TL; DR: Es gibt keine (un-)vollständige Turing-Vollständigkeit! Turingvollständigkeit kann auch für real existierende Systeme gelten und ist in der Praxis durch das "One-Size-Fits-All"-Schema in der Computerchip-Branche eher die Regel als die Ausnahme.
Hast du Gyrsurs Beitrag überhaupt gelesen?
Auch wenn ich kein Freund von der deutschen Wikipedia bin, so ist der von ihm zitierte Abschnitt bereits die Antwort. Deshalb dachte ich eigentlich, dass das allgemein verstanden wäre.
Wenn du also von einer "vollständigen Turing-Vollständigkeit" schreibst, dann musst du dir auch die folgende Frage gefallen lassen: Was ist unvollständige Turing-Vollständigkeit?
Vorsicht, das ist eine Fangfrage! Die Antwort ist einfach die, dass es keine (un-)vollständige Turing-Vollständigkeit gibt! Es gibt Turing-Vollständigkeit. Aber es gibt keine Abstufung dazu.
Die Turingvollständigkeit (engl. turing completeness) ist auch unter dem Namen Turingmächtigkeit (engl. turing powerful) bekannt, was hoffentlich etwas weniger verwirrend klingt. Es geht darum, dass die betrachtete Turingmaschine genügend Macht (im Sinne von Möglichkeiten) besitzt, um eine andere Turingmaschine zu simulieren. Auf den Zusammenhang kommt es an: Wenn eine Turingmaschine eine beliebige andere Turingmaschine simulieren kann, dann ist sie universell genug, um jedes denkbare und als Algorithmus formulierbare Problem zu lösen. Das ist das ausschlaggebende Argument für praktische Anwendungen und notwendige Bedingung für die Klassifikation als turingmächtiges System.
Der Schnickschnack mit dem unendlichen Band ist nur ein Kunstgriff, damit man nicht mit so schwammigen Begriffen wie "genügend großes Band" arbeiten muss und dann beim Beweisen mit der begrenzten Kapazität zu kämpfen hat. Hier haben sich also die Theoretiker verständlicherweise das Leben leichter gemacht. Es geht aber insbesondere in der praktischen Betrachtung nur darum, ob man ein System mit einem anderen System simulieren oder emulieren kann. Mehr nicht.
Falls nämlich das unendliche Band ausschlaggebend wäre, dann gäbe es in der Praxis keine turingmächtigen Systeme und dementsprechend hätte diese Klasse nur noch theoretische aber keine praktische Relevanz mehr.
Jedoch werden gängige Programmiersprachen wie z.B. Java, C/C++, C# und PHP als turingmächtige Programmiersprachen gehandelt (man kann z.B. einen Java-Bytecode-Compiler in C schreiben und umgekehrt; außerdem ist z.B. C mächtig genug um einen Interpreter für Java-Bytecode zu implementieren: die JVM).
Außerdem gibt es auch klar ersichtliche Anwendungen, welche turingmächtig sein müssen: Betriebssysteme, virtuelle Maschinen und Emulatoren. Im Allgemeinen ist es also bereits hinreichend (aber nicht notwendig!), wenn man auf Loopmächtigkeit prüft und bei negativem Resultat von einer Einstufung als "Turingmächtig" ausgeht. Ein guter Test ist halt die Implementierung des Klassikers: die Ackermann-Funktion. Ist also die Ackermann-Funktion implementierbar, so ist das System mächtiger als loopmächtig, was im praktischen Bereich bereits hinreichend für die begründete Annahme eines turingmächtigen Systems ist.
Insofern ist der Wikipedia-Artikel nicht ganz optimal geschrieben, auch wenn dieser eigentlich genau das oben Geschilderte ausdrückt:
Gruss,
Bill
Tante Edith mal wieder: TL; DR war zu schwammig gehalten.