Wenn der Staat (in Abstimmung mit der too-big-too-fail Industrie) die CBDC Infrastruktur einführt und starke finanzielle Anreize schafft für Geschäfte im Bereich der Transaktionskosten, wenn sie CBDC akzeptieren, dann würden wir einen Dominoeffekt erleben, dass ein Geschäft nach dem anderen wegen vorteilhafter Margen und Preiskampf mit der Konkurrenz nur noch CBDC annimmt.
Danke für den ausführlichen Beitrag
Ja, ein "schleichendes" Szenario habe ich mir auch schon überlegt, bei dem Bargeld graduell durch CDBCs ersetzt wird. Ich denke aber, das es doch recht unwahrscheinlich ist, dass eine komplette Bargeldabschaffung über diese Ecke käme.
Der Anreizmechanismus klingt erstmal plausibel, aber sind die Transaktionskosten wirklich so hoch? Bargeld verursacht natürlich Kosten (Aufbewahrung, Transport). Es gibt aber schon heute kostenlose Konkurrenz fürs Bargeld, etwa inländische Überweisungen. Klar, eine Zahlung per CDBC wird sicher für den Kunden weniger umständlich sein, sondern eher so einfach wie heute die Kreditkarte/Apple Pay, also eine Leistung, die in der Regel dem Merchant ~3-6% des Betrages kostet. Es wäre sicher attraktiv und würde auch denke ich rege genutzt werden.
Aber dass es die anderen Möglichkeiten komplett kannibalisiert, kann ich mir nicht vorstellen. Gerade die Banken werden sicher gerne lieber selbst die Kontrolle behalten und dann eben eigene kostenlose Lösungen anbieten, oder eine SEPA-Überweisung geht dann eben auch per QR-Code (da wären dann das Kreditkartengeschäft eher betroffen).
Insgesamt denke ich daher nicht dass sich allein durch die CBDC das Zahlungssystem komplett ändert. Es wird eine starke zusätzliche Option sein. Aber gerade wenn angedacht ist, dass der Besitz gedeckelt wird, werden weiterhin die Bank-Lösungen eine Rolle spielen.
Bargeld wird ja heute eigentlich kaum noch aus Bequemlichkeit genutzt, sondern weil man eben etwas Privatsphäre behalten will. Ich denke die "Kundengruppe", die Bargeld schätzt, wird nicht so schnell auf CDBC umsteigen und wird signifikant bleiben. Sie könnte eher schleichend zu Privacy-Coins übergehen (s.u.).
Und hier könnte ein einziges Gesetz ins Spiel kommen: der Gewerbebereich wird verpflichtet, Bargeldeinnahmen abzugeben und als CBDC Bestände fortzuführen.
Selbst wenn sowas kommen würde, würde das wenig ausmachen. Schon lange werden ja Bargeldeinnahmen im Gewerbe oft in Konten eingezahlt. Das würde wohl so bleiben, bzw. teilweise auf CDBC umgestellt werden. Aber wenn meine Kundschaft auf Bargeld besteht, werde ich diese Zahlungsoption als Händler nicht einfach so einstellen. Ich glaube auch nicht, dass dies bei den Transaktionskosten wesentliche Unterschiede zum heutigen System brächte.
[..]die Banken werden da sicherlich von profitieren.
Ich glaube, die Banken würden nur dann profitieren, wenn tatsächlich nur ein relativ kleiner Teil der Geschäfte über CBDC abgewickelt wird - also sich so wenig wie möglich ändert. Direkt von der CBDC profitieren sie ja erstmal nicht, sie verlieren eher Kontrolle an den Staat.
Klar, die Banken sollen die CBDC-Konten nach dem ersten Entwurf des "digitalen Euros" administrieren, aber wenn Teile des "Buchgeld"-Marktes von der Zentralbank übernommen würde, dann sehe ich den Nutzen für die Banken bestenfalls als neutral an (d.h. Bargeld würde zu einem größeren Teil zu CBDC, Buchgeld bleibt Buchgeld).
Wenn du natürlich die Angst der Banken vor Kryptowährungen mit reinfließen lässt, dann ergibt das vielleicht Sinn. Man gäbe also die Kontrolle über potenziell größere Teile des Privatkundenmarktes an eine staatliche Institution ab, um sie nicht einem potenziell noch feindseligeren "Konkurrenten" (Kryptos) zu überlassen. Vielleicht ist der Markt "Privatkunden bis untere Mittelschicht", der potenzielle Kernmarkt von CBDCs also, auch gar nicht so profitabel für sie. Dennoch könnten sie befürchten, dass sich wirtschaftliche Kreisläufe bilden, die sie ganz außen vor lassen - ähnlich wie bei Kryptos. Ich würde also darauf fast wetten, dass Banken-Lobbyisten sich zwar für CBDC aussprechen, sich aber für Grenzen der CBDC-Allmacht einsetzen werden.
Ich würde es also in Bezug auf Zahlungsverkehr als ein Rennen zwischen den wachsenden Netzwerkeffekten von Bitcoin und den CBDCs der Banken bezeichnen. Das heißt nicht, dass Banken das Rennen langfristig gewinnen, aber in der kurzen Frist sitzen sie immer am längeren Hebel.
Nochmal: Wieso "die CBDCs der Banken"? Und auch sonst: Die Banken haben ja heute den Netzwerkeffekt. Kryptos erarbeiten sich ihn langsam. Aber in unterschiedlichen Personengruppen, als die, die massiv CDBCs einsetzen dürften.
Eher könnten Kryptos (eher Monero als Bitcoin) das Bargeld "kannibalisieren", also weitgehend obsolet machen. Das ist natürlich auch ein Problem: Eine privatsphären-freundliche Zahlungsform frisst die andere. Ich stimme dir zu, wäre Bargeld wirklich einmal ganz abgeschafft, wären die Kontrollmechanismen für den Staat wesentlich umfangreicher (vielleicht bleiben ja noch so Dinge wie Briefmarken, die sich ja immer noch halten, obwohl sie eigentlich komplett überflüssig sind
).
Die Frage aller Fragen wäre dann nur: wenn mein Geld erstmal CBDC ist, kann ich dann mein Geld überhaupt noch in Bitcoin verschieben?
Da sind wir wieder im Bereich Extremszenarien/Überwachungsstaat-Dystopie. Wenn aber das in einer Demokratie möglich würde, wäre sie imo keine Demokratie mehr. Klar haben auch demokratische Regierungen Überwachungsphantasien (siehe Vorratsdatenspeicherung) aber dagegen kann und soll die Zivilgesellschaft angehen. Und im Extremfall gibt es ja immer noch den Weg Bitcoin gegen Sachwerte.
Ich hab mir mal den Artikel der New York Times
im Original durchgelesen. Der Teil über die Negativzinsen scheint mir insofern etwas seltsam, weil ja dann die Menschen massiv Geld auf ihre Konten (also zu den Banken) zurückschieben könnten. Es wäre also nur in einem wirklich massiven Negativzinsszenario möglich, in dem die Banken sich ebenfalls gezwungen sehen, Negativzinsen zu nehmen, und zwar auch auf kleinere Bestände, also in noch wesentlich größerem Umfang als dies zuletzt der Fall war.