Darüber, wie "echtes" Geld entsteht, und einzig entstehen kann, bietet uns Murray Rothbard in seinem Buch "Das Scheingeldsystem" folgende, meiner Meinung nach einzig richtige Erklärung:
"...Dieser Prozeß, die kumulative Herausbildung eines Tauschmediums auf dem freien Markt - ist der einzige Weg, auf dem Geld eingeführt werden kann. Geld kann nicht anders entstehen - weder dadurch, daß sich alle plötzlich entscheiden, Geld aus nutzlosem Material zu erschaffen, noch dadurch, daß Regierungen Papierschnipsel “Geld" nennen. Denn in der Geldnachfrage ist das Wissen um die Geldpreise der unmittelbaren Vergangenheit enthalten; im Gegensatz zu direkt verwendeten Konsum- oder Investitionsgütern müssen im Falle von Geld bereits Preise existieren, auf denen sich dann eine Geldnachfrage entfalten kann. Doch dazu kann es nur kommen, wenn die spätere Geldware zunächst als nützliche Ware im Naturaltausch auftritt und sich dann die Nachfrage für den Tauschmittelgebrauch zu der Nachfrage für den direkten Gebrauch (im Falle des Goldes z.B. für Schmuck) gesellt. Daher kann keine Regierung Geld für die Wirtschaft schaffen; Geld kann nur durch die Vorgänge auf dem freien Markt entwickelt werden.
Aus unserer Erörterung ergibt sich eine höchst wichtige Erkenntnis über Geld: Geld ist eine Ware. Diese einfache Lektion zu lernen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Welt..."
Ausführlicheres Zitat auf meinem Blog
http://rider650.tumblr.com/Nun stellt sich mir folgende Frage: Sind Bitcoins nach dieser Definition Geld? Und wenn nicht, wie relevant oder gar wie gültig ist diese Definition überhaupt?
Fakt ist, dass unser täglich verwendetes FIAT-Zentralbankgeld nach dieser Definition kein echtes Geld ist, sondern nur eine Geld-Fiktion. Es hat sich nicht auf dem freien Markt im Wettbewerb durchgesetzt, sondern die Menschen werden durch den örtlichen Monopolisten der Letztentscheidungsfindung (a.k.a. Staat) mit Waffengewalt zur Verwendung gezwungen. Wer das anzweifelt, dem sei die Lektüre des Bundesbankgesetzes empfohlen. Dort heisst es in § 14, Absatz 1:
" Die Deutsche Bundesbank hat (…) das ausschließliche Recht, Banknoten im Geltungsbereich dieses Gesetzes auszugeben. Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel."
Desweiteren in § 35, Absatz 1:
“Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, 1. wer unbefugt Geldzeichen (Marken, Münzen, Scheine oder andere Urkunden, die geeignet sind, im Zahlungsverkehr an Stelle der gesetzlich zugelassenen Münzen oder Banknoten verwendet zu werden) oder unverzinsliche Inhaberschuldverschreibungen ausgibt, auch wenn ihre Wertbezeichnung nicht auf Euro lautet; 2. wer unbefugt ausgegebene Gegenstände der in Nummer 1 genannten Art zu Zahlungen verwendet. (2) Der Versuch ist strafbar." Zusammengefasst, jeder muss Euro annehmen, wenn sie ihm zur Begleichung von Schulden präsentiert werden; wer versucht, mit den Mitteln des Wettbewerbs etwas besseres als den Euro zu schaffen, wird beraubt oder weggesperrt. Euro sowie sonstige FIAT-Währungen sind also nach Rothbards Definition gründlich disqualifiziert.
Wie schaut es nun mit Bitcoins aus? Es wird mit Sicherheit niemand gezwungen, Bitcoins anzunehmen, die Gesetze des Wettbewerbs gelten also für sie. Außerdem sind sie nur begrenzt vorhanden, wie die klassischen Warengelder Gold und Silber. Der gewaltsame Zugriff von Zwangsmonopolisten auf das Bitcoinsystem wird durch den Peer-to-peer Charakter des Systems extrem erschwert, was sicher ein Vorteil gegenüber physischem Metall ist. Aber sind Bitcoins nun eine Ware? Immerhin kann ich sie nicht anfassen, sie sind rein virtuell. Und sie haben abgesehen von der Zahlungsmittelfunktion absolut Null Wert, eine Entwicklung aus dem Tausch nützlicher Waren, wie Rothbard sie beschreibt, hat also nicht stattgefunden. Was hat nun den allerersten Bitcoinempfänger dazu gebracht, Bitcoins als Zahlungsmittel zu akzeptieren? Nun, ich denke es wird die Erwartung gewesen sein, dass andere seinem Beispiel folgen werden. Was hat ihn zu dieser Erwartung veranlasst? Er wird sich vermutlich gedacht haben: “Hey, Bitcoins sind eine coole Idee. Ich habe Geld mit einer eingebauten Onlinebank, es ist uninflationierbar, und sicher vor dem Zugriff durch Regierungen und Zentralbanken." Dieser Zusatznutzen hat sozusagen von der ersten Minute an in den Bitcoins dringesteckt. Und er stellt meiner Meinung nach den präexistierenden Warenwert von Bitcoins da - sozusagen der automatische Anteilserwerb an der fiktiven Bitcoinbank. Dies ist zwar kein Nutzen abseits des Nutzens als Tauschware, aber dieser Tauschwarennutzen war quasi von der Stunden Null an auf ein Level erhoben, welches Gold, Silber, Zigaretten in Kriegsgefangenenlagern etc. erst nach einer gewissen Verwendungsdauer als Tauschmittel hatten.
Wie seht ihr das, oder ist euch die Frage völlig wurscht, da ihr Rothbards Definition eh für falsch oder irrelevant haltet?