Ich bin bei meinen Streifzügen durch die Altcoinwelt auf das Proof-of-Burn-Prinzip (PoB) gestoßen, das neben Proof-of-Stake (PPC, Nxt ...) als weitere stromsparende Alternative zum Proof-of-Work (dem traditionellen Mining) in Frage kommen könnte.
Das Prinzip wurde von Iain Stewart "erfunden", eine englische Erklärung gibts im Bitcoin-Wiki:
https://en.bitcoin.it/wiki/Proof_of_burn (Einleitung ist allerdings veraltet, s.u.) Es gibt auch einen kurzen
BTCTalk-Thread.
Zugegeben, es hört sich auf den ersten Blick wie ein schlechter Witz an: Bei diesem Prinzip muss man Coins zerstören, also an eine Adresse ohne benutzbaren Private Key senden, um später Coins "minen" zu können. Als ich das erste Mal darauf gestoßen bin, habe ich PoB deshalb nicht besonders ernst genommen.
Aber der Grundgedanke ist bei näherem Hinsehen gar nicht mal so falsch, vielleicht sogar genial. Um den Sinn zu erfassen, vergleicht man es am besten mit den herkömmlichen Mining:
Bei Proof-of-Work geht es ja eigentlich nicht um eine möglichst hohe Hashrate, sondern darum, dass Angriffe böswilliger Teilnehmer möglichst aufwändig gemacht werden sollen. Deshalb ist es ja für die Sicherheit von BTC durchaus positiv, dass erfolgversprechendes Mining (und -Equipment) inzwischen teuer geworden ist. Die Leistung des Netzwerks in TH/s ist also nur Mittel zum Zweck, einen 51%-Angriff so teuer wie möglich zu machen.
Proof-of-Burn versucht nun, diesen Effekt ohne unnötigen Ressourcenverbrauch in der abgeschlossenen Welt einer Kryptowährung zu "simulieren". Wer bei PoB minen will, muss Coins zerstören und bekommt je nach Höhe des "verbrannten" Betrags eine Art Punktewert zugewiesen, den man mit der Hashrate eines Miners vergleichen kann. Dieser bestimmt die Chancen auf das Finden eines Blocks (und den dazugehörigen Reward). Stewart schreibt folgende Analogie: "Burnt coins are mining rigs".
Kurz gesagt: Man tauscht eine einmalige finanzielle Ausgabe (das "Verbrennen" der Coins) gegen regelmäßige Einkünfte ein. Wie man es ja auch beim Proof-of-Work macht, bei dem man zum Mining teures Equipment kaufen muss.
Wie bei Proof of Work ist die Idee, dass sich ein Gleichgewicht einstellt, in dem es für die Teilnehmer noch profitabel ist, PoB zu "minen", aber ein dem 51%-Attack entsprechender Angriff - etwa mit einer riesigen Transaktion hin zur Burn-Adresse - extrem teuer wird.
Inzwischen ist PoB kein rein theoretisches Konzept mehr, sondern wird von zwei kleinen Altcoins bereits verwendet. Mir sind bisher
Slimcoin und
TG Coin (wieder tot?) bekannt. Den entprechenden Threads entnehme ich zwar, das es durchaus noch Probleme und Fehler gibt, aber dabei scheint es sich um einfache Bugs zu handeln, die bei entsprechendem Engagement der Entwickler gefixt werden können. Counterparty, Chancecoin und Levelcoin nutzen PoB zwar zur Verteilung der Coins, ihr Sicherheitssystem basiert aber selbst nicht auf dem Proof-of-Burn-Prinzip.
Aus meiner Sicht stellen sich Vor- und Nachteile zu Proof-of-Work und zum "energiesparenden" Konkurrenzprinzip" Proof-of-Stake folgendermaßen dar:
Vorteile:
- Kein unnötiger Strom/Ressourcenverbrauch, der über den normalen Betrieb des Clients hinausgeht (gleicher Vorteil wie bei PoS).
- Das Mining ist anders als bei PoS mit unternehmerischem Risiko behaftet, da man Coins "verbrennen" muss, die ja nicht kostenlos sind, sondern entweder gekauft oder über PoW gemint werden müssen. Der "
Nothing-at-Stake-Attack", der als größtes (theoretisches) Problem von PoS angesehen wird, sollte damit bei PoB nicht relevant sein.
- Coins einfach zu horten wird nicht belohnt wie etwa bei PoS.
- Anders als bei Proof-of-Stake ist zum Generieren von Coins kein Hot-Wallet mit einem hohen Betrag notwendig (da bei PoS der Private Key regelmäßig in den Speicher geladen wird, besteht bei schlecht abgesicherten Rechnern Diebstahlgefahr).
- PoB könnte einen preisstabilisierenden Effekt haben (für mich als Stabilitätsfanatiker vielleicht der Hauptvorteil): Bei geringem Preis ist die Attraktivität, Coins zu burnen, höher, und die Geldmenge geht bei einer ausreichend hohen "Burn-Rate" zurück. Bei hohem Preis umgekehrt: Es werden weniger Coins "geburnt" und die Geldmenge dürfte tendenziell eher steigen (je nach dem, wie hoch der Blockreward ist und ob das Prinzip mit PoW oder PoS kombiniert wird).
- PoB könnte eventuell sogar bei good ol' Bitcoin eingeführt werden, da der konzeptionelle Unterschied zum Proof-of-Work kleiner ist als bei PoS.
Nachteile:
- Das Prinzip ist schwieriger zu erklären / verstehen, was man ja auch an der Länge dieses Postings sieht, die mir's aber wert war
- Die Sicherheit einer Kryptowährung mit PoB ist von ihrer Marktkapitalisierung abhängig. Kleine PoB-Coins können relativ einfach mit einer einmaligen Ausgabe angegriffen werden, was aber bei reinem PoS ähnlich ist.
- Wie bei PoS ist das Prinzip nicht geeignet, um die ersten Coins zu verteilen. Es benötigt also einen zusätzlichen Algorithmus (z.B. mit PoW kombiniert) oder ein IPO / initiale Verteilung.
- Eventuell ergibt sich eine Angriffsmöglichkeit aus einem Double-Spend hin zur "Verbrenn-Adresse". Die aber anders als beim bereits erwähnten "Nothing at Stake-Attack" mit einem Risiko behaftet wäre.
Ich teste jedenfalls gerade Slimcoin und habe den Client nach einigem Rumpeln (ausgerechnet gestern war ein Blockchainfork) zum Laufen bekommen und die ersten Cons geburnt. Mal sehen, ob ich einen Block finde