TL;DR:Lasst euch impfen, wenn ein Impfstoff zur Verfügung steht!
Tut ihr es nicht, sterben mehr Menschen, die ihr auf dem Gewissen habt, dauert der Lock-Down länger, die wirtschaftlichen Schäden werden größer, und am Ende muss wegen euch eine Impf-Pflicht kommen.
Da sich hier mittlerweile die Impfgegner und selbsternannten -skeptiker eingeschlichen haben, will ich mich dem Thema mal ein wenig annehmen.
Was soll eine Impfung bringen [...]?
Impfung? Was soll das bringen [...]?
Daher verstehe ich eigentlich gar nicht wozu es eine Impfpflicht geben soll?
Wenn es schon am grundlegenden Verständnis hapert, was impfen oder eine Impfpflicht bringen sollen, muss man wohl ganz von vorne anfangen.
Impfen sorgt bei einer Einzelperson dafür, dass dieses Individuum sich selbst
mit erheblich verringerter Wahrscheinlichkeit mit einem Erreger infiziert. Impfen kann leider nicht das Wunder vollbringen, eine Infektion mit absoluter Sicherheit auszuschließen, das kann nach gängiger Lehrmeinung lediglich der liebe Gott.
Impfen sorgt innerhalb einer in der Breite geimpften Bevölkerung dafür, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Erreger sich von einem Individuum auf ein anderes überträgt, stets umso geringer wird, je höher der Impfgrad innerhalb der Population ist. Auch hier kann Impfen leider nicht das Wunder vollbringen, eine Übertragung vollständig auszuschließen.
Folglich ergibt sich für gängige Infektionskrankheiten ein übereinstimmendes Muster:
Je nach individueller Übertragbarkeit eines Erregers sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sich dieser weiter ausbreiten kann, bei höherem Impfgrad in der Population zunächst unter einen Wert, an dem die Anzahl der Infizierten nicht länger zunimmt.
Werden dann mehr Personen geimpft, wird folgend der Wert erreicht, an dem die Anzahl der Infizierten abnimmt.
Wird ein solches Impfregime dann über einen hinreichend langen Zeitraum aufrecht erhalten, kann der Erreger früher oder später innerhalb der Population vollständig aussterben.
Solange allerdings ein ausreichend großes "Reservoir" an Nicht-Geimpften besteht, ist die Wahrscheinlichkeit für ein tatsächliches vollständiges Aussterben des Erregers sehr gering.
Es gibt nun Erreger, die relativ "harmlos" sind, was ihre Infektiosität angeht, dazu gehört in gewisser Weise SARS-CoV-2, aber auch andere, wesentlich "fiesere" Erreger, wie z.B. die Pocken, die sich ausbreiten wie Katzen-Memes auf Facebook.
Bei harmloseren Erregern kann es ausreichend sein, einen relativ kleinen Teil der Bevölkerung zu impfen, um die Ausbreitung zu bremsen.
Bei hochinfektiösen Monstern wie den Pocken muss man schon einen deutlich höheren Anteil der Bevölkerung impfen.
Bis zur Ausrottung bringt man Erreger allerdings in beiden Fällen nur, wenn sehr große Teile der Bevölkerung geimpft sind.Die Pocken beispielsweise gelten heute als ausgerottet, hierfür war ein Impfgrad der Bevölkerung (je nach Verbreitungsgebiet) von deutlich über 90% erforderlich, teilweise (aus meiner Erinnerung) annähernd 99%.
Das Verbreitungsgebiet spielte insofern eine Rolle, als in Regionen mit besserer Erkennung, Eindämmung und Behandlung auch gezielt gegen einzelne Ausbrüche vorgegangen werden kann.
Impfen kann also auch bei geringerem Impfgrad erfolgreich sein, wenn begleitende Maßnahmen ergriffen werden.
Was lässt sich daraus also für eine zukünftige SARS-CoV-2-Impfung schließen?
Je nachdem, wie viele Personen sich impfen lassen, können die Zwangsmaßnahmen zur Eindämmung entsprechend schneller und deutlicher zurückgefahren werden.Anders gesagt: wer sich nicht impfen lässt, nimmt billigend in Kauf, dass der Lock-Down erheblich länger und strenger aufrecht erhalten werden muss.
Und jetzt zu den "Reichsbedenkenträgern" unter den Impfskeptikern.
Was ist mit den Impfreaktionen, Impfkomplikationen, .....
Gibt es (wenn auch deren Art und Umfang von Impfgegnern typischerweise arg übertrieben werden).
Hier geht es um eine Abwägung.
Risiken sind bei jeder Form der Bekämpfung von SARS-CoV-2 zu erwarten.
Die Frage ist, welcher Weg die am ehesten vertretbaren Risiken birgt.
Ein möglicherweise jahrelanger Lock-Down hat erhebliche wirtschaftliche Nachteile zur Folge, die letzten Endes ebenso Menschenleben und Gesundheit kosten werden.
Dem gegenüber kann man ein (vermutlich*) geringes Risiko für Einzelpersonen durch einen möglicherweise nicht perfekten Impfstoff stellen.
Ich will hier nicht Menschenleben gegeneinander aufwiegen, nach dem Motto "was sind schon 10 Opfer durch allergische Schocks bei Impfungen, wenn wir 100.000 Menschen vor Covid-19 retten?", aber ganz von der Hand zu weisen ist nicht, dass zumindest die Politik solche "Aufrechnungen" betreiben wird müssen, wenn sie zu einer Entscheidung über den Einsatz eines Impfstoffs gelangen will, und ggf. auch über eine Impfpflicht.
* solange noch nicht einmal ein Impfstoff vorhanden ist, ist es genau genommen sogar für Vermutungen zu frühViren mutieren und nächstes Jahr kommt der nächste. Selbst bei Influenza wird jedes Jahr geknobelt, welche man in den Impfstoff packt und dann liegen sie bei den 4-5, die Impfstoff drin sind, immer noch falsch und die Grippeimpfung ist wirkungslos.
Auch das ist grundsätzlich zutreffend. Da insbesondere die jährliche Influenza-Saison von einer Co-Zirkulation unterschiedlicher Influenza-Stämme geprägt ist, solche Co-Zirkulationen aber auch bei anderen Erregern auftreten (man denke an den üblen Mix aus Marburg- und RAVN-Virus 2000 im Kongo), können Impfungen oft nur gegen einen Teil der zirkulierenden Erreger wirken.
Solange SARS-CoV-2 nicht zu stark mutiert, sollte es allerdings möglich sein, einen halbwegs brauchbaren Impfstoff zu entwickeln.
Auch hier ist es allerdings noch verfrüht, über die Effektivität eines derzeit noch nicht entwickelten Impfstoffs zu spekulieren.
Zu einer potentiellen Impfpflicht:
Leute bei Aussagen wie „bis ein Impfstoff zur Verfügung steht wird es keine alte Normalität geben“. Wer bestimmt welche Impfstoffe ich in mich spritzen lassen möchte? Wenn ich mich nicht impfe und mich eine Person die sich ebenso nicht impfen gelassen hat ansteckt, dann ist das mein Problem. Wenn ich ein Wirt bin und Person B impft sich ist die Person doch geschützt, wenn Person C sagt sie möchte sich nicht impfen ist es das Problem dieser Person und selbst wenn jetzt 500 Leute Virusträger sind wird Person B das Virus mit einer Impfung angeblich nicht bekommen. Daher verstehe ich eigentlich gar nicht wozu es eine Impfpflicht geben soll? Kann mir das mal wer erklären?
Dass Impfen grundsätzlich sinnvoll ist, und mit sehr überschaubaren Risiken einhergeht, sollte ich hinreichend dargelegt haben.
Warum nun sollte man über eine Impfpflicht nachdenken?
bin auch gegen eine generelle Impfpflicht, und habe es bei einem erfolgreichen Impfstoff auch nicht vor mich Impfen zu lassen!
Buchi-88 bringt es eigentlich auf den Punkt:
warum braucht es (möglicherweise) eine Impf-Pflicht? Weil er sich nicht impfen lassen möchte.Es gibt in der Bevölkerung zahlreiche Personen, die sich nicht impfen lassen können, sei es, weil sie ein stark überreagierendes Immunsystem haben (für diese wäre eine Impfung hoch-riskant), oder aber auch ein kaum existentes (bei diesen wäre eine Impfung praktisch wirkungslos).
Diese Personen gehören überdies teilweise zu den Hoch-Risiko-Gruppen in Bezug auf Covid-19.
Wenn wir (diejenigen mit einem "normalen", gesunden Immun-System) uns impfen lassen, gehen wir ein praktisch vernachlässigbares Risiko ein, und schützen damit diese Menschen, die nicht die Wahl haben, sich selbst impfen zu lassen.
Sich impfen zu lassen, ist also ein Akt der menschlichen Solidarität mit den (medizinisch) Schwächsten in unserer Gesellschaft.
Anders gesagt: ich selbst halte eine Impf-Verweigerung bei einem hinreichend getesteten, halbwegs sicheren Impfstoff für asozial.
Ich nehme für mich selbst liebend gerne ein minimales Risiko auf mich, wenn ich damit Tausenden, möglicherweise Hunderttausenden Menschen helfen kann, die nicht über eine so robuste Gesundheit wie die meine verfügen.
Wer anders denkt, dem kann ich nur sagen, er möge noch einmal tief in sich gehen, und sich die Frage stellen, ob er beispielsweise ein spielendes Kind von der Straße retten würde, wenn sich ein Auto nähert, auch auf die Gefahr hin, möglicherweise selbst in eine minimale Gefahr zu geraten.
Wer sich davon immer noch nicht überzeugen lässt, dem muss ich dann leider mit der Keule der Impfpflicht kommen.
Erstens kann und will ich nicht dulden, dass der Lock-Down wegen ein paar Impf-Gegnern unnötig in die Länge gezogen wird.
Zweitens kann und will ich nicht dulden, dass letzten Endes möglicherweise Tausende Menschen unnötig sterben, damit eine Handvoll Impf-Gegner sich nicht dem vermeintlichen Risiko einer Impfung aussetzen müssen.
Ich bin an und für sich auch kein Freund einer Impf-Pflicht.
Nicht, weil ich Impfungen skeptisch gegenüber stünde, sondern weil ich Pflichten, welche die Selbstbestimmung über den eigenen Körper tangieren, sehr skeptisch sehe.
Leider zwingen mich die selbsternannten Impf-Gegner und -Skeptiker allerdings letzten Endes dazu, mich für eine Impfpflicht auszusprechen.
Wo man die Menschen mit vernünftigen Argumenten nicht mehr erreicht, muss im Falle einer gemeingefährlichen Realitätsverweigerung allerdings leider gelegentlich mit Zwang agiert werden.
Ein paar Detail-Fragen, die ich so im Thread aufgesammelt habe:
Wenn ich das richtig verstehe bringt die Impfung von Risikogruppen und stark exponierten Personen im Gesundheitsbereich, wie es z.b. für der Influenza in Deutschland üblich ist genau das, was jetzt zum Problem wird: es liegen weniger Risikogruppen auf der Intensivstation und das Pflegepersonal bleibt überwiegend gesund.
Das ist ein erster positiver Effekt, der bereits bei geringem Impfgrad erreicht werden kann.
In Anbetracht der hohen Deckungsgleichheit von Risikogruppe und Impf-Schwierigkeiten könnte das im Falle von SARS-CoV-2 aber schwierig werden.
In hohen Altersgruppen ist impfen leider häufig nicht mehr sinnvoll, bzw. auch gefährlich.
Und um mal einen Aspekt einfließen zu lassen, die kompetenten Studienverfechter sind ja gerne beim Placeboeffekt, wenn sie keine andere Erklärung zulassen wollen.
Das dies genauso bei Arzneimitteln/Impfungen eine Rolle spielt, sollte man nicht außer Acht lassen
Ein Placebo-Effekt bei Impfstoffen ist mir nicht geläufig.
Kannst du hierfür Beispiele nennen?
Es ist nicht sonderlich plausibel, einen solchen Placebo-Effekt bei Impfungen zu erwarten, wobei dieser bei anderen Medikamenten / Therapien durchaus gut verstanden ist.
Anders gesagt: ich halte die Behauptung, dass es bei Impfungen einen Placebo-Effekt geben könnte, für absolut unglaubwürdig.
Im übrigen müsste ein solcher Placebo-Effekt auch in einer doppelt-verblindeten Studie nachweisbar sein, solche werden bei Impfstoffen allerdings aus guten Gründen i.d.R. nicht vorgenommen.
Ich halte insofern sogar die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Placebo-Effekt bei Impfstoffen, so es ihn denn geben sollte, überhaupt jemals beobachtet worden sein könnte, für wenig plausibel.
Oder, um es sehr viel deutlicher zu sagen: von welcher Verschwörungs-Seite hast du denn die Fake-News?
Um ehrlich zu sein, bei einem Impfstoff, der innerhalb von zwei Monaten entwickelt wird, und der kaum getestet wurde (da neue, innovative Methode), da bin ich auch nicht ohne Zweifel. Schlicht weil er nicht ausreichend getestet wurde. Deshalb heisst es ja auch, dass ein Impfstoff gegen Corona, von welchem man guten Gewissens behaupten kann, dass er sicher ist, wenn überhaupt, erst im nächstes Jahr zu rechnen ist.
Ganz so schlimm ist es glücklicherweise nicht.
Einen Impfstoff zu testen, der so dringend gebraucht wird, sollte erheblich schneller gehen, als üblich.
Da werden dann die Aluhutträger zwar wieder aufschreien "und in ein paar Jahren kriegen wir alle Krebs von dem ungetesten Dreck", aber an sich ist nicht zu erwarten, dass ein Impfstoff, der nach einem gängigen Verfahren entwickelt wird, besondere, vom "üblichen" abweichende Risiken mit sich bringt.
Sollte tatsächlich ein Impfstoff aus einer neuen Entwicklungsreihe kommen, müsste man vermutlich allerdings tatsächlich deutlich ausgiebiger dessen Verträglichkeit testen.
Impfen gehört zum Gesundheitswesen nun einmal auch dazu. Ob das jetzt perfekt ist, total Risikolos? Es ist gut genug, und es ist das was wir haben.
Dem kann ich mich so eindeutig anschließen.
Daher verstehe ich eigentlich gar nicht wozu es eine Impfpflicht geben soll?
Ist recht einfach. Das Immunsystem ist besser als alle Pillen die sich so einschmeissen lassen.
Dem ebenso.
Zum Impfstoff:
Vor ein paar Tagen wurde mir aus Internen Kreisen erzählt, dass Roche schon sehr weit mit einem Impstoff wäre
Leider hören wir aus allen Ecken, dass ein Impfstoff quasi "kurz vor dem Durchbruch" stünde.
Ich selbst bleibe da skeptisch, aber wäre natürlich hoch erfreut, wenn sich eine dieser Sensationsmeldungen letzten Endes als mehr als bloßes Marketing-Geblubber erweisen sollte.
Realistisch sollte man IMHO dennoch keinen Impfstoff in diesem Jahr erwarten.
Herdenimmunität wird mit 60-70% angenommen. Warum ist das so? Bei zB. Masern heißt es aber 95% müssen geimpft==immun sein. Wie berechnet sich das?
Das berechnet sich aus der Basisreproduktionszahl . Bei CoV wird damit gerechnet, dass ein Infizierter drei weitere
nicht immunisierte ansteckt. Bei Masern steckt ein Infizierter 12-18 an.
D.h. wenn bei CoV zwei von den drei schon immun sind wird nur mehr einer neu angesteckt und das exponentielle Wachstum ist gestoppt. Bei Masern müssen 11 von 12 immun sein (oder 17 von 18).
Vielleicht kann man das auch einfacher erklären:
Herdenimmunität wird dann erreicht, wenn ein Erreger sich innerhalb der Bevölkerung nicht mehr ausbreitet, weil jemand, der sich infiziert hat, normalerweise nicht oder nur sehr selten noch einen anderen ansteckt, weil genügend Menschen bereits immun sind.
Dadurch stirbt ein Erreger im Übrigen nicht unbedingt aus, da immer noch einzelne den Erreger verbreiten, und insbesondere lokal (beispielsweise in einer Gruppe Impf-Gegner, die eine Masern-Party schmeißen) noch Cluster gebildet werden, innerhalb derer sich der Erreger verbreiten kann.