Gäbe es eine Hintergrundimmunität von (nur so als Beispiel) 50%, müssten in diesen Gegenden die Fallzahlen halbiert sein. Sind sie aber nicht.
Welche Fallzahlen? Todesfälle? Erkrankungsfälle? Infektionsfälle?
Im Endeffekt geht es um Todesfälle.
Genauer müsste man wohl auch die (bisher lediglich vermuteten) Spätfolgen-Opfer miteinbeziehen, und auch diejenigen, die für einige Monate dem Arbeitsmarkt durch längere Krankenhausaufenthalte / Rekonvaleszenz entzogen werden.
Schließlich geht es hier, bei aller Menschlichkeit, auch um die Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen.
Die von dir genannten Zahlen aus Ischgl:
1473 Personen wurden getestet (79% der Ischgler)
42,4 Prozent hatten Antikörper
85% asymptomatisch
9 mussten ins Krankenhaus
2 Todesfälle
liegen, um das noch einmal zu wiederholen, in einem Bereich, in dem man Pi mal Daumen kalkulieren kann:
2 von 1473 Personen sterben.
Runden wir auf 1 von 750.
Nehmen wir dagegen die Weltbevölkerung von Pi mal Daumen 7,5 Milliarden, kommen wir also auf (wenn ich mich nicht verrechne) 10 Mio. Tote.
Das liegt unterhalb der "von mir" geschätzten 20-40 Mio., ist aber durchaus in dem Bereich.
Die Ungenauigkeiten bei einer Hochrechnung von 1473 Ischglern auf die gesamte Weltbevölkerung sind sicherlich gigantisch.
Weder ist die Altersstruktur überall wie in Ischgl, noch ist die medizinische Versorgung überall vergleichbar.
Deshalb auch meine Aussage, dass wir damit "ziemlich" genau in dem Bereich liegen, der mittlerweile seit einem halben Jahr als "Stand der Forschung" gilt.
9 von 1473 Personen müssen ins Krankenhaus (für wie lange eigentlich?), würde im Gegenzug bedeuten, dass weltweit knapp 50 Mio. Menschen ins Krankenhaus müssen (ja, ich runde hier extrem grob, weil es keinerlei Sinn ergibt, hier Nachkommastellen zu berücksichtigen, bei derart aberwitzigen Hochrechnungen).
Keine Ahnung, ob die Krankenhäuser der Welt das schaffen.
Zusätzlich zum "normalen" Aufkommen, wohlgemerkt.
Wieviele Spätfolgen oder lange Rekonvaleszenzen es dabei gibt, dazu lieferst du leider keine Zahlen, es wäre aber wohl auch noch verfrüht, das genauer einzugrenzen.
In der INFECTION Fatality Rate ist es jedenfalls nicht "drinnen", da, wie der Name schon suggeriert, asymptomatische Fälle enthalten sind.
Doch, hast du doch selbst angegeben.
Die IFR errechnet sich aus den von dir gelieferten Rohdaten.
Mit welchem mathematischen Trick willst du sie dann "rausnehmen"?
Aber vielleicht sind wir uns einfach nicht einig, was mit "es" gemeint ist?
Nochmal: die konkrete Frage, die sich stellt, ist und bleibt, wieviele Todesfälle (und ggf. schwere Krankheitsverläufe mit langen Krankenhausaufenthalten, Spätfolgen oder langem Arbeitsausfall) zu erwarten sind.
Alles andere ist letzten Endes ziemlich irrelevant, schließlich ergeben sich daraus die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, menschlichen und auch durchaus juristischen Folgen.
Erhöht sich die Anzahl der asymptomatischen Fälle, da zu den Personen mit Antikörpern jene mit T- Zellen Immunantwort (entweder direkt durch 'Kontakt' mit Sars-Cov2 oder aufgrund früherer Coronaviren- Erkrankungen) addiert werden, sinkt dementsprechend die IFR.
Wenn jetzt in Ischgl zu den 42,4% mit Antikörpern noch bei 50 weiteren Prozent eine T- Zellen Immunantwort nachgewiesen werden kann, reduziert sich die IFR auf 0,14%. (statt zuvor 0,32%)
[1473 Personen * 0,924 ("infiziert") = 1361; davon 2 Todesfälle=0,14%]
Und du hast weiterhin 10 Millionen Tote, wenn du das (genau genommen unzulässig) simpel auf die Weltbevölkerung hochrechnest.
Die IFR ist übrigens nach meinem Verständnis (ich bin allerdings kein Epidemiologe) in dem Fall unverändert, da eine vorher bestehende Immunität bedeuten würde, dass man sich nicht infiziert.
Einen infektiösen Menschen zu isolieren, damit er andere nicht ansteckt, ist sinnvoll.
Gesunde Menschen zu isolieren ist aber
nicht sinnvoll.
Na siehst du, geht doch. Da sind wir uns einig.
Solange nicht gewährleistet werden kann, dass ein Mensch nicht infektiös ist, ist eine
gewisse Isolierung also sinnvoll.
So, daraus ergibt sich dann das Folgeproblem, damit wir weiterarbeiten können:
Wie sollen wir feststellen, wer infektiös ist?
Ein "bestandener Coronatest" ist in der Hinsicht genau genommen Blödsinn, schließlich kann ich heute den Test machen, und mich auf der Heimfahrt vom Test in der U-Bahn anstecken, schon bin ich infektiös.
Ein "bestandener Antikörpertest" ist zumindest solange kritisch zu sehen, bis feststeht, dass Antikörper auch tatsächlich eine solide Immunität bedeuten (das ist zumindest nach meinem Kenntnisstand keineswegs als gesichert zu betrachten).
Die Minimallösung wäre nun, nur diejenigen zu isolieren, bei denen eine Infektiosität erwiesenermaßen besteht, das würde im Umkehrschluss allerdings bedeuten, dass praktisch niemand isoliert wird. Eine Eindämmung ist damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu erreichen.
Also: auf welchen Kompromiss sollen wir uns einigen?
Im Moment isolieren wir "Verdachtsfälle" auf mehr oder minder freiwilliger Basis.
Ich persönlich halte das für einen sehr guten, extrem fairen, äußerst großzügigen Kompromiss.
IMHO könnte man da ein wenig strenger sein, aber dem ersten Augenschein nach scheint das in Deutschland recht gut zu funktionieren.
Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand gefordert hätte, die Leute nicht mehr ins Freie zu lassen, so etwas hat es AFAIR nur in den am stärksten betroffenen Gebieten in Italien, Spanien, Frankreich, und u.a. kurzzeitig in Südafrika gegeben.
Dass man damit eventuell "ein wenig übers Ziel hinausschießt" hat man da wohl billigend in Kauf genommen.
Insofern halte ich es für irrelevant, das nun besonders zu betonen.
Solange die Leute einigermaßen Abstand halten, können sie sich mittlerweile in so ziemlich allen Ländern der Welt beinahe beliebig versammeln.
So eine Strohmanndiskussion müssen wir also gar nicht führen.
Und bevor es jetzt mit der Theorie der 'asymptomatischen Übertragung' weitergeht,
auch dazu gibts Studien:
A study on infectivity of asymptomatic SARS-CoV-2 carriersErgebnis: 455 Kontakte (Familienmitglieder, Patienten, KH- Angestellte) waren dem asymptomatischen Träger ausgesetzt.
Kein einziger(
!!) davon hatte sich infiziert.
Was mich insgesamt ein wenig irritiert, ist die Aufweichung des Standards für zitierte Studien in der aktuellen Situation.
In der "heißen Phase" konnte ich noch nachvollziehen, dass sich jedes News-Outlet auf jede noch so kleine "preliminary study" gestürzt hat und auf jeden "draft".
So langsam sollten wir das aber hinter uns haben.
Anders als von dir irrtümlich angegeben, sind in dem von dir genannten Paper keineswegs 455 Kontakte "dem asymptomatischen Träger ausgesetzt" gewesen, sondern nachträglich die Krankenhausakten von 35 asymptomatischen Trägern ausgewertet worden, um Kontakte zu ermitteln, womit man auf die Zahl von insgesamt 196 Familienmitgliedern und 224 Krankenhausangestellten kam.
Eine genauere Qualifizierung der Kontakte über Länge und Art der Exposition, findet sich leider nicht.
Es ist sogar unklar, was mit "Kontakten zu Familienmitgliedern" gemeint sein soll, es erschließt sich allerdings aus dem Text, dass damit diejenigen Personen im nahen Familienumfeld gemeint sind, die in Folge des Kontakts ihrerseits zu einer Selbstquarantäne aufgerufen waren, das ist also auch Tante Erna, die mal kurz einen Kuchen vorbeigebracht hat.
Dass sich wiederum Krankenhauspersonal mit deutlich verminderter Wahrscheinlichkeit ansteckt, sollte eine Selbstverständlichkeit darstellen, schließlich sind das die Leute, die sich i.d.R. am besten schützen.
All dieser systematischen Schwächen dieser "Studie" sind sich sogar die Autoren selbst bewusst, weshalb sie in ihrer Conclusion letztlich nur ein sehr vorsichtiges Fazit ziehen:
Bedeutet: Hast du Symptome, bleib bitte zu Hause. Wer hätte das gedacht.
Wie wär's mit: hast du keinen
guten Grund, eine potentiell bestehende Infektion auf andere zu übertragen, verhalte dich so, als wärst du ansteckend.
Wenn du hier 1 und 1 zusammenzählst, kommt im Ergebnis heraus, dass es eine starke positive Korrelation zwischen Todesfällen und Lock-Down gibt.
Gegenfrage: Warum sind in Ländern wie Schweden, Japan etc. die Fälle / Todesfälle auch ohne Lockdown gesunken?
Gegen-Gegenfrage: wie kommst du zu der irrigen Annahme, dass Schweden, Japan etc. das "ohne Lockdown" erreicht hätten?
In beiden Ländern gab es erhebliche Einschränkungen des öffentlichen Lebens, der größte erkennbare Unterschied zu bspw. Italien oder Spanien ist, dass diese im Wesentlichen auf Freiwilligkeit gesetzt haben.
Insgesamt jedenfalls scheint im Augenblick der "Deutsche Mittelweg", der aus weitgehend freiwilligen Maßnahmen mit wenigen echten verordneten Einschränkungen bei gleichzeitig soliden Stützungsmaßnahmen für die Wirtschaft bestand, in gewisser Weise der Goldstandard zu sein, sowohl in Bezug auf die Anzahl der Todesfälle als auch in Bezug auf die wirtschaftlichen Folgen.
Ich will hier nicht das alte Motto "am Deutschen Wesen soll die Welt genesen" bemühen, dennoch muss selbst ich (für gewöhnlich eher weniger GroKo-Fan) einsehen, dass "uns Mutti" diesmal als Vorbild taugt.
Ich weiß wieder mal nicht, worauf du eigentlich hinaus willst?
Dass es vereinzelt SARS-CoV-2-Infektionen schon Monate vor Erkennung durch die WHO gegeben hat?
Das ist trivial.
Es gilt mittlerweile als einigermaßen gesichert, dass selbst HIV schon um das Jahr 1908 (+- 5 Jahre) den Sprung auf den Menschen geschafft haben dürfte, nachdem man anfänglich von einer Erstinfektion in den 80ern, dann in den 70ern, schließlich Ende der 50er ausgegangen war.
Ja, SARS-CoV-2 wird aller Voraussicht nach vereinzelt vorher nachzuweisen sein.
Seinen Ausgang als Epi- und schließlich Pandemie nahm es jedoch irgendwann im Frühjahr 2020.
So wie HIV der "große Sprung in die weite Welt" wohl gegen Ende der 70er gelang.
Sieh dir die zweite Grafik nochmal genau an.
Man befindet sich hier in der selben Region wie auch 2015 und 2017. (2018 auch ähnliches Niveau)
Wenn, ist 2019 der Ausreißer.
Einer von uns beiden hat offensichtlich was mit den Augen (und da ich Brillenträger bin, will ich mich da jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen).
Ich sehe da etwas anderes, und würde es insofern dabei belassen, das erst unter Vorlage der zugrundeliegenden Zahlen abschließend zu erörtern.
Grafiken sind immer ganz nett, sie dienen aber eben eher der Veranschaulichung, und sind selten geeignet, substanziiert Fakten auseinanderzusetzen.
Vorschlag 2: Kein Lockdown, da ausschließlich negative Effekte
Definiere "Lock-Down".
Maßnahmen, die ich als sinnvoll erachte, hatte ich hier bereits erwähnt:
Also nochmal zusammegefasst:
Großveranstaltungen absagen: JA
Hygienemaßnahmen (Händewaschen): JA
Social Distancing (im Sinne von Abstand halten wenn man sich in einer Menschenmenge befindet): JA
Lockdown: NEIN
Nochmal: Definiere Lock-Down.
Du lehnst ihn ab, was enthält er denn?
Anders gefragt: ist das, was wir in Deutschland haben/hatten, in deinen Augen ein "Lock-Down"?
Welchen Teil dieser Maßnahmen sollen wir weglassen?