Wenn man sich etwas umsieht nach Bitcoins, die nicht mit KYC in Verbindung stehen, z.B. auf Bisq, Hodlhodl, Robosats, Peach, Mycelium, Automaten (welche die kein KYC verlangen) oder realen Treffen für Bitcoin gegen Cash, dann ist deutlich zu sehen, dass diese fast ausschließlich ÜBER dem Marktpreis gehandelt werden. So hat also der Markt schon entschieden, dass Coins ohne KYC mehr Wert sind.
Diese Schlussfolgerung würde ich so nicht ziehen. Es gibt nämlich vielleicht gerade bei Online-P2P (bei BTC gegen Cash eher weniger) noch einen anderen Grund: Chargebacks und andere Risiken wie gekaperte Konten. Eine Bitcoinzahlung lässt sich nicht zurücknehmen, Überweisungen und vor allem PayPal-ähnliche Wallets aber schon. Daher könnte der höhere Preis auch auf das erhöhte Risiko des BTC-Verkäufers zurückgehen.
Was für mich wichtig ist und ich nicht wirklich fündig werde: Was kann auf Codeebene getan werden, damit registrierte Miner (Identitätsbekannt gegenüber Staat) nicht zur Zensur gezwungen werden?
Ohne jetzt leider zu BIPs was sagen zu können: Die Idee, die ich vorhin erwähnte wäre etwa so:
- Bei einer Weitergabe der Transaktion zwischen Nodes signiert der empfangende Node die Transaktionsdaten und gibt sie an den sendenden Node zurück.
- Ein Miner darf nur Transaktionen einbauen, die er bereits mit dem Key signiert hat, der seiner Miningadresse entspricht. Somit können Nodes, die diese Signatur erhielten, nachweisen, dass er diese TX empfangen hat.
- Auch muss ein Miner alle Transaktionen einbauen, die er signiert hat und dem aktuellen Fee-Level entsprechen (genauer: es darf keine TX aufgenommen werden, die eine niedrigere Fee hat, als eine, die aufgenommen wurde.)
- Die Mining Rewards werden eingefroren.
- Es wird eine neue Rolle eingeführt: der "Challenger". Ein Node, der einem Miner z.B. in 1000 Blocks nachweisen kann, dass er die vorherigen Regeln missachtet hat (also eine TX eingebaut hat, die nicht signiert wurde, oder eine signierte TX mit höherer Fee als die TX mit der niedrigsten Fee abgelehnt hat) kann einen Block "challengen" (sorry fürs Denglisch, kenn kein gutes deutsches Wort dafür) und kann den Mining Reward in einem der nächsten Blöcke abziehen.
- Somit besteht ein Anreiz für Miner, alle Transaktionen mit passender Fee aufzunehmen, weil sie sonst ihren Blockreward wahrscheinlich verlieren.
(das ganze ist inspiriert vom Slasher-Konzept, das in Proof of Stake-Protokollen genutzt wird)
Ob sowas technisch möglich ist? Schwierig wird es besonders, nachzuweisen, ob man eine TX eingebaut hat, die nicht signiert wurde, weil ja eigentlich für alles, was nicht auf der Blockchain ist, wenn ich es richtig verstehe die "open world assumption" gilt (man weiß nicht, ob es geschah oder nicht). Theoretisch müssten die Miner daher besagte Signaturen in der Blockchain speichern. Vielleicht geht das über einen Merkle Tree bzw. einer "prunable" Nachricht, die nach 1000 Blocks (dann wird es eh irrelevant) wieder von den Fullnodes gelöscht werden kann. Hier gibt es sicher auch wieder Angriffsvektoren usw .... also trivial ist das auf keinen Fall ... vielleicht auch unmöglich, bin da kein Experte. Ich denke auch, wenn das gehen würde, müsste es schon irgendwo diskutiert worden sein.
Kann es mir grob vorstellen, aber dafür weiß ich zu wenig um die Auswirkungen beurteilen zu können. Wäre dann nach der Vorstellung jede Node ein Challenger? Wenn nein, wäre es wieder leicht angreifbar bzw. sehe ich Probleme der Dezentralität. Welche Auswirkungen hätten diese Signaturen auf die Blockgröße? Auch wenn sie später gelöscht werden, hm. Das kann ich nicht einschätzen. Grundsätzlich denke ich auch ähnlich, wie du unten schreibst. Gäbe es eine einfache und zugleich sichere Methode, wäre sie vermutlich schon lange implementiert worden. Je größer der Code ist, umso mehr Black Swans könnten letztlich auch passieren, weil man nie sicher Überblicken kann, welche Angriffsmöglichkeiten sich dadurch eventuell bieten würden.
Aber trotz allem wären dies ja nur Änderungen, die einen Miner aus ökonomischer Sicht zu weniger Zensur bringen. Ein ökonomischer Anreiz könnte aber wohl nicht schwerer wiegen, als ein staatliches Gesetz, das die Aufnahme von bestimmten Tx in einen Block verbietet. Die meisten Miner sind ja leider große Unternehmen die nicht anonym Minen können. Damit können sie Gesetze nicht ignorieren. Aus ökonomischer Sicht mache ich mir wenig Sorgen, dass hier Zensur betrieben wird. Macht wenig Sinn in meinen Augen. Die Opportunitätskosten wären doch schon sehr hoch, wenn der Blockreward weiter sinkt und man dennoch Tx nicht inkludiert, obwohl die Fee höher ist als von anderen Tx. Was ich mir vorstelle, kann wahrscheinlich gar nicht umgesetzt werden, weil ganz Bitcoin darauf aufbaut, dass Miner die Adressen kennen müssen, die sie in einen Block aufnehmen. Damit wäre es ja nur möglich sich staatlicher Regulierung zu entziehen, wenn Miner nicht in der Lage wären, zwischen bestimmten Transaktionen und Adressen zu wählen bzw. diese zu sehen.
Das einfachste um dem vorzubeugen ist wohl, niemals eine Adresse doppelt benutzen. So wird es schwieriger für Behörden bestimmte Adressen Blacklisten zu wollen. Spendenorganisationen sollten möglichst einen BTCPay-Server nutzen um immer eine neue Adresse für jeden auszugeben oder auf Paynyms setzen (super Sache, leider bisher kaum verbreitet. Unterstützt wird dies bisher von Samourai und Sparrow. Zumindest sind mir nur diese bekannt). Das schützt nicht vor allem, aber sicher doch enorm ohne dass man viel Wissen braucht.
Und ja, wie schon wer anders schrieb, ist die Vorstellung alle Zahlungsströme zu blockieren, falls das Geld zuvor irgendwann in kriminelle Machenschaften verwickelt war, ziemlich extrem. So funktioniert unser aktuelles Geldsystem auch nicht. Wäre auch unmöglich. Da Bitcoin aber noch so neu für viele ist und in den Köpfen der Regulatoren wohl auch noch nicht vorgedrungen ist, dass nicht alle kriminell handeln, die Bitcoin nutzen, kommen die Vorschläge zu Blacklisting, Analyse etc. denke ich häufiger als im traditionellen Finanzwesen. Wenn man die gleichen Personen nach Bargeld fragen würde, würden sie vermutlich größtenteils bestätigen, dass die Anonymität davon in Ordnung ist (abhängig vom Volumen der Transaktion).
Fazit: Bitcoin ist wohl das beste Tool für finanzielles Eigentum und Eigenständigkeit. Entfernen sich aber Staaten so weit von den Bürgern, dass diese nur noch gegeneinander arbeiten, kann auch das robusteste System nicht in die Gesellschaft gelangen. Damit finde ich mich zur Zeit ab. Was Druck auf "gute Regulierung" verschafft, sind eine große Anzahl an Befürwortern aus der Gesellschaft und eine möglichst heterogene noch dazu. Langfristig lassen sich so Verbote, Blacklisting etc. am wenigsten aufrechthalten. Passiert dies nicht, dann muss man vielleicht Bitcoin als gescheitert ansehen. Vielleicht braucht es auch erst mehr Beispiele von normalen Bürgern, die eine Mahlzeit mit Bitcoin bezahlen, ein Angreifer die Historie und zukünftige Tx prüft und es zu einer Straftat aufgrund von zu wenig Privatsphäre gibt, dass auch Behörden verstehen, dass es Privatsphäre auch auf Bitcoin braucht.