Ich wollte damit ausdrücken, dass ich dir vorwerfe, dich zu bemühen den Anschein zu erwecken, gemäßigt zu sein. Du darin gut bist. Aber in "Wirklichkeit" meiner Einschätzung nach ein Hardliner bist.
Es bestätigt mir. Weil du hast dich so ausgedrückt 2MB gewünscht. SegWit wird denn bestimmt als entgegenkommen später mal gewährt.
Sorry, dass ich das hier nochmal aufgreife. Es hat mich das Wochenende beschäftigt, dass du mich für einen "Hardliner im Schafspelz" hältst. Dass ich also jemand bin, der gegen Bitcoin arbeitet, aber gut darin ist, so zu tun, als sei er gemäßigt.
Ich werde jetzt erklären, was ich von SegWit und der ganzen Debatte halte. Als ein Journalist, der seit 3 Jahren fast jeden Tag über Bitcoin schreibt und dieses verrückte Ding für die aufregendste und größte Sache des Jahrhunderts hält. Ich werde viel persönlicher, emotionaler, unsachlicher und anmaßender und vielleicht narzistischer sein, als es mir zusteht und als ich als Blogger bin, sein kann, soll, darf. Aber ich habe das Gefühlt, das jetzt tun zu müssen. Ich werde das danach, hoffentlich, nicht wieder machen. Ich will euch auch von nichts überzeugen, außer davon, was ich will und wo ich stehe. Und dieses Post wird schrecklich lang.
Erstmal: Es kotzt mich an. Es kotzt mich an, dass die Welt langsam zu begreifen scheint, dass sie Bitcoin braucht, aber wir an einem Problem scheitern, das seit langem bekannt ist und seit Jahren diskutiert wird. Die Blocksize. Es kotzt mich an, dass etwas schönes, das Wachstum von Bitcoin, zum Problem gemacht wird. Dass die Bitcoin-Community massive Zensur einfach so hinnimmt. Dass die öffentliche Debatte zum Shitstorm verkommen ist, der jeden trifft, der eine andere Meinung hat.
Wo stehe ich? Mein Anspruch ist es, auf dem Blog so neutral wie möglich zu sein, dem Leser keine Meinung geben, sondern Informationen, damit er seine eigene Meinung bilden kann. Da ich ganz bestimmt nicht vollständig neutral sein kann, sage ich lieber zu oft als zu wenig, wo ich stehe, damit das, was ich schreibe, vor diesem Hintergrund relativiert werden kann. Daher sage ich auch immer wieder Dinge wie "meine Lieblingswährung", um klar zu machen, dass ich ein Bitcoin-Fan bin.
Alles, was ich seit zwei Jahren will, ist, dass die Kapazität von Bitcoin mit der Nachfrage nach Bitcoin-Transaktionen wächst. Mehr nicht. Es wäre langweiilg, über ein Ökosystem zu schreiben, das keinen Platz für neue Nutzer hat. Das macht mich offenbar zum Hardliner oder Feind von Bitcoin.
Ja, warum werbe ich dann nicht für SegWit? SegWit ist ja, neben vielen anderen Vorteiilen, ein Kapazitätsanstieg, sogar als Softfork. Warum "blockiere" ich damit den Kapazitätsanstieg, den ich mir wünsche? Warum versuche ich sogar, Verständnis für eine alternative Lösung überzeugen, die viel disruptiver ist?
Ein Problem mit SegWit ist, dass die Debatte darum massiv moralisiert wird. Schon lange vor dem Release wurde es zur Sünde gemacht, etwas schlechtes über SegWit zu sagen. Und ich reagiere allergisch, wenn mir jemand diktieren will, was ich zu meinen habe, sowohl persönlich, als auch in meiner Verantwortung gegenüber Lesern. SegWit ist so großartig, so brillant, dass man es technisch gar nicht kritisieren kann. Jeder, der etwas schlechtes über SegWit sagt - oder SegWit nicht in der angemessenen Weise bewirbt - ist ein Bitcoin-Feind oder ein Opfer der Bitcoin-Feinde. Er hasst die Core Devs, er will unbedingt LIghtning verhindern, will Bitcoin zu PayPal machen, wird von Roger Ver oder der Regierung von China bezahlt, um Misinformation zu verbreiten. Im allerbesten Fall versteht er Bitcoin nicht und fällt Misinformationen von Roger Ver zum Opfer.
Echt, ich bin es leid. Mir wurde das schon so oft vorgeworfen, und ich lese jeden Tag, wie sich dieser Shitstorm auf Leute ergießt, weil sie etwas schreiben, was ich auch denke. Das kotzt mich an. Wisst ihr warum ich auf dem Blog wenig über SegWit schreibe? Weil ich immer, wenn ich es auch nur wage, etwas kritisches zu SegWit zu sagen, aggressiv angemacht werde. Da ich mich nicht dahin treiben lassen will, meinen Lesern nur positives über SegWit zu erzählen, aber auch keine Lust auf Shitstorms habe, schreibe ich so wenig wie möglich über SegWit. Ich würde mehr Gutes über SegWit schreiben, wenn ich nicht dafür getrollt werden würde, wenn ich es kritisiere.
Hier gibt es jetzt, exklusiv, die Gründe, warum ich von SegWit nicht begeistert bin. Alles, was ich wollte und will, ist, wie schon gesagt, mehr Kapazität. Und dafür ist SegWit MEINER MEINUNG nach keine gute besonders gute Lösung. Warum?
1. JoHoe hat mal ein Set aktueller Transaktionen als SegWit-Transaktionen simuliert. Ergebnis: 1,5 MB Kapazität bei 1,8 MB Blockchain-Speicher. Sprich: SegWit-Transaktionen sind 10-20 Prozent größer. Heißt: Wir laden der Blockchain mit SegWit jeden Tag rund 30 MB an Daten auf, die nicht nötig wären.
2. SegWit-Blöcke können bis zu 4 MB groß werden, wenn man sie mit speziell dafür gebauten Spam-Transaktionen füllt. Das macht eine weitere Erhöhung der Kapazität eher schwierig. Wurde auch schon von Adam Back und Mark Friedenbach als Grund genannt, warum 2 MB HF + SegWit nicht geht.
3. Damit SegWit Kapazität schafft, müssen erstmald die UTXO ausgetauscht werden. Da das bei vielen Light-Wallets mit Mühen der Nutzer verbunden ist und bei nicht-upgedateter Software gar nicht geht, dürfte die tatsächliche Kapazität auch langfristig unter den Versprechungen bleiben. Außerdem kann der der Austausch von mehreren Gigabyte UTXO die Kapazitätsprobleme zunächst sogar verschärfen.
4. SegWit ändert Blocksize zu Blockweight. Führt eine zweite Magic Number ein, was weitere Änderungen vermutlich eher komplizierter macht. Führt auch eine neue Regulierung des Transaktionsverhaltens der User ein, was, wie oft erklärt wurde, Anreize setzt, mehr UTXO ab- als aufzubauen. Das ist der Teil, der mir vielleicht am besten gefällt. Aber meiner Ansicht nach wurde ein so schwerwiegender Eingriff ins Nutzungsverhalten niemals auch nur im Ansatz ausreichend diskutiert. Das Verschmelzen von Inputs wird mit SegWit günstiger. Kann sein, dass das die Privacy unbedarfter User beeinträchtigt, kann sein, dass es generell einen Anreiz schafft, größere Transaktionen zu bilden (womit die tasächliche Kapazität nochmal tiefer liegt als angekündigt.)
All das sind keine Gründe für mich, SegWit zwingend abzulehnen. Ich verstehe durchaus, warum viele Leute SegWit lieben. Es ist eine sehr elegante und schöne Lösung, die eher nebenher ein wenig Kapazitä schafft. Ich finde es geil, dass es als Softfork opt-in und weniger disruptiv ist, ich finde es auch gut, dass es die Möglichkeit gibt, ein besseres Transaktionsformat zu benutzen, das Probleme wie Malleabiilty und Quadratic Scaling löst, ich möchte auch, dass Dinge wie Lightning besser möglich werden, und ich bin auch sicher, dass SegWit derzeit die am besten getestete und flüssigste Lösung ist, um mehr Transaktionen durchzulassen, und dass es Wege geben wird, die genannten Nachteile später zu reduzieren oder durch weitere Soft Forks auszugleichen. Ich finde es auch toll, dass über SegWit, wie auch immer, Schnorr Signaturen und so weiter möglich werden (darüber habe ich auch schon begeistert geschrieben). SegWit ist eine gute Idee.
Aber ich würde sie viel besser finden, wenn es nicht so massiv zu Ungunsten der "onchain scalaility" gehen würde. SegWit schafft nicht die Kapazität, die die Bitcoin-Blockchain braucht, macht es aber schwieriger, sie später zu schaffen. Die Core Devs haben ein tolles, elegantes Konzept, wie sie mit viele Tricks so wenig disruptiv wie möglich skalieren wollen. Das ist gut. Aber sie sollen dafür nicht die einfachste, direkteste und effektivste Weise, die Kapazität zu erhöhen, abwürgen.
Als SegWit präsentiert wurde, wäre ich, wie viele andere "big blocker" auch, überglücklich damit gewesen, wenn es so etwas wie 2 or 4 MB + SegWit gegeben hätte. Gab es aber nicht. Dann kam Classic, der Shitstorm auf jeden, der eine 2 MB Hardfork gut fand, und das Abkommen mit den Minern in Hongkong. Einige Core Devs und Adam Back haben mit den Minern vereinbart, dass diese Core die Zeit geben, um SegWit zu entwickeln, und dafür eine Hardfork mit Blocksize-Erhöhung bekommen.
Ergebnis? Die Miner minen treu weiter Core, während die beteiligten Core Devs weiterhin aktiv und vehement gegen eine Blocksize-Hardfork trommeln, so tun, als gäbe es kein Abkommen oder Gründe konstruieren, warum die Miner das Abkommen schon längst gebrochen haben. Am Ende gibt es SegWit, aber von einer Hardfork wird nicht mehr geredet. Wenn die Miner jetzt SegWit aktivieren würden, ohne Hardfork, verlieren sie ihr Gesicht.
Was passiert in der Community? Alle geben den Minern die Schuld. Wie können sie es wagen, nicht zu liefern, obwohl sie nie bezahlt worden sind? SegWit ist der Kompromiss, es ist eine Sünde, es nicht zu aktivieren oder den Core Devs die Schuld daran zu geben, dass es nicht aktiviert wurde. Ich werde nicht protestieren, wenn die Miner sich entscheiden, SegWit zu aktivieren. Ich werde das auf dem Blog sogar feiern, erstens, weil es ein Durchbruch ist, und zweitens, weil ich weiß, dass viele Leute SegWit wollen. Aber ich werde den Teufel tun, und in die Forderung einfallen, dass die Miner sich an ein Abkommen halten sollen, dass von der anderen Seite gebrochen wurde. Und je mehr Leute meinen, mich dazu drängen zu müssen, das zu tun, desto mehr werde ich auf Seiten der Miner stehen. Nicht absichtlich, sondern unvermeidlich.
Soweit ich es beurteilen kann, wollen die meisten Minier derzeit nur das holen, was ihnen versprochen wurde: eine Blocksize Hardfork. Ich sehe keinen Hinweis, dass sie explizit SegWit verhindern wollen, und ich würde jubeln, wenn wir am Ende des Jahres bei 2 oder 4 MB + SegWit sind. Wenn so etwas in Aussicht steht, werde ich für SegWit trommeln.
Alles was ich will, ist, dass es mehr Kapaziität gibt, dass die Einheit der Blockchain erhalten bleibt, und die Shitstroms in der Community aufhören. Und ich bin mir relativ sehr sicher, dass das mit 1 MB SegWit nicht passieren wird ...
So, sorry für den langen Kommentar. Musste raus. Hoffe, ihr versteht es nicht falsch.