Ripple als "Schuldensystem" abzutun, trifft es meiner Meinung nach nicht.
Die Begriffe "Schulden", "Verbindlichkeiten", "IOU" (im Englischen) beschreiben leider häufig nicht klar genug, was Sache ist.
Man sollte unterscheiden zwischen Zahlungsverpflichtungen, denen ich jederzeit nachkommen kann, weil ich das Geld einfach im Safe habe, und Schulden, bei denen ich das Geld zur Fälligkeit erst mal ranschaffen muss (was auch ordentlich in die Hose gehen kann).
Die Gateways in Ripple sollten den Gegenwert der von ihnen ausgegebenen IOUs in Wallets oder auf Bankkonten haben, idealerweise sollte das per Audits regelmäßig geprüft werden. Damit sind die IOUs Zahlungsverpflichtungen, die sie jederzeit bedienen können. Die erhobenen Gebühren für Ein/Auszahlungen sollten zur Finanzierung der Gateways ausreichen, ein Verleihen der Guthaben sollte meiner Meinung nach ausgeschlossen sein.
Gateways sollten also ausschließlich auf Guthabenbasis arbeiten. Die IOUs, die dann auf Ripple gehandelt werden, haben dann tatsächlich immer den Nennwert und haben nicht den Character von "Schulden".
Der Hauptzweck von Ripple ist es dann, eine Handelsplattform für diese IOUs zu sein, der Wert der Ripple-eigenen Währung XRP ist im Prinzip zweitrangig. Sie können natürlich auch gehandelt haben, aber weil Ripple Labs den Großteil der verfügbaren XRP noch selbst hält und nach eigenem Gusto in den Markt bringen kann, würde ich definitiv nicht auf Wertsteigerung wie bei Bitcoin spekulieren. XRP behalten ihren Nutzwert zum "Bezahlen" der Handelsvorgänge, aber ob sie in 1 Jahr mehr oder weniger als 0.0000117 BTC wert sind, ist völlig unklar. In den letzten Wochen sind sie jedenfalls deutlich gesunken, vermutlich weil ein erheblicher Teil der WCG-Ausschüttungen in Bitcoins getauscht worden sind. Aber das ist Markt, finde ich überhaupt nicht tragisch (ich hätte meine überschüssigen XRP nur etwas früher tauschen sollen :-) )
Onkel Paul
Dass nach Bitstamp jetzt auch Fidor, und damit indirekt bitcoin.de und kraken auf der Ripple-Klaviatur spielen, besorgt mich sehr.
wieso besorgt dich Ripple sehr? Ripple hat doch unter einigen hier ebenfalls viel anerkennung und warum schafft das mehr Probleme als es löst?
Ich selbst hatte mich nur mal ganz grob in Ripple eingelesen. Soweit ich es verstanden habe ist es praktisch nur ein fortgeschrittenes Verschuldungssystem. Also genau dasselbe System wie Banken es bereits haben, nur eben schneller, sodass Überweisungen eben überall hin und in jeder Währung instant sind. Deswegen hat es auf mich den Eindruck, wenn man von Entwicklungsstufen ausgeht:
jetziges Fiat System -> Ripple -> Cryptos
Ripple kommt meiner Meinung nach also einfach zu spät, weil Cryptos eben nicht nur schnell zu überweisen sind, sondern auch von diesem Schuldensystem abweichen.
Meint ihr ich hab das ungefähr richtig verstanden?
Der Ripple selbst ist erstmal eine Crypto-Währung wie jede andere auch. Jedoch haben hier die Erschaffer durch vollständiges Premining einen gewaltigen Vorteil bei der Vermögensverteilung. Das ist ähnlich zu anderen Crypto-Coins, die am Start unfair verteilt wurden.
Wichtiger ist der Umstand, dass das Ripple-System zum Tausch beliebiger anderer Vermögenswerte dienen soll. Das könnten also Cryptocoins, Goldunzen oder Aktien sein. Wie du richtig bemerkt hast, werden innerhalb des Ripple-Systems jedoch quasi nur Schuldscheine zu den jeweiligen Vermögensgegenständen gehandelt. Nicht jedoch gehebelt, wie im Fiat-System. Die Umwandlung der Schuldscheine in die physischen Werte oder umgekehrt erfolgt durch sogenannte
Gateways, wie sie Bitstamp z.B. anbietet, oder Fidor anbieten will.
Hier beginnt das Problem. Dieses System wird Betrüger anziehen, die Gateways für einen vorübergehenden Zeitraum aufbauen werden. Oder einfältige Akteure, die ebenfalls Gateways aufbauen, ohne die Konsequenzen zu bedenken. Um das Problem voll zu erfassen, ist es hilfreich, sich in die Lage großer Akteure zu versetzen.
Ich bin jetzt Dagobert Duck und suche mir ein Gateway, dem ich meine Goldmünzen anvertraue. Dafür wird mir das Gateway Schuldscheine in gleicher Höhe im Ripple-System gut schreiben. Jetzt ist das verwendete Gateway im Besitz eines Berges Goldmünzen, für die es Lagerkosten zahlen müsste. Ich, Dagobert Duck, bin im Besitz eines Stapels von Goldunzen-Gutscheinen im Ripple-System.
In einem anderen Gateway möchte irgend eine andere Person des Ripple-Systems aus seinen Schuldscheinen über Goldmünzen eine Entnahme tätigen. Das Gateway wird also die Schuldscheine in physische Goldmünzen umwandeln und dem Ripple-User übergeben. U. U. muss sich das Gateway diese Goldmünzen noch beschaffen, wenn sie nicht auf Lager sind.
Die Gateways können sich in ganz unterschiedlichen Ländern/Erdteilen dieser Erde befinden, und die Akteure sind immer nur temporär. Wo das schon nach wenigen Jahren hinführt, dürfte jedem schnell klar werden. Die Ripple-Gateways werden entweder aus Betrügern oder Ahnungslosen bestehen. Sobald das erste betrügerische Gateway auffliegt, wird das Ripple-System kollabieren. Das könnte dann auch aufgrund seiner Größe ein weltweites Verbot für Crypto-Currencies auslösen, schließlich wären auch regulierte Banken beteiligt.
Dagobert Duck würde das natürlich nicht machen, ebenso kein anderer großer Fisch, der noch alle Sinne beisammen hat.
Umso wichtiger ist es das die Gateways und Exchanges unter Aufsicht stehen und eine Regulierungsbehörde Vorgaben macht... ;-)
bei XRP geht's übrigens grad gut ab... macht - im Vergleich zum BTC - auch Spass da zu traden ;-)
Eine Regulierung wäre nötig, ist aber bei einem solchen globalen System nicht zu erwarten. Z. B. könnte eine solche Regulierung vorschreiben, dass die Vermögen physischer Werte eines Gateways vom Staat eingelagert und überwacht werden, damit sie bei der Entnahme an einem anderen Gateway wieder zur Verfügung stehen.
Obwohl ich die Aufgaben eines Staates für wichtig und notwendig halte, zweifele ich sogleich an der Umsetzbarkeit, wenn ich an den Verdacht denke, dass die USA ihr eigenes Goldlager in New York womöglich leergeräumt/veruntreut haben. Die Länder müssten die physischen Werte über Ländergrenzen dorthin verfrachten, wo es von anderen Gateways wieder ausgegeben wird. Wie sollte es jemals funktionieren, wenn nicht mal den Staaten vertraut werden kann?
Da ich dem Ripple nicht vertraue, handele ich nicht damit. Er hat für mich den fairen Wert 0, deshalb besitze ich auch 0 davon. Das ist meine persönliche Einschätzung, keine Empfehlung. Ich gehe davon aus, dass die Schöpfer des Ripple die Konsequenzen sehr wohl kennen. Wenn es passiert, werden sich diese eigentlich intelligenten Menschen dumm stellen, und einfach sagen, ihr System wurde halt missbraucht, da kann man nichts machen. Und das schöne ist ja, dass gemäß unserem Modell des Homo Oeconomicus alles jedem rechtzeitig bekannt gewesen sein muss, also braucht sich niemand zu beschweren. So nimmt man Menschen auf der Straße aus, die bei den Komplexitäten die Übersicht verloren haben. Und deshalb braucht es Regulierung, sonst gibt es wieder Krieg, Mord und Totschlag.
Habt ihr schon mal von einem reichen Menschen in Derivaten gehört? Die reichen Menschen halten jeweils die einfachste und direkteste Form von Geldanlagen: physisches Gold, Aktien, Gemälde, Oldtimer, Häuser, Land, Rennpferde, Bitcoins (neu
)...