Schürfen nach dem Schatz
Wie ein findiger Deutscher in Israel die virtuelle Währung generiert
Wer mit virtuellen Währungen reich werden will, muss schnell und risikofreudig sein. Und willig, in die sich stets ändernden technischen Anforderungen zu investieren. So wie der IT-Fachmann Tom Schulz, ein Deutscher, der in Israel lebt. Früher in Berlin war der 35-jährige Mechatroniker. Schulz ist also technik- wie computerbegeistert und offen für Neues. So wurde er, als er 2010 erstmals von der virtuellen Internetwährung "Bitcoins" hörte, aufmerksam.
Schulz überlegte, wie er den Trend surfen könnte. Nach intensiver Recherche stand der Plan: Zusätzlich zu seinem PC schaffte er sich für 2000 Dollar zwei weitere Computer an. Die schickte er wie Esel in die "Bitcoin-Mine" zum Schürfen. Schulz erklärt, wie das sogenannte Mining funktioniert: "Das von Programmierern gegründete Bitcoin-Netzwerk gibt den beteiligten Rechnern stets die Rechenaufgabe, Zahlenschlüssel einer gewissen Länge zu finden."
Das Netzwerk bestimmt dabei, wie schwierig dieses rechnerische Problem sein muss, damit im Schnitt weltweit alle zehn Minuten ein Bitcoin-Block gelöst wird und damit derzeit 25 Bitcoins ausgegeben werden, die dann anteilig an alle beteiligten Computer verteilt werden. Die vom Netzwerk aufgegebenen Berechnungen haben dabei keinen tieferen Sinn, als Arbeit zu simulieren und jenes Netzwerk am Laufen zu halten – denn durch dieses weltweite Netzwerk der beteiligten Rechner mit Internetanschluss werden auch die Transaktionen von Bitcoins getätigt. "Man kann vereinfacht sagen: Dass beim Mining hinten Bitcoins rauskommen, ist also Anreiz dafür, Rechenpower für das Netzwerk bereitzustellen. Und je mehr Rechenpower man bereitstellt, desto höher ist die Belohnung in Bitcoins", so Schulz.
21 Millionen Bitcoins sind die Grenze, mehr Einheiten der virtuellen Währung sollen niemals auf den Markt kommen. Etwa die Hälfte davon sind schon im Umlauf, weshalb sich die Zahl der ausgegebenen Bitcoins ständig verringert, um die Nachfrage hochzutreiben. "Aufgrund dieser Begrenzung ist es kein sinnloses Schneeballsystem", sagt Schulz.
Im heißen Sommer von Tel Aviv war die Hitzeentwicklung der Rechenmaschinen zu groß, weshalb Schulz sich zum "minen" auf die Wintermonate verlegte – und mit seinen Maschinen seine Wohnung heizte. "Im ersten Winter sammelte ich ein bis zwei Bitcoins pro Tag. Im zweiten Winter einen halben. Und im dritten, letzten Winter brauchte ich schon zwei Wochen für einen Bitcoin", erklärt Schulz.
Es gab im Wertverlauf seit 2009 extreme Hochs und Tiefs, aber über die Jahre gesehen geht die Kurve stetig nach oben. Deshalb behält Schulz seine etwa 500 virtuellen Münzen, die er schon gesammelt hat. Er ist sicher: Der Bitcoin wird sich gegenüber den normalen Währungen etablieren. Dabei brächten ihm die 500 Einheiten, für die er inklusive Strom etwa 4000 Dollar eingesetzt hat, schon jetzt rund 62.000 Dollar realen Gewinn, würde er sie übers Netzwerk verkaufen.
Schulz rät jedem Menschen, zumindest einen halben Bitcoin zu kaufen. In China laufe der Hype gerade erst an. "Ich hoffe und bin mir relativ sicher, dass der Wert kräftig anziehen wird." Hilfreich ist, dass man die virtuellen Münzen auf bis zu ein Millionstel herunterbrechen kann, um damit zu bezahlen oder sie zu verschicken.
Weil das "minen" immer schwieriger geworden ist, sind Schulz' Rechner dafür nur noch bedingt geeignet. "Man braucht jetzt sogenannte ASIC-Miner, das sind USB-Sticks, deren Chips extra für das Bitcoin-Mining entwickelt wurden", sagt Schulz. ASIC steht dabei für "Application Specific Integrated Circuit". Diese verbrauchen ein Hundertstel des Stroms von Schulz' Rechnern, und man kann sie in Scharen zum "Minen" schicken, wenn man sie in Vervielfacher für USB-Schnittstellen steckt. "Wenn es um viel Geld geht, werden die Nerds schnell erfinderisch", lacht Schulz.
Er überlegt, bald in den USA einige der nur noch 15 Dollar teuren Wundersticks zu erwerben. Ansonsten will er seine Rechner im kommenden Winter wieder anwerfen – und sie dabei vielleicht sogar für die Allgemeinheit schuften lassen. "Vielleicht setze ich sie für das SETI-Programm ein, das auf der Suche nach außerirdischer Intelligenz ist." Eine weitere Alternative wäre, sie für die neue, noch sehr unbedeutende Internetwährung 'Primecoin' rechnen zu lassen, für die Schulz' Computer noch geeignet sind, die aber noch kaum etwas wert ist.
Auch das Projekt "Folding at Home" wäre eine selbstlose Möglichkeit, die Rechner laufen – und heizen – zu lassen. Dieses Projekt ist eine Netzsimulation, die Proteine faltet. Die dafür erforderlichen riesigen Rechenleistungen werden durch zusammengeschlossene Computer Freiwilliger erreicht. Dabei können wertvolle Erkenntnisse für die Medizin gewonnen werden.
Was seinen Bitcoin-Schatz betrifft, bleibt Schulz einigermaßen gelassen: "Entweder ich habe Glück und die Bitcoins werden noch viel wertvoller. Oder sie verschwinden wieder in der Versenkung des Internets. Es ist ein Spiel."
http://www.welt.de/print/wams/finanzen/article119804146/Schuerfen-nach-dem-Schatz.html