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Topic: NZZ: Die rosa Wolke rund um die Krypto-Vermögensverwaltung ist geplatzt (Read 74 times)

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Das Verwalten von digitalen Vermögenswerten schien noch vor einigen Monaten ein möglicher Lichtblick für die gebeutelte Asset-Management-Branche zu sein. Mit dem Kurssturz von Bitcoin & Co. ist es sehr ruhig geworden. Wie geht es weiter?

Die Anlageklasse Krypto-Währungen dümpelt trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit vor sich hin. Mittlerweile wurden annähernd 2000 unterschiedliche Währungen (Coins) emittiert. Deren kumulierter Marktwert ist nach einer langen Korrekturphase unter 200 Mrd. $ gesunken. Einer der Gründe für diesen Kriechgang ist die Absenz von grossen institutionellen Investoren. Diese werden sich erst in den Markt trauen – wenn dem Risiko angemessenes Renditepotenzial winkt – und Gegenparteien aktiv sind, denen die Institutionellen auch im übrigen Anlagegeschäft vertrauen. Vor wenigen Tagen hat Fidelity angekündigt, bis zum Jahresende einige Anlageprodukte mit Bezug zu Krypto-Währungen und Blockchain zu lancieren. Spezifischere Angaben machte das Fondshaus aber nicht.

Viele Rückzieher

Vor kurzer Zeit kamen Gerüchte auf, dass die US-Investmentbank Goldman Sachs die Pläne für eine eigene Krypto-Handelsabteilung sistiert habe. Die Bank hatte dieses Projekt erst kurz zuvor lanciert. Als Grund wurde das unsichere regulatorische Umfeld genannt. Goldman Sachs hat diese Meldung mittlerweile als falsch bezeichnet. Auch der Krypto-ETF kommt nicht aus den Startlöchern. Die US-Börsenaufsicht SEC hat schon zahlreichen Zulassungsanträgen eine Absage erteilt. Die SEC bemängelte jeweils, die ETF erfüllten die Voraussetzung nicht, dass betrügerische und manipulative Handlungen und Praktiken verhindert werden könnten.

Die Kursschwäche von Bitcoin & Co., bekommen auch die Schweizer Anbieter von Blockchain-Asset-Management-Lösungen zu spüren, die während des Krypto-Booms des vergangenen Jahres gegründet wurden. «Die Marktseite beeinflusst die Vermögensverwaltungsseite, der Markt wartet aktuell auf dne nächsten Wachstumsimpuls», sagt Lidia Bolla, Geschäftsleiterin von Vision&. Anfangs März 2018 nahm Vision Plus als erster SRO-regulierter Vermögensverwaltung die Tätigkeit mit Blockchain-Asset-Management auf. Das Unternehmen aus Zug investiert nicht nur in Währungen, sondern in jegliche Krypto-Assets, auch Nicht-Währungs-Token oder Block-Chain-Start-up. Aktuell bilden wegen des einfachen Zugangs noch Währungen den Schwerpunkt der Tätigkeit. Die Stagnation hat gemäss Bolla aber auch etwas Gutes, der Krypto-Markt bewege sich Richtung Qualität. Über 95% der Projekte, die Vision& evaluiere, werden aussortiert.

Nur kleiner Anteil im Depot

Keine grossen Veränderungen sieht die Falcon Private Bank bei der Nachfrage nach Krypto-Anlagen. Das Zürcher Institut hat auch im vergangenen Jahr ein Angebot für Blockchain-Assset-Management lanciert. «Unser Angebot richtet sich vorwiegend an Kunden mit einem gewissen Risikoprofil, die eine langfristige Perspektive einnehmen und ihr Portfolio mit einem kleinen Anteil an Digital-Assets diversifizieren wollen», begründet ein Falcon-Sprecher die angeblich stabile Nachfrage. Die Falcon plant eine Erweiterung der Dienstleistungen im Bereich Digital Assets für Private-Banking-Kunden.


Die Bitcoin-Krise scheint für die bisherigen Anbieter auch eine gute Seite zu haben. Obwohl die Finanzindustrie dem Thema Digital-Assets viel Aufmerksamkeit widmet, ist die Anzahl der Anbieter von professionellen Lösungen sehr überschaubar. Als Konkurrenten für das eigene Angebot sieht Bolla vor allem Produkte von Vontobel oder Swissquote. Diese Unternehmen bieten keine explizites Blockchain-Asset-Management an. Swissquote ermöglicht seinen Kunden Anlagen in fünf verschieden Kryptowährungen sowie in zwei aktiv verwaltete Zertifikate. Eines dieser Produkte wechselt aufgrund von Algorithmen die Gewichtung in Bitcoin und Dollar. Durch die Steigerung traditioneller Währungen in Zeiten der Unsicherheit und Abwärtsentwicklungen soll die Volatilität reduziert werden. In den vergangenen Monaten hat dieses Zertifikat besser abgeschnitten als der Bitcoin.

Etablierte Zertifikate

Die Bank Vontobel hatte bereits im Juli 2016 den Bitcoin-Tracker in der Schweiz und in Deutschland lanciert. Im Oktober 2017 wurde eine weitere Variante davon mit unlimitierter Laufzeit aufgelegt. Die Strukturierten Produkte gehörten um den Jahreswechsel zu den meistgehandelten Anlageprodukten an der Börse. Die Zertifikate von Vontobel seien zwar gut strukturiert, basierten aber nur auf Bitcoin und Bitcoin Cash, während die Notes von Vision& eine breites Krypto-Portfolio, wie Blockchain-Firmen umfassen kann. Diese Notes sind nach maltesischem Recht aufgesetzt, wobei die Bank Frick in Liechtenstein als Depotbank fungiert. Vision& investiert nicht direkt in ICO (Initial Coins Offering, Erstemissionen von Coins), den dabei würde die Liquidität für mehrere Monate blockiert, das Unternehmen garantiert dagegen wöchentliche Liquidität.

Weiter viel Innovation

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht eine Pressemitteilung über die Lancierung eines neuen Krypto-Anlageproduktes verschickt wird, meist von jungen, wenig bekannten Finanzdienstleistern. Die bisherigen Blockchain-Asset-Management-Anbieter versuchen derweil ihr Angebot zu diversifizieren. Die Falcon Private Bank erhalte viele Anfragen von Firmen aus der Blockchain-Community, die eine Bankbeziehung für ihre kommerziellen Aktivitäten suchen. Wie auch diese Zeitung berichtete, ist das für Krypto-Start-ups bisher ein schwieriges und kostspieliges Unterfangen.

Vision& hat zuletzt den Research intensiviert, weil dieser im Krypto-Bereich noch rar ist. Es wäre möglich, dass der Bereich «Daten und Research» zu einer zusätzlichen wichtigen Einnahmequelle werde, sagt die Geschäftsführerin. Doch es sei wichtig, dass Research auch zu Investments führe, denn erst dies mache ihn glaubwürdig. Vision& will vor allem bereit sein, wenn der Markt wieder an Momentum gewinne. Auch der Krypto-Markt bewegt sich nach Ansicht von Bolla in Zyklen, nach den Übertreibungen Ende 2017 sei eine Konsolidierung überfällig gewesen.

Ist das Dilemma des Bitcoin gelöst?

Krypto-Währungen sollten ermöglichen, dass Zahlungen sicher, anonym und ohne teure Intermediäre abgewickelt werden. Dieses Ziel hat der Bitcoin je länger je mehr verfehlt. Mittlerweile wird nur ein kleiner einstelliger Prozentsatz des Bitcoin-Umlaufs für Zahlungen benutzt. Der Rest ist in den Händen von Spekulanten und deren Handeln führt zu hohen Kursausschlägen. Wer will da reale Transaktionen abwickeln, wenn man nicht weiss, ob ein Gut mit einem Preis in Krypto-Währung morgen die Hälfte oder das Doppelte wert ist?
Die Krypto-Branche scheint für dieses Problem eine Lösung gefunden zu haben – den Stable-Coin. Wie sein Name vermuten lässt, verspricht diese Währung Stabilität, zumindest gegenüber dem Basiswert. Die Stable-Coins sind eins-zu-eins an traditionelle Währungen wie den Dollar, an Gold oder an Algorithmen, welch die Volatilität senken sollen, gebunden. Auch hier ist es schwierig, die Übersicht zu behalten, da bereits zahlreiche Stable-Coins emittiert wurden. 


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