(Thread umbenannt: Neben LN dürfen auch anderen "Second Layer"-Technologien wie Sidechains und Extension Blocks hier diskutiert werden)Ich würde hier gerne mal einen Thread zum Lightning Network aufmachen (hab im deutschen Unterforum keinen gefunden, außer einer Pressemeldung).
Das ist sicherlich eine der kontroversesten Entwicklungen, die in der Zukunft bei Bitcoin anstehen. Einige sehen es als Allheilmittel an, andere als Gefahr, die zu einer verstärkten Zentralisierung führen könnte. Ich befasse mich z. Zt. etwas damit. Deshalb würden mich ein paar Meinungen der hiesigen Community interessieren.
Was ist das Lightning Network?Ich beschränke mich mal auf eine ganz einfache Erklärung. Wer Details wissen will, kann z.B.
hier (dreiteilige Erklärung auf Englisch) oder
hier (deutsche Erklärung) nachlesen.
Grundsätzlich geht es darum, Zahlungskanäle zwischen zwei Personen aufzubauen. Ein Zahlungskanal kann z.B. zwischen einem Kunden und seinem Supermarkt aufgebaut werden. Über diesen Kanal kann er alle Produkte zahlen, die er kauft.
Der Knackpunkt: Anders als bei regulären Bitcoin-Transaktionen wird nicht jede Transaktion in der Blockchain festgehalten, sondern im Idealfall nur die erste Transaktion, mit welcher der Kanal eröffnet wird (und eventuell eine zweite, wenn der Kanal wieder "geschlossen" werden soll). Die anderen Transaktionen werden nur zwischen den beiden Parteien, die den Kanal betreiben, ausgetauscht.
Dass dabei nicht getrickst werden kann, wird über eine Art Smart Contract sichergestellt (Details siehe die obigen Links).
Man kann sich dies mit einer Analogie vorstellen: Man bucht eine größere Geldmenge auf eine Prepaid-Karte und zahlt dann mit dieser im Supermarkt. Man braucht dann nicht ständig auf das Hauptkonto zurückgreifen.
Das Lightning Network soll aber noch mehr können: Man soll damit auch Zahlungen zu Bitcoin-Adressen durchführen können, zu denen man selbst keinen direkten Zahlungskanal aufgebaut hat. Entweder soll dies über zentralisierte Anbieter mit Tausenden Kanälen zu allen möglichen Konteninhabern oder aber über ein dezentrales "Routing" über mehrere Adressen hinweg geschehen.
Das LN-Projekt ist übrigens grundsätzlich eine Open-Source-Anwendung. Es gibt mehrere Implementierungen, die alle noch experimentell sind und erst nach der Aktivierung von SegWit funktionieren werden (z.B. von Blockstream und
http://lightning.network).
Was sind die Vorteile?Befürworter des Lightning Networks erhoffen sich, dass dadurch weniger Blockchain-Transaktionen notwendig werden. Pro Kanal können beliebig viele Zahlungen geleistet werden, es entstehen in der Regel jedoch nur zwei Blockchain-Transaktionen. Damit würde die Blockchain weniger belastet und könnte noch lange mit kleinen Blöcken auskommen.
Zudem sollen die Zahlungen sofort eine Sicherheit besitzen, die mit einer Confirmation im Bitcoin-Netzwerk vergleichbar ist (deshalb auch der Name "Lightning" = "Blitz").
Welche Nachteile werden befürchtet?Einige Gegner befürchten, dass das Lightning Network nur dann möglich sein würde, wenn es große zentralisierte Anbieter ("Supernodes" oder "Hubs") gibt, über die die allermeisten Zahlungen laufen würden (und die z.B. auch Gebühren nehmen könnten). Diese könnten zwar nicht "mit dem Geld abhauen" (wie etwa bei einem IOU oder einer herkömmlichen Börse), aber doch Einfluss darauf nehmen, z.B. welche Zahlungen akzeptiert werden und welche nicht.
Auch müssten Empfänger und Sender bei einer LN-Zahlung beide gleichzeitig online sein, genau so wie alle Zwischenstationen. Das ist bei einer regulären Bitcoinzahlung nicht der Fall.
Ein dritter Nachteil könnte sein, dass es schwierig sein dürfte, viele Nutzer zu finden, die ihre BTC in einem "Zahlungskanal" quasi "kaltstellen" möchten, solange der Bitcoinpreis so volatil wie z.B. Anfang 2017
ist. Viele User könnten bei einem Kursrutsch alle ihre Kanäle sofort schließen oder alle BTC (gegen Güter oder andere Währungen) verkaufen. Dann wäre der Vorteil der "geringeren Blockchain-Belastung" dahin - es ist bei sehr starken Schwankungen eher eine höhere Transaktionszahl als heute zu erwarten.
Eine unaufgeregte, aluhut-unverdächtige Zusammenfassung einiger befürchteter Nachteile findet sich
hier.
Was meint der Threadstarter? Ich finde, ausprobiert werden sollte es auf jeden Fall. Ich habe aber den leisen Verdacht, dass es wegen seiner Nachteile eine Nischenanwendung bleiben wird, die nur bei sehr kleinen Micropayments interessant sein wird - zumindest, solange Bitcoin nicht einen "stabilen" Kurs erreicht hat und nicht (nahezu) jeder Bitcoin-Nutzer eine echte Wallet hat und diese ständig online lässt.