Einen neuen Coin aufzulegen, bedeutet in den meisten Fällen viel Arbeit, wenn man nicht einfach nur einen existierenden klonen will. Viele Coinprojekte setzen daher spätestens seit Ethereum auf Mittel wie Premine und Dev-Fees, also einfach im Genesis Block einige Coins für "das Team" zu reservieren oder per Protokoll von den Blockrewards abzuzweigen, um die Kosten zu tragen. Es sind etwa seit ca. 2019 kaum noch neue nicht-pregeminte Altcoins entstanden.
Das Problem ist beim Premine, dasss damit die Dezentralität beeinträchtigt wird. Außerdem gibt es auch eine rechtliche Diskussion (MiCa, Security oder nicht Security ...) bei der ein nicht-pregeminter Coin Vorteile hat.
Ich dachte, ich mach mal einen Thread auf um Alternativen zum Premine für "neue Coins" zu sammeln. Vielleicht kennt jemand noch weitere Modelle.
1. Einfach selbst am Anfang minenIst sicherlich die einfachste Alternative zum Premine. Problem: es entstehen Kosten. Man kann natürlich versuchen, den Launch zu "verschleiern" (sog. "Instamine") und erstmal alleine fast für lau zu minen, was aber als genauso problematisch wie ein Premine gilt. Eine Alternative ist, den Coin-Launch "herunterzuspielen" (ein bekanntes Beispiel war Steem im Jahr 2016, siehe das
Announcement, das bekanntermaßen später als Social-Media-Blockchain zu den Top-Coins aufstieg), also das Announcement bewusst uninteressant gestalten, und danach erst "die großen Pläne" zu enthüllen. Die zweitere Möglichkeit ist zwar ethisch ebenfalls umstritten, rechtlich sollte sie aber problemlos machbar sein. Denn es besteht keine Pflicht, einen neuen Coin in den höchsten Tönen zu bewerben. Vielleicht ist ein guter Mittelweg der, dass man den Coin ehrlich präsentiert, aber erst mal auf Marketing verzichtet.
2. Toten Coin aufkaufen und ggf. hard/softforkenEs gibt eine Menge Coins, die heute praktisch wertlos sind. Darunter sind auch einige ohne Premine, besonders bei der ersten Altcoinwelle 2013/14 kann man hier fündig werden. Von diesen Coins lässt sich mit geringen Kosten ein substanzieller Teil kaufen oder minen - der ähnlich groß wie ein "akzeptabler Premine"* sein kann. Besonders wenn der Coin auch gar keine richtige Community mehr hat, ist es meist problemlos möglich ihn mit neuen Merkmalen auszustatten und einen Hard/Softfork zu veranstalten.
3. Coin mit Token-System starten, Token ICO zur Finanzierung verwendenViele Coins bieten heute schon die Voraussetzungen mit, um einfach auf der Blockchain Tokens zu erstellen. Da liegt es nahe, den Coin selber "ohne Premine" zu launchen, aber dafür einen ICO des Tokens zu veranstalten. Ein Problem kann allerdings darin bestehen, den Token "werthaltig" zu gestalten, ohne ihn wiederum in das System des Coins zu integrieren. Man muss also in der Regel zusätzliche Dienste anbieten, für die der Token verwendet werden kann. Insofern nicht für alle Coins eine Alternative.
4. Hardfork im Style von BCHEine vierte Möglichkeit könnte es sei, einen bestehenden, nicht premined Coin wie Bitcoin zu forken, also ab einer bestimmten Blockheight mittels Hardfork eine eigene Chain zu generieren. Dies war 2017/18 eine sehr populäre Methode. Problem: man bringt oftmals die Community des geforkten Coins gegen sich auf, auch gibt es, wenn der alte Coin populär war, am Anfang viel Verkaufsdruck von Haltern, die den Fork "nutzen" wollen. Außerdem: Auch hier enstehen Kosten, zumindest vorübergehend (also spätestens kurz vor dem Fork) müsste man einen Teil des bestehenden Coins aufkaufen - danach kann man ihn allerdings wieder verkaufen. Lohnt sich also am ehesten für Entwickler, die sowieso schon Wale bei BTC oder auch LTC/Monero/etc. sind. Imo keine besonders gute Methode, die anderen sind vorzuziehen.
5. Finanzierung durch Spenden (danke
CoinEraser)
Man könnte einfach Spenden für das Projekt eintreiben. Damit wäre man auf der sicheren Seite, was das Rechtliche (Security-Diskussion etc.) angeht. Nachteil ist eine Abhängigkeit von den Spenden, so dass für eine sichere Finanzierung dieses Modell mit anderen Mechanismen kombiniert werden könnte.
6. Freiwillige Dev-Fee (danke
CoinEraser)
Eine Variante der Spendenfinanzierung könnte sein, wenn man (in Absprache mit der Community) in die Referenzimplementierung, also die "offizielle" Wallet-App, die Möglichkeit einbaut, den Entwicklern entweder von den Transaktionsgebühren oder den Blockrewards einen Teil freiwillig abzugeben. Solange dies nicht per Protokoll "enforced" wird, ist dies eine legitime Finanzierung ohne Premine.
7. Testnet vor dem Mainnet des Coins freischalten (danke
1miau)
Vor dem Mainnet-Coin-Launch könnte ein Testnet aufgesetzt werden, dessen Coins gemint werden (also nicht per Premine verteilt), und die später ab einem gewissen Upgrade als Mainnet-Coins gelten. Es besteht natürlich das Problem der Abgrenzung - ist der Coin bei einem 1:1-Anspruch nicht quasi gleich das Mainnet? Die Abgrenzung ist wichtig, um zu frühe Spekulation zu verhindern, sonst bekommen die Entwickler doch zu wenig ab. Eine Möglichkeit wäre, klar zu kommunizieren, dass in der Testnet-Phase der Coin noch nicht für eine richtige Nutzung "fertig" ist und somit sich das Protokoll stetig ändern kann, das würde ein zu frühes Exchange-Listing zumindest erschweren.
Gibt es weitere? Arbeite ich gerne hier ein
*"akzeptabel" soll hier im Sinne von "der Markt akzeptiert den Premine", wie es bei vielen der Top-Altcoins der Fall ist. Persönlich halte ich Premines inzwischen bei general-purpose Coins nicht mehr für akzeptabel, die Dezentralitätsprobleme sind zu groß.