http://www.wsj.de/article/SB10001424052702303480304579577491462135108.html"Bitcoin reloaded elektrisiert die Profis"
Wall Street Journal, 22. Mai 2014
stellenweise interessanter artikel
Starkes Protokoll
Neben den vielen in der Öffentlichkeit diskutierten Schwächen hat das Bitcoin-Konzept Stärken, die es interessant macht für die Abwicklung elektronischer Zahlungstransaktionen. Hinter dem Konzept steht ein Protokoll, wie Zahlungsinformationen über ein elektronisches Netzwerk gesendet und empfangen werden. Protokolle definieren Standards, ähnlich wie das Hypertext Transfer Protocol (HTTP) für die Darstellung von Webseiten oder das Simple Mail Transfer Protocol (SMTP) für das Senden und Empfangen von Mails.
Interesse der Profis steigt
Der internationale Geldtransfer lässt sich mit der Bitcoin-Technologie erheblich beschleunigen und vor allem zu geringeren Kosten abwickeln. Das sorgt das steigende Interesse auch der etablierten Zahlungsdienstleister und anderer Unternehmen. Diese Kosten entstehen heute durch die zum Teil sehr langen "Nahrungsketten" im Zahlungsverkehr. Wird heute bargeldlos Geld transportiert, dann sind daran bis zum juristischen Abschluss inländischer Zahlung mindestens fünf Instanzen beteiligt, wenn Zahler und Zahlungsempfänger Konten bei verschiedenen Banken haben. Bei Karten-, mobilen und internationalen Bezahlverfahren werden es schnell 10 und mehr Stationen, durch die der Zahlungsprozess technisch führt (eine kurze Darstellung internationaler Banktransfers mit Grafiken bietet Paymentsviews). Bitcoin-Dienstleister wie Bitpay bezeichnen die Technologie, mit der Visa und Mastercard arbeiten, als antiquiert.
Aber auch der für Banken für internationale Zahlungs- und Abwicklungsdaten wichtige belgische Anbieter Swift, dessen Quasi-Monopol manch einer Bank ein Dorn im Auge ist, könnte über Bitcoin-ähnliche Protokolle Konkurrenz bekommen. Dabei geht es weniger darum, dass Bitcoins in der heutigen Ausprägung den Euro und Dollar ablösen, sondern dass diese Technik verwendet wird, um Euro- und Dollar Zahlungen sicher durchzuführen. Kein Wunder also, dass sich SWIFT intensiv mit neuen Entwicklungen im Digital Finance befasst, wie etwa durch die Förderung des Wettbewerbs Innotribe.
Bitcoin-ähnliche Protokolle könnten übrigens auch das fehlende Bindeglied zwischen den vielen verschiedenen untereinander nicht kompatiblen online- und mobilen Zahlungsverfahren sein. Gerade bei den mobilen Zahlungsverfahren verhindern die vielen proprietären Lösungen verschiedenster Technologieunternehmen die breite Akzeptanz.
aber auch schlussfolgerungen, welche die augenbrauen nach oben ziehen:
Die Schwächen der gegenwärtigen Version von Bitcoin sehe ich vor allem in der eingebauten Deflation durch die Mengenbegrenzung. Wenn immer mehr Menschen Bitcoins verwenden, um immer mehr Produkte und Leistungen damit zu bezahlen, dann muss der Preis für Bitcoins in lokaler Währung zwangsläufig steigen bzw. die Preise in Bitcoins für Produkte ständig sinken. Erwarten die Käufer dies, dann werden sie eher Bitcoins horten statt sie auszugeben. Ich habe bisher noch kein plausibles Argument dagegen gehört. Damit einhergehen starke spekulative Kursschwankungen und hohe Kontrahentenrisiken beim Umtausch über Handelsplätze mit zweifelhafter Bonität, wie Mt. Gox. Das alles ist freilich überwindbar für ein Bitcoin 2.0 oder gar ein EuroBitcoin oder DollarBitcoin, bei denen die Umtauschrisiken komplett eliminiert werden.