Damit eine Inflation (Preissteigerung der Konsumgüter) entsteht, muß das Geld in der Realwirtschaft ankommen. Was macht Draghi?
Draghi kauft Wertpapiere, vor allem Staatsanleihen vom Sekundarmarkt (Banken) auf. Die Banken haben dann Cash statt Anleihen. Die EZB argumentiert, sie verbessere damit die Liquidität von Banken, damit diese wieder mehr Kredite vergeben könnten, um damit die Wirtschaft anzukurbeln und die Geldmenge zu erhöhen. Stimmt das?
Dazu muß man mal wissen, wie die Geldmengenausweitung in unserem Geldsystem funktioniert: Jede Geschäftsbank weitet die Geldmenge aus, wenn sie einen Kredit vergibt. Es ist nicht so, dass die Bank die Einlagen der Kunden verwendet, um diese dann zu verleihen. Die Sparquote ist völlig egal. Die Bank kann durch die Kreditvergabe Geld (Giralgeld) schöpfen. Alles was sie dazu braucht, ist eine Mindestreserve bei der EZB. Diese Mindestreserve beträgt 1% von der Kreditsumme. Die Bank hat also die Möglichkeit um den Faktor 100 zu hebeln. Allein diese Tatsache zeigt, dass die Liquidität wohl nicht das begrenzende Limit bei der Kreditvergabe sein kann. Da spielen andere Faktoren wie die Eigenkapitalquote eine stärkere Rolle. Aber auf die Eigenkapitalquote hat das Aufkaufprogramm keinen Einfluss. Die Bank kann übrigens auch Staatsanleihen als Mindestreserve bei der EZB hinterlegen. Für die Bank ändert sich durch das Aufkaufen eigentlich nichts, was die Liquidität für die Kreditvergabe verbessern würde. Die Liquidität der Banken war niemals der Grund für die Kreditklemme. Die Kreditklemme hatte ganz andere Gründe.
Die Banken haben jetzt aber Cash statt Wertpapieren. Sie werden jetzt natürlich mit diesem Cash auf den Finanzmärkten einkaufen, um Gewinn zu machen. Sie werden auch wieder frische Staatsanleihen kaufen, wozu sie ja von den Staaten gesetzlich genötigt werden. Das ist auch genau die Stossrichtung von Draghi: frisches billiges Geld für die maroden Staaten. Dazu erhofft man sich noch ein Anheizen der Inflation, um die Schulden weginflationieren zu können. Die Subvention des Finanzmarktes nimmt man dafür in kauf. Defacto ist das Anleihenkaufprogramm nämlich eine Subvention des Finanzmarktes. Die Börsen jubeln.
Von Inflation spricht man aber nur, wenn die Konsumgüter im Preis steigen. Steigen die Vermögensgüter im Preis (Vermögensgüterinflation) dann spiegelt sich das nicht in der Inflationsrate wieder. Eine Vermögensgüterinflation ist ein Vermögenszuwachs für die Anleger, also die Vermögenden. Bezahlen tun es die Geldhalter, weil die Kaufkraft des Geldes im Verhältnis zu den Vermögensgütern sinkt. Das Draghi Programm ist also eine Umverteilung von 1200 Milliarden Euro von den Geldhaltern zu den Vermögenshaltern und den Staaten. Von unten nach oben also.
Damit das Geld in der Realwirtschaft ankommt, müsste es nämlich über den Weg der Kreditvergabe in der Wirtschaft landen. Es wird natürlich auch zu einer Inflation der Konsumgüter kommen, sprich zu einem Ansteigen der Investitionen und Kredite. Das ist aber nicht Draghi geschuldet, sondern dem gefallenem Ölpreis. Dieser Ölpreis löst Investitionen aus. Diese durch den niedrigen Ölpreis ausgelösten Invests sind aber nur wirtschaftlich, wenn der Ölpreis auf diesem Niveau bleibt. Steigt der Ölpreis wieder, dann sind diese Invests wieder abzuwickeln. Wären die Invests nämlich auch bei höheren Ölpreis wirtschaftlich, dann wären sie ja bereits vorher, also bei höherem Ölpreis, ausgelöst worden.
Der Ölpreis wird steigen, und der Aufschwung wird ein Strohfeuer sein. Ressourcenverschwendung halt, weil die Ressourcen, welche jetzt in das billige Öl wandern eben nicht für andere, zukunftsträchtigere Projekte zur Verfügung stehen. Trotzdem werden wir Draghi in Kürze als Genie bewundern, weil die Wirtschaft wächst, die Inflation steigt.
Draghi manipuliert auch den Zinsmarkt für die Staatsanleihen mit dem Programm. Allein die Ankündigung des Aufkaufes lassen die Zinsen der Staatsanleihen ins Bodenlose sinken. So können sich Pleitestaaten wieder am Kapitalmarkt frisch eindecken. Dazu muß man aber wissen, dass Staaten Anleihen nicht zurückzahlen. Sie tilgen fällige Anleihen immer durch die Aufnahme von neuen Anleihen. Sie rollen also die Verschuldung vor sich her, in der Regel mit steigender Tendenz. Wenn jetzt Draghi sein Programm beendet, dann müssen die Staaten wieder normale Zinsen für die Anleihen zahlen. Der Finanzmarkt ist sehr realistisch in der Einschätzung der Lage. Er hat z.B. erkannt, dass Griechenland nicht fähig und willens ist, seine Schulden zurückzuzahlen. Das hat die Zinsen für die griechischen Staatsanleihen in die Höhe getrieben, und die Rettungsprogramme für Griechenland notwendig gemacht. Durch die Rettungsprogramme war es Griechenland wieder möglich, sich billig mit frischem Geld zu versorgen. Das Resultat dieser Politik können wir jetzt beobachten.
Durch die Möglichkeit der Verschuldung mit neuem billigen Geld wird der Spardruck und der Reformdruck von den Staaten genommen. Endet das Programm, dann haben die Staaten eine höhere Verschuldung, und damit ein grösseres Ausfallsrisiko. Das heisst, sie müssen am Finanzmarkt noch höhere Zinsen zahlen. Das können die Staaten aber nicht. Draghi muß dann sein Ankaufsprogramm zur Dauereinrichtung machen. Er hat damit ein neues Geld geschaffen: Der Schwundeuro. Zumindest haben wir dann das Griechenlandproblem gelöst, wir sind dann alle Griechenland.
Den Zusammenhang von fallenden Zinsen und steigenden Schulden erklärt übrigens Thorsten Polleit hier:
https://www.youtube.com/watch?v=UBZ03eKjH3wDas Video ist aus 2012. Beachtenswert sind aber die Grafinken mit der Gegenüberstellung der Leitzinsen und der Verschuldung.