qwk / Mezzo:
Eure Positionen liegen, sagen wir mal, etwas auseinander, aber wie ihr selbst bemerkt, manchmal auch beisammen.
"Etwas auseinander" ist in manchen Bereichen schon ein beinahe übertriebener Euphemismus
"Diametral gegensätzlich" trifft es teilweise besser
Aber das ist natürlich in Ordnung.
Solange wir sachlich bleiben und lediglich Argumente austauschen, ohne zu sehr in Polemik zu verfallen (was ab und an durchaus auch aus Gründen des Unterhaltungswerts okay ist), können wir wohl beide gut damit leben.
Trotzdem glaube ich, dass ich und mezzo im realen Leben besser nicht als Nachbarn leben sollten, das dürfte gehäuft zu Konflikten am sprichwörtlichen Maschendrahtzaun führen
Genau diese sachliche Streitkultur um Inhalte ist uns in den letzten Jahren abhanden gekommen, auch innerhalb der politischen Parteien, leider, lieber spaltet und verteufelt man, oft um die eigene Unfähigkeit zu übertünchen.
Dem kann ich nur meine eigene Erfahrung entgegenhalten.
Im "öffentlichen", "medienwirksamen" politischem Alltag sieht das häufig so aus.
In der Realpolitik auf kommunaler Ebene, aber (nach allem, was ich so höre) auch auf Landes- und Bundesebene ist der Umgang miteinander weit gesitteter und von Respekt geprägt, als es uns die zwangsläufigen Grabenkämpfe in Wahlkämpfen glauben machen.
Politiker werden gerne verteufelt, aber nach meiner Erfahrung sind die meisten doch recht intelligente, vernünftige Leute, mit denen man durchaus reden kann. Dass sie stets sehr viele Erwartungen unter einen Hut bringen müssen, macht ihren Job eben sehr sehr schwierig und führt dazu, dass sie selten eine "klare Linie" zu vertreten scheinen.
In diesem Sinne bin ich eigentlich kein Fan der Verteufelung der Politik, obwohl es sicher immer wieder auch Fälle gibt, in denen einzelne Personen offenkundig jeden Anstand zu verlieren scheinen (man denke nur an unseren aktuellen Innenminister), das betrifft natürlich Politiker aller Parteien.
Es gibt durchaus Aspekte in unserer Demokratie die diskussionswürdig sind, z.B. ist es wirklich vorteilhaft, wenn ein(e) Kanzler(in) zeitlich nahezu unbegrenzt regieren kann, oder wäre ein Wechsel der Führung nach X Legislaturperioden nicht besser für die Gesellschaft?
Man kann immer jedes Detail in Frage stellen, und wenn man schließlich "mehrheitlich" zu dem Schluss kommt, dass ein bestimmtes Stellrad besser in die eine oder andere Richtung gedreht werden sollte, passiert das meist auch.
Ob jetzt Amtszeitbegrenzungen an sich sinnvoll sind oder nicht, ist ein Stück weit Geschmacksfrage.
Grundsätzlich gibt es ja keinen guten Grund, jemanden, der z.B. 8 Jahre herausragend gute Arbeit macht (und nein, damit meine ich nicht einen konkreten derzeitigen Amtsinhaber), durch jemanden zu ersetzen, der vielleicht nicht mehr so gut ist.
Andererseits lässt sich natürlich trefflich argumentieren, dass gelegentlicher Wandel grundsätzlich wünschenswert ist.
Und natürlich ist auch eine Argumentation denkbar, nach der man eine Alters-Obergrenze für Politiker einführt, damit diese nicht Entscheidungen treffen, von deren Auswirkungen sie letztlich selbst nicht mehr betroffen sind.
Sollten nicht auch Politiker für Mist, den sie verbocken gerade stehen und ist es wirklich zielführend sie von nahezu jeder Verantwortung für ihr Handeln zu entbinden?
Das ist eine extrem heikle Angelegenheit, weil es dabei auf die Abwägung ankommt, ob die Unabhängigkeit der Politiker wichtiger ist, oder deren Haftung.
Im Rahmen unserer politischen Ordnung haben "wir"* uns entschieden, die Unabhängigkeit als das höherwertige Rechtsgut zu betrachten.
* unsere Verfassungsväter, bzw. alle, die deren Entscheidungen später aufrechterhalten, bzw. nicht geändert haben
BER [...] Milliardengrab [...]
Ich für mich muss da ganz klar sagen, dass ich keinen Politiker mit meinem Kreuz auf dem Wahlzettel zu einem derartigen Bockmist legitimiert habe.
So bedauerlich solche "Fehler" wie der BER, die Elbphilharmonie, Stuttgart 21 u.ä. auch sein mögen, sie sind im Wesentlichen doch Randerscheinungen, die im Verhältnis zu den gesamten Staatsausgaben eher wenig Gewicht haben.
Natürlich delektiert sich die Presse genüsslich an solchen Denkmälern der Unfähigkeit, ist ja auch zu köstlich.
Aber, um es mal ganz einfach auf den Punkt zu bringen: wo gehobelt wird, da fallen Späne.
Fehler passieren.
Obwohl wir alle wissen, dass die unternehmerischen Fähigkeiten der Politiker, sagen wir mal, begrenzt sind, lassen wir es doch zu, dass sie unsere hart erarbeiteten Steuergroschen völlig ungestraft so verschwenden können.
Völlig ungestraft ist schon deutlich übertrieben, oder glaubst du, dass es dem Mappus besonders gefallen hat, dass der Kretschmann ihn als Ministerpräsident abgelöst hat?
Und was die unternehmerischen Fähigkeiten von Politikern angeht, sind die nicht notwendigerweise schlechter als die von Unternehmern.
Verschwendung und schlechtes Management gibt es in der freien Wirtschaft genauso, nur schaut da die Presse oft nicht so genau hin, weil es eben nicht "alle" betrifft, sondern letztlich "nur" die Aktionäre eines Unternehmens.
Wenn ich eine Zeitung verkaufen will, bringe ich lieber einen unfähigen Politiker aufs Titelblatt als einen unfähigen Dax-Vorstand, das bringt mehr Auflage.
Libertäre Ansätze sind für den eingefleischten Demokraten erst einmal schwer nach zu vollziehen.
Schwer zu verstehen sind sie nicht, im Gegenteil.
Schwer erträglich sind sie für einen klassisch liberalen Demokraten sehr wohl.
Ludwig Erhard jedenfalls würde sich im Grabe rumdrehen.
Aber die Diskussion über Libertarismus sollten wir vielleicht aus diesem Thread haltend as führt deutlich zu weit.
Ich habe aber keine Angst davor und libertäre Denkweisen haben schon Garnichts mit "rechts" zu tun.
Libertät = rechts ist Unsinn, keine Frage.
Allerdings übernehmen viele naiv libertäre unkritisch klassisch "rechte" Ideen, die insbesondere mit der modernen VWL nicht in Einklang zu bringen sind. Ich verweise da nur auf das o.g. Beispiel der "Zinsknechtschaft".
Darüber hinaus läuft unsere aktuelle Politik gerade eher in die entgegengesetzte Richtung und "reguliert und verteilt alles zu Tode".
Da will ich sagen: auf Wunsch der Bürger.
Die Bürger wollen doch offensichtlich, dass
1. ihr Arbeitsplatz durch immer mehr Gesetze "gesichert" wird
2. ihre "Sicherheit" durch immer mehr Kontrollen "gewährleistet" wird
3. ihre Mieten durch "Verbote", bzw. "Bremsen" niedrig gehalten werden
4. ihre "Leitkultur" durch "Anpassung" und "Quoten" geschützt wird
... etc. pp.
Ohne jemals wirklich belastbare Daten dazu gesehen zu haben, habe ich schon den Eindruck, dass, würden wir heute eine Volksbefragung zu diesen Themen machen, sich jeweils eine überwältigende Mehrheit für diese Wünsche und ihre Umsetzung mittels Verboten, Geboten, Quoten etc. aussprechen würden.
Wer stets nach der Keule des Gesetzgebers schreit, darf sich nicht wundern, wenn er später in einer bürokratischen Technokratie lebt.