Wenn in einer Gruppe von 10 Menschen 6 Menschen eine Entscheidung treffen, dann ist das Demokratie.
Das hast du deutlich genug gemacht, und ich bleibe dabei, dass sich das zumindest nicht mit gängigen Definitionen von Demokratie deckt.
Lassen wir es dabei stehen, dass es unterschiedliche Demokratiebegriffe gibt, die sich u.a. in ihrer Komplexität unterscheiden.
In DE sehe ich leider überhaupt keine Möglichkeit, überhaupt zuzuordnen ob eine Entscheidung "BRD-Demokratisch" war oder nicht. Je nach Mitspielern, Gewinnern und Verlierern ist das Ergebnis variabel. Daneben ändern einflussreiche Personen die Definition "BRD-Demokratisch" auch noch mehr oder weniger willkürlich über die Zeit. Wobei die Änderungen komischerweise oft irgendwelche Partikularinteressen bevorzugen.
Gelebte Praxis in einer parlamentarischen Demokratie wie der unseren ist u.a. der Lobbyismus. Diesen mag man ablehnen, man möge dann aber einen Vorschlag unterbreiten, wie sich ein Gemeinwesen wie das unsere anders regeln ließe.
Mir zumindest ist kein funktionierender, nach gängiger Definition demokratischer Staat bekannt, in dem sich Partikularinteressen nicht individuell fördern ließen.
Ich halte das an sich auch für ein wünschenswertes Merkmal dieses Systems, aber das ist wieder bloße Meinung.
Thema: Alkohol [...]
Die hast die Herstellung ignoriert
Ja, ist die für uns hier wirklich relevant?
und vermischst beim Konsum den eigentlich Konsum mit eventuellen oder angenommenen Folgen des Konsum.
An sich richtig.
Natürlich wäre es "richtiger", bloß die unerwünschten Folgen zu sanktionieren.
In Anbetracht der notwendigen Unschärfe der Folgen ist hier eine Definition im Sinne von Regeln kaum vorstellbar.
Um beim "Grölen" zu bleiben: natürlich wäre es sinnvoll, das "Grölen" an sich zu verbieten, aber gilt das auch dann, wenn mir ein Vorschlaghammer auf den Fuß fällt, und ich deshalb vor Schmerz "gröle"?
Es ist in der Praxis sicherlich sinnvoll, gelegentlich bestimmte Ursachen zu unterbinden, anstatt eine (beinahe zwangsläufig willkürliche) Einzelfallabwägung zu treffen.
Es spricht gar nichts dagegen, dass ich mein Auto nach dem Konsum in meiner Garage zu Schrott fahre
Jein, aber da will ich nicht kleinlich sein.
Von mir aus darfst du dein Auto in der Garage gegen die Wand fahren.
Um hier mal ein wenig aus den Details rauszukommen:
ein generelles Alkoholverbot mag eine gewisse Härte im Gesellschaftsvertrag darstellen.
Das heißt aber nicht zwingend, dass eine Gesellschaft hierzu nicht berechtigt wäre, schließlich kann man es kaum als
übertriebene Härte ansehen.
(Nicht, dass ich mich hier für ein Alkoholverbot ausspreche, nichts läge mir ferner, ich brauche mein Bier!)
In unserer Gesellschaft z.B. halten wir es für angemessen, Kindern den Genuss von Alkohol aus gesundheitlichen Gründen zu verbieten
Wir haben diese Entscheidung damals innerhalb der Familie mit unseren Kindern getroffen.
Das steht dir grundsätzlich frei und ist AFAIR auch vom Gesetz gedeckt.
Fragwürdig kann es dennoch sein, wenn z.B. Entscheidungen über die Religionszugehörigkeit, Bildung, o.ä. im Raum stehen.
Ich persönlich halte wenig davon, dass Kinder die Religion ihrer Eltern "eingeimpft" bekommen und ihnen z.B. zu Beginn der Pubertät noch einmal die Möglichkeit eröffnet wird, vorgeblich "frei" darüber zu entscheiden, diese Religionszugehörigkeit zu bestätigen. Aber auch das ist letztlich bloße Meinung.
Ob aber die Gesellschaft solche Entscheidungen, wie z.B. die allgemeine Schulpflicht treffen darf, steht auf einem anderen Blatt.
Ich halte auch das für im Rahmen der Interessen eines funktionierenden Gemeinwesens für angemessen, da der langfristige Schaden für den Zusammenhalt der Gesellschaft andernfalls enorm wäre.
Jedenfalls führt es hier zu weit, über jeden Einzelfall zu diskutieren, ob und in welchem Umfang eine Einschränkung des Individuums zulässig ist.
Solange wir uns einig sind, dass eine solche nicht prinzipiell abzulehnen ist, bin ich ganz bei dir.
Wenn sich unsere etablierten Parteien auch in wesentlichen Teilen ihrer Politik einander angenähert haben, so ist das eher Ausdruck der sehr ähnlich gelagerten Interessen großer Teile der Bevölkerung, die tatsächlich in Parteien engagiert sind, bzw. bei Wahlen ihre Stimme abgeben.
Das kannst Du nicht ernst meinen?! Sorry für die Polemik, aber soll dieses gemeinsame Interesse der Bevölkerung sein, durch Personen mit Partikularinteressen abgezockt zu werden?
Das meine ich absolut ernst.
Gäbe es eine breite Bevölkerungsströmung in der Bundesrepublik, die bestimmte, gemeinsame Interessen hat, würde diese Bevölkerungsströmung auch in Form einer Partei repräsentiert.
Beispiele dafür gibt es zuhauf:
Die Grünen
Die Linke
Die AfD (es widerstrebt mir zwar, das zu schreiben, aber es ist nicht von der Hand zu weisen)
sind alles "relativ" aktuelle Beispiele für sich neu aus Teilen der Bevölkerung mit ähnlich gelagerten Interessen etablierte Parteien.
Wenn sich kleinere Interessengruppen nicht etablieren können, ist das ein (erwünschter) Effekt unserer 5%-Hürde, den wir aus historisch guten Gründen auch genau so haben wollen.
Wenn sich diese Parteien dann im Laufe ihres Daseins wieder einander annähern, ist auch das ein gewünschter Effekt des Parlamentarismus, nämlich dem Streben nach gesellschaftlichem Ausgleich in Form von Kompromissen, der letztlich die Grundlage funktionierender Regierungsbildung ist.
Dass damit in gewisser Weise immer nur eine "weichgespülte" Form von Partikularinteressen "an die Macht" kommt "is not a bug, it's a feature".
Wenn zum Beispiel die Piraten "auch auf Linie gebracht" wurden
Sorry, aber nur weil sich die Piraten nicht so entwickelt haben, wie du dir das individuell gewünscht hättest, unterstellst du, sie wären "auf Linie gebracht worden"? Von wem denn bitte? Mossad? CIA? KGB? BND?
Hier musst du mal meine Polemik entschuldigen, aber ganz ehrlich, das meinst du selbst nicht ganz ernst.
Das Hauptproblem sind hier allerdings drei Punkte:
Erstens entscheiden unbeteiligte Dritte über Sachen, mit denen sie rein gar nichts zu tun haben.
Zweitens gibt es keine Möglichkeit für die Bevölkerung, mit ihrer Stimme eine einzige Entscheidung zu treffen. Tatsächlich kauft sie sich damit immer einen Korb an Entscheidungen ein, die sich grösstenteils zu ihrem Nachteil auswirken.
Und drittens treffen die Bürger tatsächlich gar keine Entscheidung, da die gewählten Vertreter nicht an ihre Wahlversprechen gebunden sind.
1. ist eine Funktion des Parlamentarismus.
2. ist eine Funktion des Parteiensystems.
3. ist eine Funktion des freien Mandats.
"Wir", oder genauer gesagt die "Väter unserer Verfassung" haben diese drei Bausteine "unseres" Systems jeweils gegen Alternativen abgewogen und für besser befunden als die Alternativen. (Böse Zungen behaupten, dass in Wirklichkeit die Amerikaner uns diese Entscheidungen aufgezwungen hätten, aber das ist eine andere Debatte).
Du willst individuell ein System, das in diesen drei Bausteinen anders aufgestellt ist. Das ist dein gutes Recht.
Nur wirst du es im Rahmen der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht bekommen.
Ich für meinen Teil hätte mich individuell in allen drei Fällen für dieselben Bausteine entschieden, da mir die Alternativen nicht attraktiver erscheinen. Aber auch das ist letztlich wieder bloße Meinung.
Nur frage ich mich letztlich, was du eigentlich willst?
Dass jeder Bürger das Recht hat, sich aus dem Baukasten der Demokratien sein eigenes Legohäuschen zusammenzubauen?
Oder hältst du diese drei individuellen Bausteine tatsächlich für eine objektiv schlechtere Wahl als ihre jeweiligen Alternativen?
Dann wäre ich um eine Begründung dankbar. Aber bitte für jeden einzelnen Baustein in einem eigenen Thread, denn das sind wahrlich keine Leichtgewichte in der Diskussion.