Es wird ja immer wieder betont, wie wichtig es doch sei, zu diversifizieren. Man solle nicht alles auf einen Coin setzen und das investierte Geld lieber stückeln, um von einigen Kryptowährungen einen Anteil zu besitzen, damit man das Risiko streut.
Soweit hört sich das auf den ersten Blick gut an aber was ist da in Wirklichkeit dran?
Ist Diversifikation bei Kryptowährungen überhaupt anwendbar?Da dieser Ratschlag wohl aus dem Bereich der traditionellen Anlageklassen, wie Aktien oder Edelmetalle, zu kommen scheint, muss man erst einmal schauen, ob dieser auch bei Kryptowährungen anwendbar ist.
Hinter Aktien stehen meist große Firmen, die sich bereits am Markt etabliert haben und die Gefahr eines großen Verlustes ist deutlich geringer, besonders wenn man auf die Top-Aktien setzt, wie die Dax 30. Auch Edelmetalle wie Gold und Silber werden nicht vom einen auf den anderen Tag wertlos, daher ist dort ein großer Verlust ebenfalls sehr unwahrscheinlich.
Nimmt man jetzt als Vergleich zu den Dax 30 die Coinmarketcap 30, wird man schnell erkennen, dass sich dort sehr viele Shitcoins tummeln, selbst wenn es die TOP 30 aus mittlerweile mehr als 10.000 Kryptowährungen sind. Sogar in den TOP 10 kann man guten Gewissens mindestens 50% als Shitcoins bezeichnen, wenn manche davon nicht sogar Scam sind.
Die meisten dieser Projekte sind noch in einer sehr frühen Phase und selbst Ethereum ist sich immer noch nicht sicher, ob das mit dem PoS wirklich klappt (sowie diverse weitere Problemchen). Ethereum ist aktuell auf dem zweiten Platz, über die Spekulativität der schlechter platzierten Coins sagt das sehr viel aus. Ein Verlust von mehr als 90% ist, wie die letzten 2 Jahre gezeigt haben, nicht unüblich. Solch etwas wäre bei Aktien als auch bei Edelmetallen oder Immobilien etc. nicht denkbar.
Kryptowährungen sind von ihrer Struktur schlicht damit nicht vergleichbar, wo die Strategie des Diversifizierens bisher angewandt wurde, da die Rahmenbedingungen andere sind. Sie bieten deutlich höhere Renditen aber dafür auch ein deutlich erhöhtes Risiko.
Was war in der Vergangenheit richtig – Diversifizieren oder nicht?Bei Kryptowährungen hat sich in den letzten beiden Jahren gezeigt, dass ein möglichst großer Anteil an Bitcoin die beste Entscheidung gewesen war. Man mag im Nachhinein immer sagen können, dass Coin xy Bitcoin ausperformt hat aber wenn man die meisten bekannten Altcoins analysiert, so haben diese seit dem Allzeithoch 2017/2018 zwischen 80 bis 95% verloren, während Bitcoin seitdem nur 50% verloren hat. In Fiat gerechnet heißt das also, dass man bei einem reinen Investment in Bitcoin mehr Geld gerettet hätte, nämlich 250% bei 80% Verlust der Altcoins und sogar 1.000% bei 95% Verlust der Altcoins. Hätte man zum ATH 1000$ investiert, hätte man nun noch 500$ in Bitcoin, jedoch nur 200$ in Shitcoin A mit einem Verlust von 80% und nur noch 50$ bei Shitcoin B mit einem Verlust von 95%. Oder die folgende Tabelle:
Währung | Investment bei Allzeithoch | Wertverlust nach Allzeithoch | verbleibender Wert aktuell |
___________________________________________________ | ________________________ | _________________________ | ______________________ |
Bitcoin | 1000$ | 50% | 500$ |
Shitcoin A (sagen wir Litecoin, damals Platz 7) | 1000$ | 80% | 200$ |
Shitcoin B (sagen wir NEM, damals Platz 6) | 1000$ | 95% | 50$ |
Man merkt also schnell, dass eine Diversifizierung auf mehrere Top 10 Coins sehr kontraproduktiv war, als wenn man einfach alles in Bitcoin investiert hätte. Zwar gibt es auch einzelne Kryptowährungen, die Bitcoin ausperformen, allerdings fällt das bei einer Diversifizierung kaum ins Gewicht. Und genau diese Kryptowährung zu erwischen ist zwar möglich, aber eben spekulativ. Zudem wäre auch das das Gegenteil von diversifiziert.
Wenn man also viele verschiedene Coins hält und „diversifiziert“, verlor man deutlicher als wenn man einfach nur Bitcoin gekauft hätte.
Inwieweit diese Rechnungen relevant für die Zukunft sind, muss man sehen. Im Vergleich dazu haben viele Altcoins Bitcoin im letzten Bullenmarkt ausperformt. Dass es dieses Mal erneut so sein wird, gilt als unwahrscheinlich, insbesondere aufgrund der großen Masse an mittelmäßigen Altcoins mit gleicher Zielgruppe.
Andere Probleme des Diversifizierens: Arbeitsaufwand, mögliche Steuern, versehentliches Versenken der Coins und die Gefahr vor MalwareEin stark diversifiziertes Portfolio bringt weitere Dinge mit sich:
Es gibt einen nicht unerheblichen
Arbeitsaufwand:
- Die Projekte müssen analysiert werden, ob sie überhaut zukunftsfähig sind. Man könnte auch blind etwas auf alle TOP 10 Coins verteilen aber das wäre nicht so schlau.
- Man sollte die Projekte generell regelmäßig verfolgen, um rechtzeitig verkaufen zu können, wenn die generelle Strategie in Schieflage geraten sollte. Dies hätte zur Folge, dass man
viel Zeit investieren muss, je mehr Coins man von unterschiedlichen Projekten besitzt.
- Man muss sich in die Technik einlesen, wie die Projekte funktionieren und gegebenenfalls eine eigene Wallet dafür erstellen. Das wäre insbesondere für Neulinge sehr mühsam und würde die Gefahr bringen, dass man durch eine falsche Aktion die
Coins versenkt, wenn man sie unsachgemäß verwendet. Bei einer Installation von diversen Wallets gibt es ebenfalls die Gefahr,
Malware herunterzuladen mit allen Konsequenzen.
- Es fallen gegebenenfalls
Steuern an, wenn man innerhalb der Jahresfrist Bitcoins in Altcoins tauscht und dabei signifikanten Gewinn macht. Dann ist eine gegebenenfalls arbeitsaufwändige Dokumentation nötig.
Besitzt man lediglich einen oder wenige Coins, minimieren sich diese Faktoren stark.
Final lässt sich also sagen: Kryptowährungen sind generell riskant und spekulativ, eine hohe Gewichtung an Bitcoin im Portfolio ist jedoch am wenigsten spekulativ, am wenigsten riskant und am wenigsten Arbeit. Je mehr Altcoins man stattdessen kauft, desto spekulativer, riskanter und mehr Arbeit wird alles.