Hallo Mois,
hier ist die Antwort:
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst gehe ich davon aus, dass sie die Bitcoin Gewinne als Steuerrelevantes Einkommen ordnungsgemäß versteuern und sich hier wirklich nur Sorgen um die Strafbarkeit durch Die Nutzung eines Dritten von bei ihnen erworbenen Bitcoins machen.
Wenn sie, egal ob privat oder gewerblich, Bitcoins an andere Personen verkaufen, und diese dann Straftaten mit den Bitcoins finanzieren, so haften sie nicht, denn sie haben die rechtswidrige Tat nicht begangen und auch nicht zu verantworten.
Zunächst kann nur eine Tat verfolgt werden, die im Zeitpunkt der Begehung unter eine Verbotsnorm fiel ( Art. 103 GG, § 1 StGB) . Es gibt aber keine Norm die den Bitcoin-Handel verbietet.
Auch ein Unterlassen kann bestraft werden, aber nur wenn eine Pflicht zum Handeln bestand oder aber wenn das Unterlassen den gleichen Unrechtsgehalt wie eine Aktive Handlung aufweist( § 13 StGB). Es besteht keine Pflicht für sie Käuferdaten zu erheben, um Straftaten zu verhindern.
Weiterhin muss die zu bestrafende Tat auch konkret ihnen vorwerfbar sein, eine Strafbarkeit für das Handeln Dritter gibt es grundsätzlich nicht (Ausnahme: z.B. Verletzung von Aufsichtspflichten, Anstiftung, Mittäterschaft, Beihilfe). Allerdings ist dies nicht in konkreten Normen geregelt, sondern ergibt sich aus dem Tatbestand der Delikte. Eine Strafbarkeit würde regelmäßig an Vorsatz, Kausalität und objektiver Zurechnung scheitern. Das nur Vorsätzliches und nur bei eindeutiger Regelung im Gesetz auch fahrlässige Delikte bestraft werden können, ergibt sich aus § 15 StGB. Das hinzukommen muss, dass der Täter fähig sein muss, das Unrecht seiner Tat einzusehen und hiernach zu handeln ergibt sich aus §§19, 20,21 StGB ( sowie einer Gesamtschau und Auslegung von § 46 StGB und § 28 StGB, sowie Art 20 III GG und Art 103 GG)
Mann muss also dem zu Bestrafenden immer die begangene Straftat auch zur Last legen können, "Andernfalls wäre die Strafe eine mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbare Vergeltung für einen Vorgang, den der Betroffene nicht zu verantworten hat." (vgl. BVerfGE 20, 323 Rn. 31)
Ich versuche dies einmal zu erklären, allerdings geht das schon in die Tiefen des (allgemeinen theoretischen) Strafrechts und ich hoffe, das ich diese umfangreiche Materie halbwegs verständlich erläutern kann:
Für eine strafrechtliche (und grundsätzlich auch zivilrechtliche) Haftung ist immer zunächst eine rechtswidrige Tat erforderlich.
Allein der Verkauf ist kein rechtswidriges Handeln, er kann keine Strafbarkeit auslösen. Es liegt ein sozialadäquates, nicht strafbares Verhalten vor, denn es gibt keine Strafnorm, die den Verkauf von Bitcoins per se verbietet.
Fraglich ist aber, wie sich das Ganze verhält, wenn jemand mit den von ihnen abgekauften Bitcoins eine Straftat finanziert.
1. Gehen wir davon aus, dass er sich mit den Bitcoins Drogen kauft. Dies ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG strafbar. Damit hätten wir eine Handlung (den Erwerb von Drogen) die eine Straftat darstellt. Zur Vereinfachung gehen wir davbon aus , dass die Person alle Merkmale erfüllt, und eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat vorliegt, und der Täter auch schuldhaft handelte.
Nun kommen sie ins Spiel. Relevant für sie kann sowohl eine Mittäterschaft ( § 25 StGB) als auch eine Beihilfe ( § 27 StgB) sein.
Zunächst brauchen wir die rechtswidrige Haupttat, die in unserem Beispiel mit den Drogen gegeben ist.
Nun wäre zu prüfen, ob sie sich durch den Verkauf an dem Haupttäter als Mittäter oder Gehilfe strafbar gemacht haben könnten.
Hierfür wäre zunächst ihr Vorsatz bezüglich der Haupttat ( dem Drogenkonsum) oder zu mindest bezüglich der Förderung der Haupttat erforderlich. Vorsatz ist das Wollen des Taterfolgs in Kenntnis all seiner Umstände, wobei auch das Wissen, dass sich der Taterfolg realisieren wird ausreichen kann. Schon dies wäre ihnen nicht nachweisbar, denn sie wollten nur Bitcoins veräußern und wußten vom Drogenkonsum rein gar nichts.
Sie sehen also sie würden bereits beim Vorsatz alle Vorwürfe entkräften können.
2. Fahrlässigkeitsdelikte sind eher die Ausnahme. Hier wird der Vorwurf gemacht, der Täter habe eine Sorgfaltspflichtverletzung begangen und dass der Täter den Erfolg durch pflichtgemäßes Alternativverhalten hätte abwenden können. Zunächst muss also die Haupttat vorhersehbar gewesen sein und dann muss sie auch noch durch ein zumutbares Verhalten des Täters abgewendet werden können. Hierzu fällt mir kein wirklich praktikables Beispiel bezüglich dem Währungserwerb ein, weil dies Eigentlich nur bei Verkehrsdelikten und Brandstiftung in Betracht kommt. Es gibt sehr wenig Delikte, in denen Fahrlässigkeit strafbar ist.
Allen Delikten ist jedoch Gemein, dass ein Sorgfaltspflichtverstoß vorliegt. Eine Sorgfaltspflichtverletzung begeht, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt unberücksichtigt lässt. Anforderungen an die Sorgfalt ergeben sich, aus der Sicht eines objektiven besonnenen und gewissenhaften Dritten. Schon hier habe ich Zweifel, dass der verkauf von Währungen sorgfaltswidrig ist. Aber nur für die Frage gehen wir mal davon aus.
Sodann muss der Erfolg , der aus der Sirgfaltspflichtverletzung entsteht, vorhersehbar sein. Und zwar für jeden objektiven Dritten. Wer rechnet denn bitte damit, dass mit verkauften Bitcoins strafbare Geschäfte abgewickelt werden? Es ist eine Währung und auch mit "normalen" Zahlmitteln können unlautere Geschäfte gemacht werden . Auch bei der Vorhersehbarkeit würden sie also die Strafbarkeit entkräften können.
Daneben muss es ein für sie zumutbares Verhalten geben, bei dem der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfallen würde. Das einzige zumutbare Alternativverhalten ist der Nichtverkauf. Da aber schon der Verkauf nicht pflichtwidrig ist, kann dies kaum als Alternativverhalten angesehen werden.
Sie sehen also auch ein Fahrlässigkeitsvorwurf kann nicht ohne weiteres erhoben werden.
3. Aber gegen wir davon aus, dass ihnen vorgeworfen wird, die Tat billigend in Kauf genommen zu haben, weil sie es ahnten und es ihnen egal war, oder dass die Fahrlässigkeitshürde aus irgendeinem Grund überwunden wurde.
Dann würde man schauen ob sie überhaupt für die verübte Straftat kausal waren.
Es gibt einmal die naturwissenschaftliche Kausalität:
Kausal ist jedes Verhalten, dass nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Ohne den Bitcoin -Erwerb wäre der Drogenkauf nicht möglich gewesen. Um die Kausalität allerdings nicht ausufern zu lassen ( Kausal ist auch die Geburt, denn ohne das jemand geboren wurde, könnte er keine Straftat begehen
, gibt es hier Einschränkungen. Nämlich z.B. das sozialadäquate Verhalten. Jemand muss bei unstrafbarem Verhalten nicht damit rechnen, dass dies jemand als Basis für eine Straftat nutzt. Eine Verkaufskraft im Schreibwarenladen kann z.B: nicht haftbar gemacht werden, weil der bei ihr gekaufte Bleistift im Auge eines Mitschülers gelandet ist.
Zudem darf nur der konkrete Handlungserfolg (BTM-Erwerb) bewertet werden. Kausal ist hier also nicht der Bitcoin -Erwerb, sondern der weitere Verkaufsvorgang, der Handel mit den BTM. Man kann Folglich würden sie hier mangels Kausalität auch nicht strafbar sein.
Auch unter den weiten Begriff der Kausalität (manchmal auch in einem Extra Punkt) ist sodann die objektive Zurechnung zu prüfen.
Hier wird untersucht, ob dem angeblichen Täter die Tat überhaupt vorgeworfen werden kann:
Zunächst muss das dem Täter vorgeworfene Verhalten unter den Zweck der Verbotsnorm fallen. Beim BTMG wäre das, die Verhinderung von Drogenerwerb. Ein Währungsverkauf ist gerade nicht vom Normzweck umfasst. Hier würde also die Strafbarkeit bereits scheitern.
Weiter wäre aber auch zu prüfen, ob der Täter eine rechtlich mißbilligte Gefahr geschaffen hat, die sich im konkreten Erfolg realisiert hat. Der Erwerb von virtuellen Währungen ist keine rechtlich mißbilligte Gefahr, sondern der Erwerb von Drogen. Die Drogen haben aber nicht sie erworben, sondern ein Dritter in völliger Eigenverantwortung. Allein mit dem Verkauf der Bitcoins haben sie sich sozialadäquat ( = erlaubt) verhalten und weder eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen noch diese erhöht. Sie sehen also, auch hier würde die Strafbarkeit scheitern.
Fazit: Eine Strafbarkeit weil ein Dritter etwas strafbares macht, gibt es für sie nicht.
Nun kommen wir, um das Bild abzurunden noch zur Unterlassung.
Eine Unterlassung ( Erhebung von Personendaten, Frage nach Zweck des Bitcoin-Erwerbes) kann ihnen nur vorgeworfen werden, wenn sie eine Handlungspflicht trifft oder das Unterlassen den gleichen Taterfolg wie ein aktives Tun hat ( § 13 StGB). Eine solche Verpflichtung zum Handeln kann sich aus der Schaffung einer Gefahrenlage, einem Gesetz oder einer vertraglichen Übernahme sowie aus engen persönlichen Lebensbeziehungen ergeben. Ein Beispiel für eine gesetzlich geregelte strafbare Unterlassung wäre die unterlassene Hilfeleistung.
In ihrem Fall ist eine Handlungspflicht nicht ersichtlich. Dies kann sich natürlich mit der Schaffung neuer Gesetze, wenn es rechtlich verpflichtend ist die Käuferdaten zu speichern und zu melden oder ähnliches zu erfragen, ändern. Zum bisherigen Zeitpunkt gibt es solch eine Verpflichtung jedoch nicht.
Auch steht ihre Unterlassung der Aufnahme der Personalien oder des Erbzweckes keiner aktiven Verwirklichung einer strafrechtlichen Erfolges gleich. Der Verkauf von Bitcoins ist nicht strafbar. Die Eigentumsübertragung an Bitcoins ist nicht strafbar.
Fazit: Sie haben also nichts zu befürchten. Wege sich abzusichern brauchen sie nicht. Es handelt sich auch um keine rechtliche Grauzone, sondern es entspricht den Rechtsstaatprinzipien, dass ihnen eine Tat vorwerfbar sein muss. Sie sind für eigenverantwortliches Handeln Dritter, dass sie nicht fördern und nicht veranlassen nicht verantwortlich.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin Doreen Prochnow