Nach dem Kelly-Kriterium wäre eine Bitcoin-Allokation von 80% wahrscheinlich besser als 66%.
Intuitiv erscheint eine Bitcoin-Allokation von 80% hoch. Deshalb möchte ich die optimale Bitcoin-Allokation noch einmal mit der hedonistischen Optimierung berechnen.
Das modifizierte Lindy-Kriterium gibt heute folgende Überlebenswahrscheinlichkeit von Bitcoin an
Ausgehend von einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 100% heute sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit von Bitcoin bis Ende 2040 auf 34%. Das Lindy-Kriterium geht von einer (durchschnittlichen) Restlebensdauer aus, die der aktuellen Lebensdauer entspricht. Bitcoin lebt bereits 5634 Tage. Bis Ende 2040 sind es noch 6052 Tage. Das modifizierte Lindy-Kriterium ergibt somit eine Überlebenswahrscheinlichkeit von e^(-6052/5634) = 34%.
Was bedeutet 34% Ende 2040? Mit einer Wahrscheinlichkeit von 34% erwarte ich einen Bitcoin-Preis in Höhe des Modells. Mit 66% Wahrscheinlichkeit erwarte ich einen Bitcoin-Preis von 0. Mit 34% Wahrscheinlichkeit erwarte ich, dass unser Preismodell bis 2040 hält (1 Bitcoin = 5 Mio. EUR bzw. 1,6 Mio. EUR nach Inflation). Das ist wahrscheinlich sehr optimistisch.
in der Grafik ist der Bitcoinpreis vor Inflation dargestellt
66% Wahrscheinlichkeit für einen Bitcoin-Preis von 0 ist wahrscheinlich zu streng. Zudem sind auch Szenarien möglich, in denen sich Bitcoin schwächer als das Preismodell, aber immer noch positiv entwickelt. Insgesamt halte ich die Annahmen für moderat konservativ, da das tatsächliche Risiko eines Scheiterns von Bitcoin mit 66% bis 2040 schon recht hoch ist. Die überoptimistische Annahme eines Preises von 5 Mio. EUR pro Bitcoin im Jahr 2040 ist zwar sehr optimistisch, aber nicht so problematisch. Sollte der Bitcoin den Preistrend allmählich verlassen, kann das Bitcoin-Exposure in einigen Jahren immer noch niedriger gewichtet werden.
Für den erwarteten Bitcoin-Preis extrapolieren wir den aktuellen Preis abzüglich 7% erwarteter M2-Inflation. Die Nahrungsmittelpreisinflation ist niedriger als M2, aber die Immobilienpreisinflation liegt in der Nähe von M2. Daher ist der Abzug von 7% ebenfalls konservativ.
Meine Nutzenfunktion ist unverändert.
Mehr Geld bringt mehr Nutzen, aber je mehr Geld man hat, desto weniger Nutzen bringt zusätzliches Geld. Ein Haus für mich, Ersparnisse als Sicherheit bei Arbeitsplatzverlust, Häuser für die Kinder, Häuser für andere Menschen, eventuell ein Stück Ackerland sind Dinge, die ich kaufen würde, wenn ich unbegrenzt Geld hätte. Die EUR-Achse habe ich ausgegraut.
Szenariorechnung erklärt
Ich habe mein Bitcoinvermögen (z.B. 9€) und mein Rest-Vermögen (z.B. 10€), der Bitcoinanteil liegt bei 9€/19€<50%. Bei einer Zielquote von z.B. 50% verkaufe ich deswegen noch keine Bitcoin. Im folgenden Jahr steigt mein Bitcoin-Vermögen durch einen Preisanstieg auf 12€. Deshalb verkaufe ich 1€ Bitcoin und kaufe dafür Gold. Mein Bitcoin-Vermögen beträgt dann 11€ (9€ + 3€ Preisanstieg - 1€ Verkauf) und mein Gold 11€ (11€ + 1€ Bitcoin-Verkauf). Mein Bitcoinanteil liegt nach der Umschichtung wieder bei 50% (11€/22€). Nach dieser Methode rechne ich mit meinem tatsächlichen Vermögen alles bis 2040 durch. Nach einiger Zeit steigt mein Bitcoin-Vermögen durch Preissteigerungen über die Zielquote und ich verkaufe jeden Monat Bitcoin gegen EUR. Wenn Bitcoin scheitert, sinkt mein Bitcoinvermögen auf 0€ und ich behalte nur mein Restvermögen, das sich aus dem Anfangsvermögen und allen Bitcoinverkäufen bis zu diesem Zeitpunkt zusammensetzt.
Je höher die Bitcoin-Zielquote, desto später fange ich an, Bitcoins zu verkaufen. Dadurch generiere ich mehr Vermögen, wenn Bitcoin lange überlebt und weniger Vermögen, wenn Bitcoin schnell scheitert. Die folgende Grafik zeigt die Vorteile für Bitcoin-Zielquoten von 25%, 50%, 66% und 80%.
Vermögensausblick für verschiedene Bitcoin-Allokatoinen
ⓐ Bei einer Bitcoin-Zielallkoaton von 25% werde ich mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90% einen Nutzen von 13.8 haben. D.h. ich kann voraussichtlich die Hälfte meiner Kinder bis 2050 mit Eigenkapital beim Hauskauf unterstützen. Wenn Bitcoin allerdings überlebt und gem. Trend ansteigt, werde ich nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% allen meinen Kindern Eigenkapital für den Hauskauf (Nutzen von 16.2) zu Verfügung stellen können.
ⓑ Bei einer Bitcoin-Zielallokation von 50% kann ich die erste Hälfte meiner Kinder nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 85% unterstützen. Dafür erhält die zweite Hälfte meiner Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von 55% Eigenkapital für ihr Haus. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 35% kann ich mich sogar entschulden. ➤ Eine Allokation von 50% Allokation hört sich insgesamt besser an 25%.
ⓒ Bei einer Zielallokation von 66% kann ich die erste Hälfte meiner Kinder nur mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp 80% unterstützen. Die zweite Hälfte meiner Kinder bleibt unverändert bei 55% Wahrscheinlichkeit, Eigenkapital für ihr Eigenheim zu erhalten. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 40% kann ich mich sogar entschulden.
ⓓ Bei einer Zielallokation von 80% kann ich die erste Hälfte meiner Kinder nur mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 65% unterstützen. Die zweite Hälfte meiner Kinder kann ich mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp 50% mit Eigenkapital für ihr Wohneigentum unterstützen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 40% kann ich mich sogar entschulden. Dafür habe ich mit einer Wahrscheinlichkeit von 35% viel Geld an Fremde zu verteilen. ➤ Variante d hört sich gefühlt schlechter an als Variante c.
➤ Je mehr ich von meinem Vermögen in Bitcoin investiere, desto mehr gefährde ich meine Kernfamilie. Wir (Papa+Mama+Kinder) behalten unser Haus, aber wenn Bitcoin bald scheitert, werden meine Kinder einen schwierigeren Start ins Leben haben. Als Kompensation habe ich bei einer hohen Bitcoin-Allokation mit geringer Wahrscheinlichkeit so viel Vermögen, dass ich innerhalb meiner Familie keine Verwendung dafür habe. Es wird also vollständig an Dritte gehen.
Mehr Bitcoin = mehr Risiko für meine Kinder aber mehr Nutzen für Fremde
ⓐ Wenn ich sehr risikoavers bin, wähle ich den Punkt bei 95%.Das bedeutet, ich bin nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 5% bereit, finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen. In diesem Fall würde ich nur 25% meines Vermögens in Bitcoin stecken.
ⓑ Wenn ich weniger risikoavers bin, wähle ich den Punkt bei 90%. Hier würde die Allokation 32% betragen.
ⓒ Wer nach dem Median-Leben steuert, d.h. die Hälfte seiner Zukunftsszenarien wäre besser und die Hälfte schlechter, der würde ca. 45% in Bitcoin allokieren.
ⓓ Wenn ich nach dem Durchschnitt steuere, dann würde ich 75% in Bitcoin allokieren. Hier missfällt mir, dass meine Kinder hier mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit leer ausgehen. Der hohe Erwartungswert kommt durch das Minderheitsszenario zu Stande, in dem ich sehr viel Geld an viele fremde Menschen zu verteilen hätte. Bei meiner Nutzenfunktion habe ich für die Verteilung von Vermögen an Fremde einen linearen Verlauf unterstellt, während ich für mich selbst einen abnehmenden Grenznutzen unterstellt habe. Ggf. muss ich meine Nutzenfunktion für meine Spendentätigkeit nochmal schärfen.
➤ In den nächsten Jahren ein Bitcoin-Risiko einzugehen ist alternativlos. Ich riskiere das Eigenkapital fürs Haus meiner ersten Hälfte der Kinder. Und wenn die Wette aufgeht, dann gewinne ich das Eigenkapital für das Haus der zweiten Hälfte meiner Kinder plus einen Puffer für den Fall, dass ich meinen Job verliere, und kann eventuell noch viel an Fremde verschenken.
➤ Wenn ich genügend Vermögen habe, um die finanziellen Bedürfnisse der Familie zu decken, könnte ich meine Allokation wieder senken. Zum Beispiel könnte ich jetzt eine höhere Allokation von 75% haben und nach ein paar Jahren könnte ich die Allokation auf 40%-50% reduzieren. Wenn Bitcoin weiterhin sehr stark steigt, verliere ich zwar einen Teil meiner Spendenkapazität, aber ich verliere nicht die Absicherung bei Arbeitsplatzverlust oder die Unterstützung für das Haus meiner Kinder.
Fazit: Eine durchgängige Bitcoin-Allokation von 75% ist auf Familienebene nicht mehr sinnvoll. Gesamtgesellschaftlich könnte sie sinnvoll sein, weil die zusätzlichen Spenden, die ich machen kann, im Erwartungswert mehr Nutzen stiften könnten als der Verlust auf der Ebene meiner eigenen Familie. Neben der Annahme des Nutzens von Spenden haben wir Annahmen über eine starke Wertentwicklung von Bitcoin über einen langen Zeithorizont, weshalb ich aufgrund der Unsicherheit über meine Annahmen eine dauerhafte Allokation von 75% hedonisch nicht sicher genug rechtfertigen kann. Eine anfängliche Bitcoin-Allokation von 75% mit einer Reduktion der Allokation auf 40-50% nach einigen Jahren wäre für mich jedoch effizienter als eine kontinuierliche Allokation von 66%.