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Mehrere Stablecoins, die mit Franken hinterlegt sind, stehen in der Schweiz am Start. Die SNB betont, dass durch diese Coins aber keine Forderungen gegenüber der Zentralbank entstehen.Der Kurseinbruch zum vergangenen Jahreswechsel, zahlreiche undurchsichtige Geschäfte und Diebstähle bei Krypto-Börsen und Wallet-Betreibern sowie als ICO getarnte Schneeballsysteme haben die Kryptowährungen viel Goodwill gekostet. Zumindest gegen die hohen Ausschläge scheinen die Anbieter eine Lösung in Form der Stablecoins gefunden zu haben.
Wie der Name vermuten lässt, versprechen diese Stabilität, zumindest gegenüber dem Basiswert. Die Stablecoins sind eins zu eins an traditionelle Währungen wie den Dollar oder auch an Gold gebunden. Nun versuchen mehrere Emittenten, die Seriosität und die Stabilität des Schweizerfrankens zu nutzen.
Werkzeug für Krypto-Industrie
Ende Oktober haben mehrere «Krypto-Franken» ihren Start angekündigt. Am weitesten, bzw. der Einzige, der bereits live ist, ist der Crypto Franc XCHF von Swiss Crypto Tokens. Die Tochtergesellschaft von Bitcoin Suisse hat per 1. November eine Anleihe mit einer Laufzeit von einem Monat ausgegeben. Der Crypto Franc wird als Token auf der Ethereum-Blockchain ausgegeben. Sein Coin sei gemäss Leitfaden der Finanzmarktaufsicht Finma eine Mischung aus Asset- und Payment-Token, sagt CEO Armin Schmid.
Für den ersten Monat beträgt das Anleihevolumen 10 Mio. Fr. Der Anbieter verlangt eine Ausgabe- und Rückgabegebühr von je 0,2%. Bei einer rollenden Verlängerung fallen keine Gebühren an. Die Blockchain-Anleihe wird im November nicht verzinst, für die kommenden Monate wäre auch eine Negativverzinsung möglich. Der Emittent hat die Anleihe dafür mit einer «Token-Melting-Funktion» ausgestattet. So können aus 1000 Coins nach einem Monat 999 werden.
Der Crypto Franc ist nicht in erster Linie für Otto Normalverbraucher gedacht. «Der Coin soll ein Tool für die hiesige Blockchain-Industrie sein», sagt Schmid. So kann beispielsweise eine Firma die Einnahmen aus einer Coin-Emission lagern. Schmid gibt das Beispiel eines KMU-Finanzierers, der für eine kleine Firma 100 000 Fr. von 20 Kreditgebern vermittelt hat. Über drei Jahre ergäbe dies bei monatlicher Amortisation 720 Transaktionen, die nun über den Smart Contract, den der Coin umfasst, ausgelöst werden. Der Crypto Franc ist über Börsen noch nicht handelbar, mit Lykke ist man gemäss Schmid am Verhandeln.
Die übrigen Blockchain-Franken sind noch nicht so weit. Das Schweizer Unternehmen Rockz hat am 1. November angekündigt, eine Kryptowährung, die voll in Schweizerfranken konvertierbar ist, lancieren zu wollen. Das Unternehmen plant in zwei Kapitalrunden rund 12,6 Mio. Fr. aufzunehmen. Gemäss Pressemeldung können die Inhaber des Rockz jederzeit auf ihr Geld zugreifen. Bis zu 90% der hinterlegten Franken werden gemäss Unternehmen in Hochsicherheitsbunkern in den Schweizer Alpen gelagert, 10% bei Schweizer Banken, um die Liquidität sicherzustellen.
Später auch Wertschriften
Auch die Zuger Smart Valor ist mit ihrer Kryptowährung CHFt noch nicht operativ tätig. Das Unternehmen will mit einem Netzwerk von unabhängigen Emittenten arbeiten und diesen die technische Infrastruktur zur Verfügung stellen. Dieses Netzwerk soll sicherstellen, dass der Ausfall eines einzelnen Emittenten nicht zum Kollaps der Währung führt.
Der CHFt von Smart Valor wird von Liechtenstein aus vertrieben, wo das Unternehmen eine Banklizenz beantragt hat. Smart Valor will zu einem späteren Zeitpunkt auch auf Blockchain basierte Wertschriften anbieten. Unternehmen, Fonds oder auch Immobilienentwickler sollen dann einfach digitale Token auf der Valor-Plattform emittieren können. Dort könnten sie auch von Anlegern im Sekundärmarkt gehandelt werden.
Keine Forderung an SNB
Und wie reagiert die Schweizer Nationalbank auf die neuen Konkurrenz-Franken? «Diese sogenannten Stablecoins sind eine Forderung gegenüber dem jeweiligen Emittenten und – trotz Unterlegung durch den Franken – keine Forderung gegenüber der SNB», erklärt ein Sprecher. Und fügt an: Stablecoins seien deshalb je nach Ausgestaltung vergleichbar mit einer Einlage bei einer Bank und somit Buchgeld. Darüber hinaus hätten Stablecoins wegen der sehr begrenzten Nutzung gegenwärtig keine Auswirkungen auf die Aufgaben der SNB (Geldpolitik, Bargeldversorgung, bargeldloser Zahlungsverkehr, Finanzstabilität).
Wie bei den Kryptowährungen ohne Anbindung an eine offizielle Währung würden deshalb auch bei den Stablecoins Fragen im Bereich des Anleger- und Konsumentenschutzes im Vordergrund stehen. Die SNB verfolge aber grundsätzlich sämtliche Entwicklungen im Fintech-Bereich sehr aufmerksam. Aus Sicht der SNB ist es in erster Linie wichtig, dass für Nutzer von Kryptowährungen deutlich erkennbar und verständlich ist, wer Emittent der betreffenden Kryptowährung ist.
Insbesondere sei es wichtig, dass beim Publikum nicht der Eindruck entstehe, dass eine staatliche Institution – namentlich die Zentralbank – hinter der entsprechenden Kryptowährung stehe. Herausgeber von Stablecoins, die einen fixen Wert zum Franken anstreben, sind selber dafür verantwortlich, diesen Anspruch zu erfüllen."
Quelle:
https://www.nzz.ch/finanzen/die-krypto-zwillinge-des-frankens-ld.1436376