteiligt. Weiß man also den Energiemix von Bitcoin, kann man die CO2-Emissionen am Energiesektor ausrechnen und dann wiederum berechnen, wie groß der prozentuale Anteil an allen Emissionen weltweit ist. Es gibt natürlich noch andere Gase die ebenfalls Einfluss auf das Klima haben, aber wir schauen jetzt mal nur auf CO2.

Hier der Link zur Homepage: https://ccaf.io/cbeci/index

Coinshares hat zum Januar 2022 auch einen Bericht veröffentlicht, in welchem genau darauf eingegangen wird. Diese stellen fest, dass nach ihren Daten die globale Energieproduktion 162.194 TWh beträgt, von denen Bitcoin 89 TWh ausmacht. Das wären dann also etwa 0,05% Anteil von Bitcoin, gemessen an der produzierten Energiemenge. Sie berechnen außerdem, dass Bitcoin für etwa 0,08% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist. Interessant ist es, sich auch den Energiemix anzusehen. Dazu gibt es mehrere anschauliche Grafiken im Bericht.

Hier ein kleiner Auszug: "As of December 2021, we estimate the relative contributions of coal, gas, hydro, nuclear and wind at 35%, 24%, 21%, 11%, and 4%, respectively. The remaining generation of 5% is a mixture of small amounts of oil, solar, and other renew-ables (mainly geothermal)."

Link zur PDF: https://coinshares.com/research/bitcoin-mining-network-2022

Relevant wäre dann natürlich noch, wie viel Strom, welchen Bitcoin verwendet, tatsächlich auch für Bitcoin produziert wurde und wie viel CO2-Ausstoß Bitcoin fälschlicherweise zugerechnet wird. Aus ökonomischen Gründen gibt es genug Anreize, auf Strom zurückzugreifen, welcher aus überschüssigen Quellen stammt oder gestrandet ist und anderswo keine Verwendung findet (problematisch sind aber natürlich die vielen Staaten, in welchen Kohlestrom staatlich subventioniert wird. Im Bezug auf Bitcoin wäre das z.B. Kasachstan, wo doch schon sehr viel Mining stattfindet).

Wir haben also zum einen überschüssigen Strom, welcher von erneuerbaren Energien stammt aber mangels Speicherlösungen nicht überall gespeichert werden kann (wofür sich dann natürlich Bitcoin Mining anbietet, da es überall auf der Welt stattfinden kann). Zum anderen haben wir mit Sicherheit auch Kohlekraftwerke, Atomkraftwerke etc., die ihre Strompoduktion nicht 1:1 an der erwarteten Bedarsmenge orientieren können, da sie nicht genau wissen, zu welche Zeit wie viel Strom benötigt wird und ob es nicht aus welchen Gründen auch immer plötzlich einen etwas höheren Bedarf wie üblich gibt. Wenn aufkommt, dass zu viel Strom da ist, wird er günstig zum Verkauf angeboten. Da es dann häufig außer Minern keine Abnehmer gibt, macht es auch hier Sinn zu minen. Es wäre falsch, den verursachten CO2-Ausstoß hier nun Bitcoin zuzurechnen, da er ja auch ohne Bitcoin entstanden wäre. Fragt sich nur, wie oft das in der Praxis geschieht. Auf der anderen Seite werden sicher auch einige Kohlekraftwerke oder andere Energieerzeuger gezielt Bitcoin-Miner in der Berechnung miteinbeziehen und produzieren extra deswegen mehr Strom oder können sogar nur wegen ihnen am Leben gehalten werden. Was mir sonst noch einfällt, wäre freigesetzte Gas, meiner Meinung nach Methan, welches bei der Förderung von Öl freigesetzt wird. Dies wird oft an Ort und Stelle verbrannt, da ein Abtransport nicht rentabel wäre und vor Ort nichts damit anzufangen ist. Es ließe sich aber an Ort und Stelle auch Strom produzieren, der von Minern genutzt werden kann. Andere Verbraucher kommen kaum in Frage, da so abgelegen und ohne Zivilisation ja kein sonstiger Nachfrager da ist. Hier siedeln sich gerade in den USA große Mining-Farmen an. Auch hier wieder die Tatsache, dass das Gas und der verbundene Schadstoffausstoß auch ohne die Miner stattfinden würde. Er wäre sogar höher, da das Gas sonst verbrennt wird und enorm hohe Schadstoffe freisetzt. Falls man das Gas für die Stromproduktion nutzt, kann der Ausstoß um etwa 63% reduziert werden, im Vergleich zum einfachen verbrennen (Gas Flaring). In so einem Fall also win-win. Wünschenswert wäre natürlich, dass Gas gar nicht erst freigesetzt wird und kein Öl gefördert wird, aber an dem Punkt sind wir realistisch gesehen noch lange nicht. Fairerweise benötgen Miner natürlich auch viele Rohstoffe, es muss viel Erdreich bewegt werden hierfür und es entsteht Elektroschrott, woran man auch denken muss. Es ist allerdings schwer den Einfluss davon zu messen.

Energiemix Bitcoin:

Wie genau lässt sich das bemessen und in wie vielen Statistiken wird der regionale oder nationale Energiemix des Stromnetzes angegeben und anhand dessen dann darauf geschlossen, wie der Energiemix der Bitcoin-Miner vor Ort ist, wenn keine anderen Daten vorliegen? Also wenn ein Land einen Energiemix von angenommen 20% erneuerbaren Energien und 80% konventionellen Erzeugern hat, rechnet man das dann dementsprechend auch so um und kommt zur Fehlannahme, dass das dortige Mining auch nur 20% erneuerbare Energien nutzt? Aus ökonomischer Sicht gibt es - wie bereirs erwähnt und weiter unten noch mal erklärt, Grund zur Annahme, dass der Energiemix des Bitcoin Netzwerks tendenziell besser ist, als der regionale durschnittliche Mix des jeweiligen Landes.

Nun einige Annahmen von mir:

Langfristig finden sich sicher Lösungen, die überschüssige Energie besser zu speichern oder anderweitig zu nutzen, wie z.B. die Produktion von synthetischem Erdgas oder das Laden von Akkus der Elektroautos, um damit Zeiten zu überbrücken, in welchen keine Sonne scheint und kein Wind geht (bezogen auf den Weg, den Deutschland einschlagen wird). Mit mehr erneuerbaren Energien steigen natürlich trotzem die Überkapazitäten in Zeiten von viel Wind und viel Sonne an, sodass ich mir nicht vorstellen kann, dass hier immer und überall alles dafür genutzt werden kann, um die beiden oben genannten Dinge zu tun. Die vorhandene Strommenge wird zukünfitg nach Schätzungen einiger Energieexperten Phasenweise auf etwa die 200-300 prozentige eigentlich nur benötigte Menge steigen (Deutschland). Pumpspeicherwerke kommen geographisch nicht überall in Frage und die Produktion von Wasserstoff durch Elektrolyse ist sehr ineffizient und es fragt sich wenn auch, was man danach damit anstellen würde. Wenn man davon ausgeht, dass in den nächsten Jahren auch global immer mehr erneuerbare Energien im Einsatz sind, wird sich meiner Ansicht nach ein Weg finden, um dort Mining zu betreiben, wo nicht verwendbare, überschüssige grüne Energie vorhanden ist. Gerade in Regionen, in welchen es eine hohe Anzahl an Sonnenstunden gibt und häufig der Wind weht.

Die Zeiten mit Flatrate-Tarifen beim Strom werden mit einem höheren Anteil an erneuerbaren Energien wohl auch zu Ende gehen. Intelligente Lösungen müssen gefunden werden, um möglichst dann Strom zu verwenden, wenn viel davon vorhanden ist (Akkus laden, synthethische Gasproduktion etc.).

Schon jetzt ist fürs profitable Mining von Bitcoin der Strompreis extrem relevant. Da das Mooresche Gesetz gebrochen scheint, und sich die Anzahl der Transistoren  pro Fläche wohl nicht mehr alle zwei Jahre verdoppelt, wird sich die Entwicklung im IT-Sektor (Hardware) höchstwahrscheinlich verlangsamen, wovon auch Bitcoin-Miner nicht ausgenommen sind. Somit sollten Miner zukünftig länger im Betrieb sein und nicht mehr so häufig auf schnellere Geräte gewechselt werden. Das sollte den Fokus noch stärker auf die Strompreise wandern lassen, da die Profitabilität ja durch ein Hardware-Upgrade nicht mehr so leicht gesteigert werden kann. Andere Kosten wie Lagerhalle/Container, Personal, Kühlung etc. machen wohl eher einen kleinen Teil der Gesamtkosten aus. Wenn also alle Miner noch mehr darauf aus sind, günstigeren Strom zu finden als bisher, sollte der Fokus noch stärker auf überschüssige und gestrandete Energie fallen und der Druck für solche, die sich bisher nicht darum kümmern, wird noch größer. Wogegen fossile Energieerzeuger es immer schwerer haben werden. Langfristig kann aber nichts günstiger sein als erneuerbare Energien. Die Herstellkosten für Kohlestrom beispielsweise liegen meines Wissens bei etwa 0,02$/kWh. In einem Podcast mit Philip Salter (Mitarbeiter eines Mining-Konzerns) habe ich neulich gehört, dass Mining im großen Stil wohl schon jetzt nur noch bis zu Preisen von etwa 0,06$/kWh rentabel ist. Wenn man noch berücksichtigt, dass durch den Wegfall von Flatrate-Tarifen die Nachfrage noch höhere Auswirkungen auf den Strompreis hat, müssten also die Kosten an Orten mit viel Nachfrage von Industrie und Endverbrauchern schnell so hoch steigen, dass die Opportunitätskosten nicht mehr tragbar wären. Auch aktuell sind Strommärkte mit viel Industrie und Endverbraucher schon nicht lukrativ, da sie immer die teuersten Märlte sind (Stromerzeugung erfolgt eher außerhalb der Städte, längerer Transportweg, Nachfrage etc.). Immerhin gibt es kaum Unternehmen, welche so schnell ihren Standort wechseln können wie Bitcoin-Miner, die nicht auf lokale Kunde angewiesen sind und auch kaum andere Mittel an Ort und Stelle des Minings bis auf Strom brauchen. Viel Personal ist auch nicht ständig vor Ort nötig. Die steigende difficulty und geringerere Block-Subsidiy spielen auch stark mit rein, fragt sich nur, in wie weit der Preis mit geringerer Blockbelohnung zukünftig steigt. So denke ich, dass die ganze Situation es immer schwerer macht, mit anderen Minern mitzuhalten und wer nicht bemüht ist seinen Standort ggf. oft zu wechseln, wird aus dem Markt verdrängt.

Es ist ja im Miningsektor eine Besonderheit, die man vielleicht erwähnen sollte. Fast jeder hier im Forum wird das wissen, aber vielleicht gibt es ja auch neue Leser, für die das eine wichtige Erkenntnis ist: Wenn wir uns andere Wirtschaftsbranchen ansehen, dann konkurrieren die Unternehmen (vorausgesetzt es sind freie Märkte) natürlich auch untereinander und ein stärkerer Konkurrent wird, falls er sein Geschäft vergrößert, langfristig eventuell den eigenen Absatz schmälern. Sehen wir uns das aber beim Bitcoin-Mining an, dann kommt das nochmal stärker zum tragen. Hat angenommen eine Mining-Farm (nicht zu verwechseln mit Pool) einen Anteil an der Hashrate von 10% und der Konkurrent hat viel günstigere Strompreise oder bessere Miner, dann unterscheidet sich die Profitabilität in viel erheblicherem maße, als das in anderen Sektoren der Fall ist. Wenn sich also der Konkurrent dadurch schneller vergrößert, dann werden trotzdem nicht mehr Bitcoin geschürft und der bessere findet nicht einfach nur mehr Blöcke, sondern der Schwierigkeitsgrad erhöht sich durch mehr gesamte Rechenleistung für beide, was also dem "abgehängten" Konkurrenten bei gleichbleibender Rechenleistung einen geringeren prozentualen Anteil bringt und sich so auswirkt, dass sich der eigene Gewinn schmälert. In anderen Branchen würde sich natürlich auch der prozentuale Anteil an einem Markt verringern, wenn der Konkurrent sich vergrößern kann, aber der Gewinn/Umsatz könnte trotzdem unter Umständen erstmal genauso hoch bleiben, da der andere Konkurrent nicht zwangsläufig Kunden des anderen abwirbt. Also kurz gesagt: unterscheiden sich die Strompreise stark, macht der andere nicht einfach mehr Gewinn als man selbst, sondern man verdient auch sehr schnell viel weniger als zuvor, wenn man nicht bereit ist zu handeln.


Kann Bitcoin Mining erneuerbare Energien fördern?

Das ist auch ein Thema, was mich interessiert und ich aber noch keine wirkliche Meinung bilden konnte. In der Therie hört es sich gut an, dass Miner eben mit Produzenten kooperieren oder Energieerzeuger selbst eigene Miner haben, um überschüssigen Strom zu nutzen. Dadurch könnte ein monetärer Wert generiert werden, um damit dann Zeiten ohne Wind und Sonne zu überbrücken und einen Betrieb ohne staatliche Subventionen möglicherweise erst rentabel machen. Weiß jemand was hierzu? Habe auch dazu mal einen Podcast eines Mitarbeiters eines Energiekonzerns gehört, welcher erneuerbare Energien in Afrika damit fördern möchte bzw. schon damit begonnen hat. Finde ihn aber leider nicht mehr.

Wie schlimm ist nun der Stromverbrauch und wie können wir ihn bewerten?

Meiner Meinung nach ist das extrem schwer zu beurteilen und stark subjektiv. Wir leben in einer Zeit, in der wir uns immer mehr damit beschäftigen müssen, wie wir unseren Strom erzeugen und welche Verbraucher wir benötigen. Im Grunde steht und fällt also jeder Stromverbrauch mit dem verbunden Nutzen. Da jeder Nutzen subjektiv ist, sieht jemand, der keinen Nutzen in Bitcoin sieht, logischerweise auch keinen Nutzen in dessen Stromverbrauch. Für manche Dinge sehen sehr viele Menschen einen Nutzen, was den Nutzen wichtiger wirken lässt. Für manche andere eben nicht. Sollten wir also nun beginnen, Dinge zu verbieten, nur weil die Masse keinen Nutzen darin sieht? Ich denke wir wären schnell an einem Punkt, an dem früher oder später auch Dinge verboten werden, die wiederum einem Befürworter eines Bitcoin-Verbots wichtig sind. Wie soll sich das mit einer Demokratie vereinbaren lassen? Überhaupt lässt sich langfristig ein Verbot kaum umsetzen, da zwar Computer alles nötige ausführen, im Grunde aber nicht mehr als informationen verarbeitet werden, für die nicht zwingend Computer erforderlich wären, genauso wenig wie das Internet. Sie tun es lediglich am effizientesten in unserer aktuellen Welt. Einen gutes Video bzgl. einem Verbot und entstehenden Problemen hänge ich unten an.

Der Nutzen wird öffentlich viel zu wenig betrachtet und wir sprechen fast nur über die negativen Aspekte. Bitcoin wird mit Krypto generell gleichgesetzt und alles ist nur "das schnelle Geld" ohne rücksicht auf Verluste und Umwelt. Wobei man merken würde, dass es den wenigsten, die sich länger mit Bitcoin beschäftigen, darum geht. Es ist eher das Gegenteil und könnte zu einem bremsen unserer ungezügelten Konsumgesellschaft verhelfen. Man muss einfach sehr viel Zeit investieren, um Nutzen und Potenzial zu erkennen. Vor allen Dingen, Bitcoin von anderen Krypto's zu unterscheiden, was auf den ersten Blick gleich wirkt. Darauf möchte ich jetzt aber nicht eingehen, eventuell gibt es hierzu mal einen eigenen Thread. Vielleicht hilft es uns, uns auch mal andere Bereiche anzusehen. Wir haben z.B. allein in den USA einen Strombedarf durch Stand-by Geräte, der in etwa so hoch ist, wie der Strombedarf des gesamten Bitcoin Netzwerks. Ebenso verhält es sich mit der Weihnachtsbeleuchtung in den USA. Wie hoch ist also der Nutzen hiervon? Geräte werden aus Faulheit nicht ausgeschalten und die Weihnachtsbeleuchtung erfüllt einen rein kosmetischen Zweck. Ebenso gehen in etwa 50.000 TWh der weltweiten Energieproduktion jährlich aufgrund von Ineffizienz verloren. Was grob 30% entspricht. Also wie hoch ist nun der damit verbundene Schadstoffausstoß? Zur Erinnerung: Bitcoin benötigt etwa 130 TWh. Selbst wennn wir andere Daten nehmen, kommen wir aktuell auf maximal 200 TWh.

Wie ausgewogen ist also die Berichterstattung in den Medien, und in welchem Verhältnis steht die Aufmerksamkeit des Stromverbrauchs in Bezug auf Bitcoin und sonstigen anderen von mir erwähnten Dingen, wenn man es in Relation setzt? Warum fangen wir nur bei Bitcoin an, den Stromverbrauch mit dem anderer Länder zu vergleichen? Warum wird Menschen eine so große Bühne geboten, die Bitcoins Stromverbrauch auf eine Transaktion herunterbrechen, diesen mit Visa vergleichen und das auch noch als guten Vergleich sehen, um zu beweisen, wie viel effizienter Visa ist? So als ob Visa ohne massiven Stromverbrauch durch den USD, Euro, etc, die darauf bewegt werden, funktionieren würde. Bitcoin ist eben nur der Basislayer, auf dem wiederum andere 2nd Layer Technologien basieren, welche den Energiebedarf auf dem Basislayer nicht erhöhen. Es gibt noch nicht einmal eine Korrelation zwischen der Anzahl an Transaktionen und dem Strombedarf. Sobald man noch erwähnt, dass dieser Mann Ökonom ist, dann wird ihm gleich noch mehr Bedeutung beigemessen, was den Vergleich nicht weniger schlecht macht, eher im Gegenteil.

Es verhält sich bei allen neuen Technologien gleich: die Masse erkennt den Nutzen nicht, wehrt sich dagegen, Interessensgruppen, die sich von neuen Technologien bedroht fühlen, schreien nach verboten oder verbreiten Falschinformationen. Es war bei der Erfindung des Autos, der Elektrizität, Computern, Internet, Email, Online-Handel und vielen anderen Dingen genau gleich. So sagte auch Bill Gates noch 1993, dass das Internet sich nie durchsetzen wird. Und als Amazon in die Offensive ging, schrieben die Zeitungen: "Dig more coal, the PCs are coming!". Es ist einfach nicht wirklich vorstellbar, was Dezentralität ermöglicht und welches enorm wichtige Gegengewicht es gegen Konzentration von Macht in den Händen weniger darstellt, wenn die Digitalisierung weiter voranschreitet. Wir hatten schlichtweg bisher noch nichts vergleichbares.

Ich möchte hier nicht den Stromverbrauch beschönigen, es ist ein valider Kritikpunkt, aber wenn, dann sollte man objektiv Kosten/Nutzen abwägen, und dafür muss man schon mal mindestens 100h Zeit in Bitcoin investiert haben, um eine grobe Ahnung davon zu haben, was wohl kaum ein Journalist von sich behaupten kann. Dementsprechend sieht dann auch die Berichterstattung aus. Überhaupt sind Medien immer darauf aus, etwas zu veröffentlichen, was ihnen viele Aufrufe bringt. Negatives und spektakuläres ist dafür geeigneter, als etwas positives zu berichten, was die Meinung der Gesellschaft zu allen Themen stark verfälscht. Ein guter Buchtipp hierzu: Factfulness, Hans Rosling.

Nun, sollte man also zum Entschluss kommen, dass man keinen Nutzen darin sieht, ist das ja völlig in Ordnung. Auch wenn man sich gar nicht damit beschäftigen möchte, ist das völlig in Ordnung. Auffallend ist nur, dass die größten Kritiker meistens nicht mal Ansatzweise verstehen, wie Bitcoin funktioniert und welche Möglichkeiten die Technologie bietet.

Eine neue Erfindung erfordert es ja schon mal, dass man in anderen Dimensionen denkt, als die Masse es tut, um ein Problem zu lösen. Wenn die Masse darauf stößt, versucht sie es mit ihnen bekannten Dingen zu vergleichen, damit es greifbar ist und eingeordnet werden kamm. Finden sie keinen geeigneten Vergleich oder sehen nicht, welches Problem gelöst werden soll, liegt die Vermutung nahe, dass man die Erfindung für sinnlos hält. Ich würde also soweit gehen, dass eine disruptive Technologie aussschließlich dann eine solche sein kann, wenn die Masse anfangs starke Abneigung dagegen zur Sprache bringt. Insbesondere, je mehr es auf den Kopf stellen würde. Denn: erkennt die Masse das Potential von Beginn an, muss es sehr starke parallelen zu allem ihnen schon bekannten aufweisen, was die Erfindung nicht zu einer wirklichen Innovation machen würde.

Was natürlich aber damit nicht beweist, dass Bitcoin eine solche ist. Cheesy

Why Bitcoin?

Legal eingesetzte Staatstrojaner, geplante Vermögensregister, die Aussicht auf digitale Zentralbankwährungen mit wiederum sehr schlechten Aussichten auf Privatsphäre und die Kenntnis darüber, dass jede zweite menschliche Interaktion den Austausch von Geld beinhaltet, die Obergrenzen für Bargeld nach und nach reduziert werden, sollte einen dazu anregen, über die Macht, die Regierungen zukünftig zufließt, nachzudenken. Digitale Algorithmen sind schon jetzt so stark, dass es kaum vorstellbar für uns ist. Sie können unsere zukünfitgen Entscheidungen schon jetzt teilweise besser vorhersehen, als wir das SELBST! können. Die Geschichte zeigt, dass Menschen ihre Macht ausspielen, wenn sie dazu in der Lage sind. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Menschen in hohen politischen Positionen an und für sich zumeist keine bösen Absichten haben. Es ist das System und die Möglichkeiten, in welches sie gebracht werden, was sie dazu bringt, diese zu nutzen. Vielen ist das vorher vermutlich selbst nicht bewusst. Die Einschränkung von Privatsphäre hat niemals zu Verbesserungen innerhalb unserer Gesellschaft geführt. Was kann man tun, wenn man über sämtliche Zahlungsströme aller Bürger über einen Zeitraum von mehreren Jahren Einblick hat? Wie sehr schadet es der Demokratie? Inwieweit wird es auf Knopfdruck möglich, sämtliche nicht erwünschte Zahlungen zu blockieren und Demonstrationen/Proteste zu unterbinden? Wie sicher ist man sich, dass zukünftige Regierungen immer im Interesse der Bürger handeln, selbst wenn man es aktuell so sieht? Was ist, wenn Hacker an die Daten kommen? Wie könnte es unsere Gesundheitssystem und dessen Beiträge beeinflussen, wenn sämtliche Aktivitäten bekannt und in zentraler Hand sind? Inwieweit können Bürger unbewusst politisch beeinflusst werden, wenn nahezu alle Informationen bekannt sind und alle Schwachpunkte der einzelnen Bürger genutzt werden können, über die sie sich nicht einmal selbst bewusst sind? Wie können regierende politische Gegner kontrollieren und ihnen falsche Beweise unterjubeln, um sie einer nicht begangenen Straftat verantwortlich zu machen? Das ermöglicht Kontrolle in Ausmaßen, die selbst die schlimmsten Machthaber der Geschichte bisher nicht hatten. Wer das alles für unrealistisch hält, sollte sich ins Jahr 2019 zurückversetzen, und sich die Frage stellen, ob er Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen in westlichen Ländern für möglich gehalten hätte (ohne die Notwendigkeit zu Werten).

Bitcoin ist by design nicht anonym, aber es ermöglich darauf aufbauende Technologien, die die Privatsphäre auch im digitalen Zeitalter wahren können und Möglichkeiten gegen zensur bieten. Darunter fallen auch dezentrale Anwendungen, die keinen rein monetären Nutzen erfüllen. Dass wir Zentralbanken und Politiker dazu bringen, CBDCs in Deutschland und der EU doch nicht einzuführen, halte ich für unrealistisch. Dass diese kommen und es Möglichkeiten zur anonymen Zahlung gibt, halte ich für noch unrealistischer. In meinen Augen ist die weitere Digitalisierung (worunter zwangsläufig auch das Geld fällt) absolut nicht zu stoppen und es bleibt langfristig nur die Entscheidung, ob wir Macht weiter zentralisieren, oder dezentralisieren wollen, um die Menschrechte der Bürger auch im digitalen Zeitalter zu wahren und ihnen eine Stimme zu geben. Also, was bleibt außer Bitcoin? Ob es als Währung taugt oder nicht, wird man sehen müssen. Es gibt gute Argumente für die Notwendigkeit von inflationären Währungen, aber auch für deflationäre. Also egal wie es kommt, es schafft zumindest eine Alternative, und wenn es nur der Wertspeicher ist. So sehr ich auch darüber nachdenke, eine andere kann ich nicht erkennen. Die Bürger sollten frei darüber entscheiden, was sie in welchem Umfang nutzen möchten. Bitcoin kann unmöglich all das lösen, aber zumindest ist es ein Gegenpol. Natürlich stellen hier auch große Unternehmen wie Google, Amazon etc. eine Gefahr dar. Es soll auch keine Hetze gegen unseren Staat sein, sondern einfach nur Gefahren aufzeigen.

Heutzutage erreicht man eine Abneigung in der Gesellschaft am leichtesten, wenn man nur oft genug die Worte Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Klimakiller erwähnt. Nicht dass diese Dinge nicht schlecht wären, aber sie stehen in keinem Verhältnis zu den Handlungen, die umgesetzt werden oder geplant sind, und damit die Privatsphäre immer weiter untergraben. Dazu dann noch die Problematik, dass viele Bürger die Einstellung haben, dass sie nicht kriminell sind und deshalb die Einschränkung der Privatsphäre nicht schlimm ist.

Zum Ende noch ein paar Buchempfehlungen, die zu den erwähnten Themen passen und zum nachdenken anregen:
- Permanent Record, Edward Snowden
- 1984 und Farm der Tiere, George Orwell
- Schöne neue Welt, Aldous Huxley
- The Circle, Dave Eggers (Ähnlich dystopisch wie Orwell und Huxley, allerdings mit direktem Bezug auf die Digitalität)
- Factfulness, Hans Rosling (Falschannahmen und verzerrte Vorstellungen in der Gesellschaft durch die Manipulation durch Medien)
- Psychologie der Massen, Gustave Le Bonn
- Homo Deus, Yuval Noah Harari (Insbesondere eine seiner letzten Fragen: Was passiert mit unserer Politik, unserer Gesellschaft und unserem zwischenmenschlichen Zusammenleben, wenn unbewusste, aber digitale Algorithmen mehr über uns wissen, als wir selbst?)
- Der Luzifer Effekt, Philip Zimbardo
(Stanford Prison Experiment, Abu Ghraib Gefangenenlager Irak. Sehr detaillierte Ausfühungen eines Psychologen, wie Menschen durch geschaffene Systeme böse Dinge tun. Es handelte sich beim überwiegenden Teil der Probanden am SPE um Studenten, die alle vor dem Experiment nicht polizelich bekannt waren. Ebenfalls konnte im früheren Leben der Soldaten (Gefängniswärter) im Abu Ghraib Gefangnis nicht darauf geschlossen werden, dass sie böse Absichten hatten. Man kann hier durchaus paralleln ziehen, wie sich das mit CBDs und Staatstrojanern verhalten könnte).


Hier noch ein paar wirklich sehr gute Podcasts/Videos zum Thema, wie ich finde:

- Bitcoin Verstehen mit Stefan (Honigdachs-Podcast) zu Gast: https://open.spotify.com/episode/5CDSKbcV4ddlLoAbjppKct?si=42aca6f127fa49dc
- Bitcoin Verstehen mit Philip Salter (CTO Genesis Digital Assets) https://open.spotify.com/episode/2bot4uqjz9LDxnYWPs1c5S?si=fb5f5f5009254a12
- Finanzfluss: Zu Gast René Pickhardt (Bitcoin Lightning Entwickler) https://www.youtube.com/watch?v=nGum6B1rC78

Sonstige interessante links zum Thema:
https://www.cnbc.com/2022/02/03/winter-storm-descends-on-texas-bitcoin-miners-shut-off-to-protect-ercot.html

https://www.heise.de/news/ModifiedElephant-Digitale-Ueberwachung-und-gefaelschte-Beweise-aus-einer-Hand-6510349.html

Die Konsequenzen eines Bitcoin-Verbots:

https://youtu.be/AIkICEUrVwU

Das ist nun erstmal genug, ich werde den Beitrag ggf. später noch ergänzen. Über einen regen Austausch würde ich mich freuen. Gerne natürlich auch, wenn mir jemand aufzeigt, welche Annahmen von mir falsch sind oder was man noch ergänzen könnte. Ich selbst bin nicht im Mining-Bereich tätig, genauso wenig im Energiesektor. In meinem privaten Umfeld setzt sich leider niemand intensiver mit Bitcoin auseinander, sodass hier schlecht jemand Kritik äußern kann zu meinen Annahmen.
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