Das Thema hatte ich mit @1miau ja auch schon ein paar mal, ist nicht ganz trivial....
In meinen Augen kommt es darauf an ob die Leitwährung im eigenen Kopf BTC oder EUR (bzw. Fiat allgemein) ist.
Ist man BTC maximalist und bezahlt den alltag ggf. auch schon in crypto, dann ist die sache noch vergleichsweise einfach. Man kann dann ja einfach die Profitabilität einer Strategie in BTC messen, sprich daran ob es ihr gelingt die BTC zu vermehren. Im grunde sind damit dann auch alle Opportunitätskosten berücksichtigt. Wenn für einen nur die BTC zählen wäre es dann streng genommen auch egal ob der BTC Kurs bei 20k oder 200k steht.
Bissl anders sieht es natürlich bei Fiat aus. Grundsätzlich hast du da natürlich recht, dass man selbst bei +100% die Opportunitätskosten berücksichtigen muss, wenn BTC noch bis +500% steigt....
Andererseits darf man hier aber auch nicht den Fehler machen und das ATH im Nachhinein als Referenz für die Opportunitätskosten nehmen, sondern müsste einen Wert ermitteln zu dem man unter Berücksichtigung der unwissenheit über die zukünftige Preisentwicklung realistisch hätte verkaufen können....
Und an genau der Stelle wird es kompliziert, weil man natürlich nicht mit Absicht zu günstig verkauft, sondern weil man es nicht besser kann/weiß. Das heißt der realistisch erzielbare durchschnittliche Verkaufspreis hängt auch von den individuellen Fähigkeiten ab.
Wenn man sich jetzt aber nach bestem Wissen und Können eine verkaufsstrategie überlegt und die auch umsetzt und der Preis sich nach Verkauf trotzdem nochmal verdoppelt, dann ist halt die Frage ob man das noch als Opportunitätskosten zählen kann? Weil offensichtlich hatte man ja nicht die Fähigkeiten dieses Potential auch noch auszunutzen. Ich denke daher eher, dass man damit schon das Gesamtbild verzerren würde (quasi eine Art overfitting der Benchmark strategie).
In meinen Augen taugt Hodl deshalb auch nur begrenzt als Benchmark, weil man beim Ein-/Ausstieg genau dieses Problem hat und es im grunde nur dadurch reduziert, dass man den anlagezeitraum sehr groß wählt. Man erhält dann eben immernoch einen großen Zeitraum indem man "vereinfacht" die Profitabilität in BTC messen kann....
Also weiß nicht wie ihr das seht aber so ein 100% sinnvollen Benchmark hab ich noch nicht gefunden... aber vielleicht habt ihr da ja eine gute idee...
Naja es ist schon klar, dass wir diese Diskussion bis ans Ende unseres Lebens führen könnten, weil man immer wieder irgendeinen Faktor einbringen könnte zu Gunsten einer bestimmten Argumentationsweise. Logischerweise ist das so bei Entscheidungen bei Unsicherheit
Ich wollte jetzt auch gar keine finale Wertung vornehmen, was ich von Deinem Ansatz jetzt ganz exakt halte. Im Gegenteil, ich denke, dass der eine oder andere Trader gut Geld/Bitcoin gemacht hat und jetzt vom Trading überzeugt ist. Deshalb kommt es wieder mal auf den Mix an, würde ich sagen. Eine Annahme muss ja nicht sein, dass man mit 100% seiner Bitcoin auch traded. Man könnte ja ganz grob 50% zum Traden nehmen und 50% zum Hodln.
Klar hast Du Recht, dass auch Hodln mit Opportunitätskosten kommt, der Trick liegt aber nicht darin, die Opportunitätskosten 100% exakt zu bestimmen, denn das geht gar nicht. Aber man sollte schon versuchen, da eine gewisse Objektivität zu entwickeln, auch wenn es schwer fällt.
Klassisches Beispiel hier nochmal: Ich habe sowohl die frühen Jahre um 2013/14 und dann all die irren Pumps mitgemacht mit den bescheuertsten Coins, die man sich überhaupt vorstellen kann. Die Preise, die da teilweise entstanden sind für den letzten Müll, müssten einen ja zu der Annahme führen, dass Bitcoin hodln nicht optimal ist. Da gab es Shitcoins, die waren hirntot auf Coinmarketcap und mit einmal gingen die 100x. Das würde mich jetzt niemals zu der Annahme bringen, dass das der richtige Weg ist, da die Bitcoins reinzustecken. Wenn man jetzt mal big time abgeräumt hat mit so nem Gücksding, dann kann sich die Wahrnehmung da auch schnell verschieben. Das ist übrigens auch typisch für Trader. Die glauben dann oft am dritten Tag, dass sie die goldene Formel gefunden haben und glaub mir, da gab es einige, die "catching the fallen knife" gespielt haben, weil sie niemals mehr erwartet hätten, dass Bitcoin nochmal auf um die 3,000 fällt von ca 20,000. Bei fallenden Kursen wäre also DCA oder €CA besser gewesen, weil sie sich auf dem Weg nach unten sonst auch noch Potenziale regelrecht weggetraded haben.
Für mich ist aber ein Vorteil des regelmäßigeren Tradens, dass man einen guten Anreiz hat (sofern man es denn ernst nimmt), sich wirklich mit der aktuellen Nachrichtenlage konstant auseinanderzusetzen. Aber dennoch bin ich der Meinung, dass im Grunde jeder Bitcoin als eine Art Upside-Asset sieht, als etwas, das hochgehen wird langfristig. Dad wiederum ist im viel betriebenen Devisenhandel anders. Da nutzt man wirklich kleine Fenster, um dann möglicherweise mit nem Hebel Gewinne zu erzielen. Bei Bitcoin fragt man sich eher, wann es zum nächsten Ausbruch kommt. Der Trader verkauft dann beim Upper Bound und wartet darauf, dass Bitcoin wieder fällt, um dann die Trading-Strategie fortzusetzen. Den Zug würde er dann aber verpassen und das kann schmerzhaft sein, wenn man über Wochen vorm Bildschirm sitzt und sieht, dass eine Kerze nach der anderen kommt. Das kann bei Devisen eher nicht passieren. Der Dollar geht nicht auf 10x Euro. Aber der Bitcoin kann auf 10x Bitcoin gehen und genau aus diesem Grund sind die Opportunitätskosten um ein vielfaches höher, wenn man einen signifikanten Teil des Portfolios fürs Daytrading nimmt. Es sei denn, man gehört zu den ganz großen Fischen, bei denen dann 2% oder 3% Gewinn die nächste Villa in Hollywood bedeuten.
Edit: ach und das mit dem "einer bewertet alles in Bitcoin und der andere in Euro", da bin ich nicht so ein Freund von. Ich bin da eher realitätsgebunden und frage mich, was ich denn nun für meinen Bitcoin bekomme. Kein Mensch der Welt würde eine Fiat-Bewertung umgehen, wenn das generell zu mehr Kaufkraft führt. Ich glaube also, dass auch die Bitcoin-Maximalisten vorrangig die Kaufkraft bewerten. Gleichzeitig können sie ihrem Tun aber einen Wert beimessen, wenn es dazu beiträgt Bitcoin weiter zu verbreiten, bekannt zu machen oder generell zu befürworten. Kommt auch darauf an, was sich jemand wie leisten kann. Manche sammeln Pokemonkarten, die nie wirklich was wert werden, aber dann ist das für mich Liebhaberei. Ein finanzorientierter Mensch führt da schon eine sachliche Rechnung im Kopf durch.
Es gibt Leute, die betreiben Mining zum Spaß, obwohl sie für das ins Mining investierte Geld auf direktem Weg mehr Coins kaufen könnten. Das ist auch völlig in Ordnung, wenn jemand Spaß daran hat, aber das hat ja nichts mit sachlicher finanzorientierter Analyse zu tun.