Situationsbeschreibung
Hallo Leute! Ich habe etliche Fragen… Ich bin für JEDE Antwort dankbar, auch wenn sie nur zu einer der Fragen erfolgt. Bitte wundert euch nicht, wenn ihr diese Fragen an mehreren Orten findet, denn ich werde sich an verschieden Stellen diskutieren. Zunächst eine Situationsbeschreibung:
Anfang 2017 hatte ich ca. einen Bitcoin übrig, nachdem ich im Jahr vorher, noch relativ unbeholfen, mit Altcoins „rumgezockt“ hatte ohne Gewinne zu generieren. Allerdings hatte ich auch einiges an Erfahrung gesammelt und wollte es 2017 noch einmal versuchen, mit den richtigen Altcoin Investitionen meine Bitcoins zu vermehren.
Langer Rede, kurzer Sinn: Es Begann als ein Hobby und ich machte mir nie Gedanken über Steuer, unterlag auch zunächst dem Irrglauben, dass erst bei einem Auscashen in FIAT Steuren anfallen. Ich merkte im Laufe des Jahres gar nicht, wie der Wert meines Crypto-Portfolios in Euro und die Anzahl meiner Bitcoins schleichend wuchsen. Ich war erstaunt, dass ich jetzt am Ende des Jahres 2017 einen ansehnlichen 6stelligen Betrag (in Euro) zusammenhatte. Meine Bitcoins hatten sich verfielfacht, der Wert jedes einzelnen Bitcoins in Euro ebenfalls. Auscashen ließ ich mir bisher FAST nichts.
Nun zu meinen Problemen: Da es als Hobby begann und ich nie geahnt hatte, wie groß es werden konnte, habe ich nichts von meinen Trades dokumentiert. Ich hatte keine Ahnung von Haltefristen etc. Ich habe alles stets innerhalb eines Jahres verkauft. Ich habe ETLICHE exchanges genutzt, Kryptos hin- und hergeschoben… Teilweise waren es auch dezentrale exchanges wie Etherdelta. Ich habe teils auch gestaked (eine Form von Mining), auch da habe ich keine Aufzeichnungen gemacht. Allerdings sind manche der Coins, die ich gestaked habe, während des Stakings in BTC und manche auch in Euro-Wert gefallen. Beim Staken generierte ich zwar neue Coins, diese glichen oft aber nicht den gleichzeitigen Wertverlust aus. Ich habe zwar noch ein PAAR der Wallets, allerdings bin ich nicht sicher, ob ich noch alle habe, da ich alle Coins mittlerweile verkaufte.
Ich habe mittlerweile gelernt, dass alles Einnahme aus privaten Veräußerungsgeschäften sind ODER aber, dass es schon ein gewerblicher Umfang ist und alles als Gewerbe betrachtet wird… Ich habe auch gehört, dass Mining / Staking IMMER als Gewerbe angesehen wird.
Die Einnahmen NICHT anzugeben, kommt für mich nicht in Frage da es Steuerhinterziehung wäre, die in diesem Umfang (über 100.000 Eur) sogar zu einer Haftstrafe führen kann. Nein, Danke! MITTELFRISTIG überlege ich mir, Deutschland zu verlassen (entweder als perpetual traveler oder nach Zypern), aber das spielt für das vergangene Jahr keine Rolle. Ich habe auch schon mit dem Finanzamt Kontakt aufgenommen und sie im Groben über die Situation informiert, die waren damit aber noch recht überfragt.
Hier mein Fragenkatalog:
1. Wenn es wahr ist, dass Staking als Sonderform des Minings IMMER als Gewerbe angesehen wird, habe ich dann überhaupt eine Wahl, ob meine Trading als Gewerbe oder als private Veräußerungsgeschäfte angesehen werden, oder wird das dann automatisch auch als Gewerbe angesehen?
2. Selbst wenn das Traden nicht automatisch durch das Staken als Gewerbe angesehen wird, wird es evtl. zwangsläufig aufgrund des Umfangs als solches angesehen? (Ich habe übrigens noch einen normalen Job)
3. Private Veräußerungsgeschäfte vs. Gewerbe: Was macht mehr Sinn?
2.a) Ich habe gelesen, dass sowohl bei privaten Veräußerungsgeschäften als auch bei Gewerbe Verlustrückträge möglich sind. Wenn ich also im Jahr 2017 beispielsweise 100.000 Euro Gewinn und eine Steuerlast von beispielsweise 50.000 Euro habe aber im nächsten Jahr brechen die Märkte um 80% ein, dann kann ich also die Verluste aus dem nächsten Jahr mit den Gewinnen aus diesem Jahr verrechnen. Das ist wichtig, um nicht sogar am Ende auf einem riesen Schuldenberg zu sitzen, wenn es in einem Jahr „gut lief“, man aber nichts auscashen ließ, dennoch steuerpflichtig ist (denn Verkauf innerhalb eines Jahres ist IMMER steuerpflichtig, egal ob gegen Euro oder eine andere Krypto), und im nächsten Jahr plötzlich alle Kryptos massiv an Wert verlieren…
ABER: Wie sieht es mit Hacks und Datenverlusten aus? Ich habe große Sorge, wenn ich als Privatperson trotz aller Sicherheitsvorkehrungen Opfer eines Hacks / Datenverlustes werde, dass dann gesagt wird: Pech! Die Verluste sind aber nicht steuermindernd… Und man dann am Ende wieder auf Schulden sitzen bleiben könnte. Liege ich da falsch? Bei einem Gewerbe müssten solche Szenarien als Verluste absetzbar sein, richtig?
4. WENN es ein Gewerbe ist, muss dann, anders als bei privaten Veräußerungsgeschäften, erst dann Steuer gezahlt werden, wenn ein „Auscashen“ in Euro (und ggfs. sogar zusätzlich eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen) erfolgt?
Die Altcoins sind ja quasi wie Waren im Betriebsvermögen. Ich habe folgende Info gefunden: „Ein Vorteil ist, dass wenn Du Kryptowährungen kaufst, dann werden sie als Wirtschaftsgüter zu einer Betriebsausgabe. Das heißt, Du kannst beim gewerblichen Bitcoin-Handel mit dem Zufluss-Abfluss-Prinzip vor dem Ende des Jahres dein Gewinn erheblich drücken.“ (Quelle: finanzgefluester.de/gewerblicher-bitcoin-handel/)
Ich habe mir bisher über das Jahr fast nichts auszahlen lassen und die ganzen „Werte“ stecken in Altcoins. Deshalb macht dieser Punkt einen riesen Unterschied…
FALLS man das gesamte „Betriebsvermögen“ (also altcoins) am Jahresende erfassen und die Gewinne, abzüglich dem, was man reingesteckt hat, versteuern muss, würde das doch bedeuten, dass man am 31.12. einen „Snapshot“ seines Portfolios erstellen muss, oder? Wenn man dessen Wert ermitteln will, stellt sich für mich aber die Frage des Speads (die Lücke zwischen buy- und sellorders liegt je nach coin oft zwischen 5 und 60%) und der „market depths“: Bei manchen Coins besitze ich relevante Anteile an der Marktkapitalisierung und ein Verkauf würde die Preise teils bis zu 35% einbrechen lassen, da die Märkte nicht liquide sind und teils nur wenige buy orders vorliegen. Preise die z.B. von coinmarketcap angegeben werden, sind deshalb immer sehr theoretisch…
5. Egal ob es jetzt als private Veräußerungsgeschäfte versteuert wird, oder ob ich nachträglich ein Gewerbe anmelden muss:
Ich habe nichts dokumentiert! Ich würde mir cointracking zulegen, versuchen so viel wie möglich nachträglich einzuspeisen, versuchen auch den Rest so gut wie möglich zu rekonstruieren und mit maximaler Transparenz auf das Finanzamt zugehen. Vielleicht ließe sich auch eine Schätzung vereinbaren?
Besonders im neuen Jahr würde ich natürlich alles von vornherein mit cointracking aufzeichnen!
Haltet ihr das für die beste Idee oder gibt es weitere Vorschläge?
Wie gesagt, es war ein kleines Hobby und ich hatte nie mit solchen Ausmaßen gerechnet.
6. Noch ein kleiner Zukunftsausblick: FALLS es als Gewerbe geführt werden muss, macht da eurer Erfahrung nach eher ein Einzelunternehmen Sinn oder eine GmbH? Ich las, dass es ab einem gewissen Umfang mehr Sinn macht, eine GmbH zu führen…
7. FALLS man die nicht ausgecashten Werte in einem Einzelunternehmen NICHT am Jahresende versteuren muss, sondern sie einfach im Betriebsvermögen bleiben, gibt es dann eine Möglichkeit, die Betriebsform später noch in eine andere zu „überführen“, um damit die Steuerlast zu minimieren? Evtl. auch über das Ausland? (und damit meine ich nur legale Optionen!)
8. Noch mal zum Thema Auswandern: Wenn man in einem anderen Land lebt (Zypern bietet sich an), oder von der 183-Tageregelung Gebrauch macht, muss man als Deutscher ja keine Einkommensteuer zahlen… Wie würde es sich aber verhalten, wenn die Werte in einem Betrieb sind?
Bespiel:
Man hat zu Jahresbeginn 100.000 Euro im Betriebsvermögen und generiert bis April noch mal 50.000. Wenn man dann im April auswandern will, muss man sich ja abmelden, und auch das Gewerbe, oder? Was passiert dann mit dem Betriebsvermögen? Ich vermute, man muss es vorher ins Privatvermögen überführen, oder? Da in dem Jahr ja schon die 183-Tage-Regelung greift, muss man darauf dann keine Einkommensteuer zahlen, oder? Allerdings wird bis zum Zeitpunkt der Abmeldung Gewerbesteuer fällig, richtig?
Ich wäre UNENDLICH dankbar für Antworten, selbst wenn sie nur Teilbereiche abdecken!