Um die Ausdünstungen des Axel Springer-Verlags mache ich zwar aus Prinzip einen großen Bogen, aber nachdem ich vom Parteigründer Bernd Lucke vor ein paar Tagen bei
Maybrit Illner auf die "Alternative für Deutschland" aufmerksam gemacht wurde und mir deren
Programm angesehen habe, bin ich doch gar nicht abgeneigt.
Im bloßen Vorbeigehen hätte ich die Partei wohl als nur eine weitere nationalistische/antieuropäische Partei abgetan, aber dem scheint angenehmerweise nicht so zu sein. Ich selbst bin ein Europafreund aus tiefstem Herzen. Ich fühle mich als Europäer, mein Freundeskreis kommt großteils aus dem europäischen Ausland, meine Freundin aus Paris (und wohnt auch dort), kurz gesagt: Ich will, dass Europa (zusammen-)wächst und gedeiht! Im Euro sehe bzw. sah ich, wie auch Rainer Brüderle und der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn in der soeben verlinkten Sendung Maybrit Illner, ein starkes Symbol und Werkzeug dazu, die Europäischen Länder zu einen. Leider bewirkt er nun das genaue Gegenteil.
Edit: Mein erster Kontakt mit der
Alternative für Deutschland macht mich dann leider doch wieder äußerst skeptisch, was die politische Gesinnung jenseits der Finanzpolitik dort angeht...
Also ich finde die verlinkte Diskussion durchaus in Ordnung. Da werden ja keine rechten Forderungen a la "alle unterschiedslos abschieben" oder so erhoben, sondern lediglich auf ein existierendes Problem, nämlich eine erhöhte Kriminalitätsrate bestimmter Gruppen, aufmerksam gemacht. Dass man das rhetorisch durchaus geschickter und auch differenzierter machen kann, als "der Täter war Türke" fettgedruckt hervorzuheben, ist klar. Aber die weiteren Erklärungen zeigen ja, dass das nicht so gemeint ist, wie es rüberkommt.
Ist halt so, dass die intellektuell fähigsten Leute sich mit solchen Themen (also z.B. Kriminalität in bestimmten Migrantengruppen) ungern beschäftigen, da denen klar ist, dass man sich damit im momentanen politischen Klima selbst keinen Gefallen tut. Dementsprechend nehmen sich dann intellektuell weniger geschulte Leute dieser Themen an. Aber das kann man ja den Leuten nicht zum Vorwurf machen, und erst recht nicht der Partei insgesamt.
Das Wahlprogramm der Alternative für Deutschland zum Thema Integrationspolitik kann ich persönlich jedenfalls problemlos mittragen:
"- Wir fordern eine Neuordnung des Einwanderungsrechts. Deutschland braucht qualifizierte und integrationswillige Zuwanderung.
- Wir fordern ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild. Eine ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme muss unbedingt unterbunden werden.
- Wir fordern verpflichtende Deutsch- und Staatsbürgerschaftskurse für Zuwanderer.
- Ernsthaft politisch Verfolgte müssen in Deutschland Asyl finden können. Zu einer menschenwürdigen Behandlung gehört auch, dass Asylbewerber hier arbeiten können."
Gerade den letzten Punkt finde ich sehr gut: Ein Arbeitsrecht für Asylbewerber geht über den Status Quo in Deutschland hinaus und wäre eine sehr sinnvolle Sache, sowohl für deutsche Gesellschaft (bessere Integration) als auch für die Asylbewerber selber.
Man muss immer sehr aufpassen, dass man sich von bestimmten Medien wie z.B. den öffentlich Rechtlichen (es gab da bezüglich der AfD einen extrem parteiischen und unfairen Bericht auf tagesschau.de, den ich persönlich als Propaganda bezeichnen würde) nicht dazu bringen lässt, den etablierten Parteien alle Fehler nachzusehen und auf der anderen Seite bei neuen Parteien den kleinsten Fehlgriff überzubewerten. Denn die Demokratie lebt ja gerade davon, dass neue, vielleicht noch nicht so perfekt ans politische Geschäft angepasste, Parteien die politische Landschaft immer wieder aufmischen. Und das geht nur, wenn man den neuen auch eine faire Chance gibt.