Das wird jetzt etwas komplizierter ...
Jepp, ich trenne das mal in mehrere Postings
Die Existenz von SR hat bitcoin geschadet. So wie die Existenz von Kinderpornographie und Neonazis im Netz dem WWW in den Anfangsjahren geschadet haben. Es verzögert die Akzeptanz dieses Systems in der breiten Gesellschaft und der Politik, wenn es aufgrund der ungünstigen Berichterstattung in den Medien mit Drogengeld assoziiert wird.
Jein. Wie du weiter unten schreibst: only no news are bad news. Gut für den Bitcoin ist es, wenn der Preis steigt. Das schafft Aufmerksamkeit, das ermutigt Menschen, Energie reinzustecken, und das hilft Startups bei der Gründung. Oder?
Ganz ehrlich, nein. Der steigende Preis ist für bitcoin mehr Bürde als Segen.
Er reduziert die Nützlichkeit als Zahlungsmittel erheblich.
Natürlich bringt er (gierige) Menschen dazu, sich mit bitcoin zu beschäftigen, was nicht unbedingt negativ sein muss. Risikokapitalgeber z.B. fallen eindeutig in diese Kategorie, ein nicht unerheblicher Teil von Unternehmern ebenfalls.
Allerdings stellt diese Gruppe ihre eigenen Interessen ggf. deutlich über ein wie auch immer geartetes Allgemeininteresse, so dass wir von dieser Seite z.B. Monopolisierungsversuche, Verdrängungswettbewerb, Patent squatting (gibt es dafür ein deutsches Wort?) etc. erwarten dürfen. Kurz gesagt, all die Übel, die beispielsweise das WWW in den vergangenen Jahrzehnten von Unternehmen wie Microsoft, Netscape, Google, Ebay / Paypal, Apple erdulden musste.
Es wird sicherlich den einen oder anderen geben, der die Ansicht vertritt, dass diese Praktiken das WWW insgesamt (schneller) vorangebracht hätten. Ich selber gehöre nicht zu dieser Gruppe, sondern gehe eher davon aus, dass wir in Bezug auf das WWW von mindestens einem halben "verlorenen Jahrzehnt" ausgehen müssen, wenn nicht sogar einem ganzen. Wohlgemerkt, das ist Ansichtssache und in Ermangelung einer "Kontrollgruppe" schwierig zu belegen.
Wann steigt der Preis? Wenn es eine Nachfrage nach dem Bitcoin gibt. Und die Darstellung des Bitcoins als Drogengeld hat unter denjenigen eine Nachfrage am Bitcoin geschaffen, denen er eine Möglichkeit gibt, einen Kauf zu machen, der ohne den Bitcoin nicht möglich gewesen wäre.
Wie ich bereits erwähnte, fiel der Beginn der 2011er Blase nicht mit SR zusammen, sondern hatte seinen Anfang bereits vorher.
Um deine These zu untermauern, müsste man zunächst einmal ermitteln, wie viele bitcoins denn tatsächlich für SR Verwendung fanden. Davon abzuziehen wären aber ggf. alle bitcoins, die ausschließlich für den Zweck der Drogenbeschaffung erworben und sofort im Anschluss wieder auf den Märkten in Cash getauscht wurden. Diese wären für die Blase von 2011 nämlich größtenteils bedeutungslos (nicht vollständig bedeutungslos natürlich).
Hier mache ich mal einen Cut, die Diskussion über technologischen Fortschritt im Allgemeinen können wir in einem anderen Post weiterführen.
Was macht der Bitcoin derzeit möglich? Ich halte viel für möglich, aber bislang gibt es noch nicht so viel.
[...]
Welchen Nutzen hat es derzeit, einen Bitcoin zu haben? Welcher Aufwand, welches Risiko ist damit verbunden?
Der Nutzen muss höher als das Risiko/der Aufwand sein.
Bei welcher Bitcoin-Anwendung ist er das derzeit?
Bitcoin hat derzeit nicht allzu viele tatsächliche Anwendungsbereiche mit ausreichend großem Nutzen.
Der größte Bereich dürfte zugegebenermaßen die Spekulation sein.
In diesem Bereich sind Risiko bzw. Aufwand gegenüber dem Nutzen wohl klar. Hohes Risiko, hoher Aufwand aber eben auch ein erheblicher Nutzen für den Spekulanten, wenn er Erfolg hat.
Fast alle anderen Anwendungsbereiche sind nicht bitcoin-spezifisch. Es sind die Bereiche, für die man seit spätestens Mitte der Neunziger Jahre Lösungen sucht, von denen auch einige mehr oder minder Erfolg versprechend implementiert wurden.
Ich subsumiere das einfach mal unter dem Begriff "Money over IP", für den z.B. Netscape vor fast zwei Jahrzehnten eine eigene Wallet-Lösung entwickelt hat
http://news.cnet.com/Navigator-will-carry-digital-wallet/2100-1023_3-211858.html.
Die Kontrolle über ein allgemein akzeptiertes Bezahlsystem im Internet wäre die "Goldene Cashcow" für jedes Unternehmen. Entsprechend ehrgeizig hat jeder größere Player am Markt versucht, sein eigenes Süppchen zu kochen, um diesen Markt ja nicht einem anderen zu überlassen.
Aber es war immer klar, dass früher oder später ein gemeinsamer Standard gefunden werden müsste/würde, der die Insellösungen der jeweiligen Anbieter untereinander verbindet.
Es ist nicht so lange her, da hatte Compuserve sein eigenes Email-System, BTX, Minitel, AOL etc. ebenfalls.
Wer kann sich heute noch vorstellen, dass seinerzeit eine Email im BTX-System eine Gebühr (30 Pfennig pro Seite
) gekostet hat.
Email mit dem SMTP-Standard hat all diese Systeme heute erfolgreich abgelöst. Insellösungen gibt es noch vereinzelt, aber sie sind am aussterben.
Noch weniger Zeit ist vergangen, seit VOIP seinen Siegeszug durch die Netze der Telekom-Dienstleister angetreten hat. Diese haben sich nicht zuletzt deswegen mit Händen und Füßen gewehrt, weil sie gerade wenige Jahre zuvor Unsummen in den Ausbau von ATM- oder SONET-Netzen gesteckt hatten.
Wenn man so möchte, ist bitcoin für Bezahlsysteme, was SMTP für Email war. Es ist möglich, dass bitcoin bis zum Endanwender hin genutzt wird, aber ebenso denkbar, dass es ausschließlich zur Verbindung von Insellösungen bei Banken, Zahlungsdienstleistern, Kreditkartenanbietern etc. genutzt wird.
Die Anwendungsbereiche für bitcoin sind letztlich heute kaum abzuschätzen. Wer hätte schon gedacht, dass wir einmal das WWW nutzen würden, um Katzenfotos mit witzigen Sprüchen in großen weißen Buchstaben auszutauschen?
Dass diese Anwendungen heute entweder noch nicht existieren, oder noch nicht genutzt werden, ändert nichts an der Tatsache, dass für einen Investor mit klarem Kopf deutlich wird, welches Potential bitcoin bietet.
Und damit sind wir wieder bei der einzigen, heute verbreiteten Anwendung für bitcoin:
Spekulation. Nicht SR.