Naja, die Punkte sind alle seit jeher bekannt. Ich fass mal zusammen, dass nicht jeder das Video anschauen muss:
1) Lightning-Channels können jederzeit geschlossen werden, dann sind die Transaktionsgebühren (und eventueller Arbeitsaufwand) verloren.Stimmt, ist natürlich auch ein fundamentaler Grundsatz des Systems, sonst könnte Betrug nicht bestraft werden. Zwei Einwände aber von mir: 1) kann man den Channel ja in transaktionskosten-armen Zeiten, etwa am Wochenende aufbauen (dann zahlt man in der Regel unter 10 Cent pro Transaktion/Channel), somit sollten nur wirkliche Freaks mit Hunderten Channels auch hohe Kosten haben. 2) den Channel zu schließen kostet ebenso Transaktionsgebühren, das heißt, das wird man nicht "einfach so" machen.
2) Liquidität innerhalb der Channels ist unausgeglichen, "läuft" oft nur in eine Richtung.Das ist eher ein Thema für die, die versuchen, die Infrastruktur mit mehreren untereinander verbundenen Channels aufzubauen. Die Endnutzer werden davon eher nichts merken, für die ist Lightning eher als "Prepaid-Karte" anzusehen. Interessant fände ich z.B. die Option, Lightning-Liquidität mit Altcoins (die ja in der Regel wesentlich niedrigere Transaktionskosten haben) zu bezahlen. Aber es wird ja an Lösungen gearbeitet.
3) Technische Hürden, der Einsatz ist zu schwierig (Raspberry Pi einrichten usw.).Auch das ist eher was für 1) Merchants und 2) Leute, die Lightning als Infrastrukturaufbau betreiben, denn für den Endnutzer ist ein 24/7 Node eher ein "nice to have" als ein Muss. Ein "Standardprodukt" wäre hier die Lösung, nur ist wohl der Markt dafür noch zu klein. Dennoch scheint es schon ein paar Anbieter zu geben, wie
https://lightninginabox.co/, die aber doch recht teuer sind und eher für die "Infrastruktur-Betreiber" und Merchants gedacht sind. Für die Massen könnte man z.B. an ein Gerät denken, das Home-Server, Router, Smart-Home-"Kontrollzentrum" und Lightning-Node miteinander vereint, also alle Geräte, die man normalerweise 24 Stunden am Tag betreibt.
4) Lightning reicht nicht aus, um alle Menschen der Welt "onzuboarden". Die Transaktionen für die Channel-Eröffnungen würden zu lange dauern.Auch das ist richtig. Man muss sich aber fragen, ob es überhaupt notwendig ist, alle Menschen onzuboarden (es reicht ja oft auch ein Node pro Familie oder Freundeskreis, und der Rest kann man dann mit verschiedenen
Accounts regeln, oder mit Channel Factories wenn diese kommen). Und wenn ja, dann werden andere Skalierungstechnologien Lightning ergänzen müssen. Ich denke hier besonders an Sidechains (siehe das Drivechain-Konzept von Paul Sztorc, aber es gibt ja noch andere), aber, falls die Hürden dafür zu hoch sind, auch Statechains und eventuell Bitcoin-basierte algorithmische Stablecoins auf anderen Blockchains. Es ist auch ein Fehler in seiner Argumentation zu finden: Die Bitcoin-Blöcke sind keineswegs heute schon "alle voll", nur weil es einen Mempool gibt. Das stimmt nur zeitweise, und die durchschnittliche Größe der Blocks ist nur
rund 1-1.1 MB zur Zeit, die Kapazität liegt aber bei 1.7 bis 2.2 je nach Art der Transaktionen.
Dann gegen Ende kommt er zu Einbrüchen in der Zahl der Nodes, die von Zeit zu Zeit passieren, und dass das Netzwerk eigentlich zur Zeit stagniert. Stimmt alles. Der letzte Einbruch der Zahl der Nodes/Channels auf den bekannten Statistikseiten von Ende Dezember war mir noch nicht bekannt, müsste ich mal nachschauen, was da passiert ist. Vielleicht ein größerer Bug, der mehrere Tausend Nodes betraf. Oder ein "Riesenanbieter", der raus ist.
Insgesamt: Ja, er hat vielleicht Recht, es gibt noch jede Menge Kinderkrankheiten. Ich bleibe dennoch weiter optimistisch, wie gesagt kann man die meisten Probleme lösen und die fundamentale Begrenzung wegen der Blockchain-Kapazität wird meines Erachtens weniger relevanter sein als man denkt. Lightning ist nicht dazu da,
alle Probleme zu lösen, aber es vervielfacht die Kapazität des Netzwerks schon mit einer einzigen Technologie.
PS: Hab mal bei den
englischsprachigen Experten nachgefragt was da im Dezember mit den Nodes los gewesen sein könnte (Einbruch von ca. 16K auf 7K). Mir kommen inzwischen Zweifel dass der Node-Einbruch real ist, denn
1ml zeigt weiterhin über 16000 an.
PS2: Update: Dieser Meinung ist jedenfalls auch User n0nce, der sich bei LN gut auskennt. Es scheint sich also um ein Problem der beiden Websites und keinen echten Node-Einbruch zu handeln, die vielleicht auch noch beide das gleiche Datenset nutzen. Ich hab bei einer von beiden (lookintobitcoin.com) angefragt, aber noch keine Antwort erhalten. Es wäre halt schade, wenn die beiden einzigen Seiten, die Grafiken für LN-Statistiken erstellen, beide falsche Daten verbreiten ...