ich interessiere mich schon länger für das Thema der Bitcoin ATMs.[...]
1. Welche Rechtsform / Gesellschaft wird benötigt, um solch einen Automaten zu betreiben?
2. Wie sieht es mit KYC aus? Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in Deutschland einfach BTC gegen Bargeld verkaufen kann ohne KYC.
3. Wie läuft das technisch im Hintergrund ab? Kauft der Anbieter die Bitcoins realtime, oder von seiner persönlichen Wallet? Wenn nicht realtime gekauft wird besteht ein Volatilitätsrisiko.
4. Welche Automaten werden konkret verwendet, und was kostet ein Automat ca.?
5. Woher bekommt man die Location zum Installieren? Mir würden bei mir in der Gegend mehrere Orte einfallen, an denen ich großes Potential sehe - allerdings wüsste ich nicht, wie ich dort einen Automatenstellplatz bekomme
6. Gibt es hier jemanden, der solch einen Automaten betreibt und etwas zur Rentabilität sagen kann? Bei einem ROI von mehr als 3 Jahren wäre mir das zu riskant.
1. eine bestimmte, vorgeschriebene Rechtsform gibt es nicht.
2. das ist der schwierigste Punkt, deshalb hierzu genaueres unten.
3. Kommt drauf an, wie der Automat eingestellt ist. Für gewöhnlich kaufen ATMs selbst nicht, sondern steuern lediglich eine voraufgeladene Wallet. Um den "Lagerbestand" muss sich dann der Betreiber kümmern.
4. Kommt auf den Hersteller an, es gibt zahlreiche, allerdings haben nach dem, was ich so höre, eigentlich alle ihre Macken. So richtig "ausgereift" scheint mir bis heute kein ATM zu sein.
5. Wenn du selbst über keine Location verfügst, ist es schwierig. Standortmieten für "normale" ATMs für Bargeld variieren stark. Da du für gewöhnlich einen gut überwachten Standort suchen wirst (damit dir der Automat nicht nachts aufgebrochen wird), kannst du mit sicherlich mindestens 200 EUR im Monat rechnen, hinzu kommen Kosten für den Internetanschluss. Je nach Besucherfrequenz kann dieser Preis auch um ein Vielfaches überschritten werden, in der Abflughalle eines Flughafens dürftest du da vermutlich mindestens eine Null dranhängen müssen.
6. Rentabilität ist auch etwas schwieriger, deshalb auch dazu genaueres unten.
Am besten wäre natürlich ein Anbieter, der alles komplett einrichtet, so dass man das Gerät nur noch überwachen und warten muss.
Solche Anbieter gibt es, ein Beispiel wäre
http://www.freefall.io/die auch die Aktion
bitte1bitcoin.de technisch betreuen.
Das soll ausdrücklich keine Werbung für diesen spezifischen Anbieter sein, sondern nur ein erster Anlaufpunkt.
Aber mal generell - denkt ihr, so ein Automat ist rentabel?
Gehen wir mal von 4.000€ initialer Investition und 200€ monatlicher "Standmiete" aus. Ich finde 3% Marge fair und realistisch - die bestehenden Geräte haben sogar 4,5% Aufschlag, wobei ich das nicht attraktiv finde.
Da müsste man alleine ~135.000€ Umsatz machen, nur um den Automaten alleine zu Amortisieren. Ohne Standmiete, ohne Steuerberater und Rechtsanwaltskosten.
Automatenaufsteller haben teilweise erheblich höhere Umsätze.
Hinzu kommen auch "ungeahnte Einnahmen", so habe ich gerade von einem internationalen Automatenbetreiber erfahren, dass er erhebliche Zahlungen von irgendwelchen Shitcoins bekommt, dafür, dass ihre Coins auf seinen Automaten gelistet werden. Der Vorteil hierbei: das sind "fixe" Einnahmen, die nicht so sehr vom "Hype" in den Medien abhängen, und schonmal eine gewisse Grundfinanzierung sichern.
Die Kosten allerdings unterschätzt du vermutlich erheblich.
Einer der größten Kostenfaktoren ist i.d.R. die Versorgung und "Entsorgung" von Bargeld.
Automaten mit "Recycler", die also Scheine einnehmen können, und diese dann auch wieder ausspucken, sind selten und teuer.
Teilweise sind diese auch nicht zulässig, nicht so sehr von Gesetzes wegen, als vielmehr aus versicherungstechnischen Gründen.
Deshalb werden ein oder zwei (bei Two-Way-ATMs) separate Geldkassetten verbaut, die in geschlossenem Zustand von einem hierfür zugelassenen Geldtransportunternehmen regelmäßig ausgetauscht werden (bei ATMs teils täglich).
Dies hat auch den Hintergrund, dass es eine schwere Straftat darstellt, Falschgeld in Umlauf zu bringen, wenn also dein Automat eine Blüte als "echt" erkennt, und die dann später an einen neuen Kunden auszahlt, wird der Betreiber zum Inverkehrbringer.
Aktuell keine, allerdings haben die aktuellen Aufsteller schon Briefstücke von derBafin erhalten.
Das ist nach meinem Kenntnisstand ein Gerücht, von dem ich nicht so recht weiß, wer es in Umlauf gebracht hat.
Zumindest die im Rahmen der Aktion bitte1bitcoin aufgestellten ATMs (bzw. deren Betreiber), haben bis dato noch keine Post von der BaFIN erhalten.
Das kann ich u.a. deshalb mit hoher Gewissheit sagen, weil ich als Ansprechpartner für den Fall der Fälle zur Verfügung stehe.
Mir würde es auch eher um den Spaß am "Unternehmertum" gehen.
Wie bereits erwähnt, hatte ich vor ein paar Tagen ein Gespräch mit einem "großen" Aufsteller, und er schien mir wenig "Spaß" an der Sache zu haben.
Vielmehr hat er mir erzählt, dass er das mehr aus einer Bierlaune angefangen hat, und sich im Nachhinein die Frage stellt, ob der Stress der letzten Jahre es wert war.
Jedenfalls hat es sich allerdings finanziell für ihn gelohnt.
Das Problem, das ich aktuell sehe ist es einen Standort zu finden.
Im Idealfall solltest du selbst über einen Standort verfügen, z.B. eine Kneipe o.ä., ansonsten halte ich das für weitestgehend aussichtslos, es sei denn, du willst gleich "richtig groß einsteigen".
Das alles bringt aber auch nichts, wenn die Bafin sich mal wieder als schlechter Verlierer outet und irgendwelche Strafzahlungen oder verrückte Regelungen einführt, nach denen der Umsatz voll einkommensteuerpflichtig ist oder so.
1. interessiert sich die BaFIN nicht für Steuern, dafür ist sie nicht zuständig.
2. hat es nichts damit zu tun, ob sie ein "schlechter Verlierer" ist, sondern ob sie sich vom Gesetzgeber verpflichtet fühlt.
Die Mitarbeiter der BaFIN sind auch nur Menschen, die haben keine "Lust", anderen das Leben schwer zu machen, die wollen auch nur Feierabend.
Zu guter Letzt jetzt ein kleiner Ausflug in die regulatorischen Hürden, die es zu überwinden gilt, und hierfür ist tatsächlich die Auffassung der BaFIN zumindest zu beachten.
Es gibt derzeit in Deutschland grob gesagt zwei Rechtsauffassungen zum Thema Bitcoin-ATM:
1. die Auffassung des Bundesverbands Bitcoin und der meisten Krypto-Anwälte:
- Bitcoins fallen nicht unter das KWG
- damit gibt es keine Erlaubnispflicht für den Verkauf
- damit ist das Aufstellen eines Bitcoin-ATM in etwa so zu beurteilen wie das Aufstellen eines Kaugummi-Automaten
- dennoch gelten gewisse Grenzen bei Bargeldgeschäften (10.000 EUR), ab denen KYC gilt
- daher gilt es als "best practice", ATMs an "beaufsichtigen" Orten wie Kneipen o.ä. aufzustellen
2. die Auffassung der BaFIN seit 2013
- Bitcoins fallen als sog. "Rechnungseinheiten" unter das KWG
- damit gibt es eine Erlaubnispflicht
- diese Erlaubnis wird regelmäßig nur Banken und ähnlichen erteilt
Die Schwierigkeit liegt nun ein wenig darin, sich zu entscheiden, wer denn nun Recht hat, die BaFIN oder der Bundesverband Bitcoin
Das Kammergericht Berlin jedenfalls hat der Auffassung der BaFIN in einem Urteil vom 25.09.2018 (Az 161 Ss 28/18) eine klare Abfuhr erteilt, und in gewisser Weise die BaFIN direkt dafür kritisiert, dass es ihr nicht zustehe, sich eigenmächtig zum Gesetzgeber zu machen.
Das Problem dabei ist, dass dieses ein Urteil in einer Strafsache war.
Ein Verwaltungsgericht
könnte das auch anders sehen, was auch von einigen Juristen erwartet wird.
Ein entsprechendes Verfahren ist allerdings (nach meinem Kenntnisstand) derzeit an keinem Gericht in Deutschland anhängig, insofern wird man abwarten müssen, ob, bzw. wann wir in dieser Angelegenheit einmal Klärung erhalten.
Bis dahin muss sich der Betreiber eines ATM immer klar machen, dass er entgegen der vorläufig rechtsverbindlichen Einstufung der BaFIN handelt, allerdings mit der guten Begründung, dass dieser von einem Oberlandesgericht (das Kammergericht Berlin ist faktisch ein solches) widersprochen wurde.
Man geht als Betreiber also durchaus ein nicht unerhebliches Risiko ein, eventuell mit "Strafen" rechnen zu müssen, bzw. genauer gesagt mit Zwangsgeldern.
Natürlich kann man sich gegen diese dann vor einem Verwaltungsgericht wehren, allerdings mit ungewissem Ausgang.
Als reiner Geschäftsmann, der einfach nur Geld verdienen will, wird man kaum bereit sein, dieses Risiko einzugehen, womit die fragwürdige Haltung der BaFIN faktisch zu einem Betriebshindernis für ATMs in Deutschland wird.
Standort Deutschland - wir sagen
"Nein zum Neuland!"