Steile These: Bitcoin funktioniert als Währung (damit mein ich nicht die technische Seite) wenn Du mit dem Wissen von heut damals dennoch 10.000BTC für zwei Pizzen ausgeben würdest. Ich denke ein recht einfacher Test den jeder selbst im stillen Kämmerlein nur für sich beantworten muss.
Ich weiß nicht ganz, worauf du hinaus willst, aber ich denke, du hast in VWL beim Thema Geldwertillusion geschlafen.
Was ist denn an meinem Satz kompliziert das du ihn nicht verstehst?
Ich rate einfach ungern, was denn nun die Aussage ist, auf die mein Gegenüber hinaus will.
Deine Hypothese scheint zu sein (in meinen Worten):
Bitcoin funktioniert nicht als Währung.
Deine Begründung hierfür scheint zu sein (in meinen Worten):
Weil man heute weiß, dass man mit 10.000 BTC mehr als zwei Pizzen kaufen kann.
Und wenn man dieses Wissen früher gehabt hätte, hätte man die Pizzen nicht gekauft.
Irgendwie scheint es mir aber keinen kausalen Zusammenhang zu geben.
Das Problem ist einfach, dass laszlo damals eben keineswegs wusste, dass 10.000 BTC einmal mehr wert sein werden als zwei Pizzen.
Er mochte es vielleicht ahnen, und eine gewisse Erwartungshaltung in diese Richtung haben, nur ändert das zunächst nichts an der Bewertung der Lage zum Zeitpunkt des Erwerbs der Pizzen.
Oder, in anderen Worten: zum Zeitpunkt der Entscheidung von laszlo, zwei leckere Pizzen mit Bitcoins zu bezahlen, war der Wert dieser 10.000 Bitcoins eben auch nicht mehr* als zwei Pizzen.
* kleine historische Anmerkung: laszlo hat schon zum damaligen Zeitpunkt zu einem "ungünstigen" Kurs gehandelt, er hätte durchaus auch für 7.000 BTC seine zwei Pizzen bekommen. Die kleine Rundungsungenauigkeit von 3.000 Bitcoins war ihm aber egal.
Ich müsste jetzt im Gegensatz dazu bei Geldwertillusion raten, weiß gar nicht ob ich VWL überhaupt gehabt hatte, aber ich seh da überhaupt keinen Widerspruch ganz im Gegenteil. Angenommen Geldwertillusion bedeutet: man denkt, dass das Geld immer gleich viel Wert ist;
Extrem vereinfacht stimmt deine Definition von Geldwertillusion schon.
"Geld ist immer gleich viel Wert".
Das heißt eben auch, dass zu jedem Zeitpunkt zwar eine Erwartungshaltung vorliegen mag, die ein Sinken oder Steigen des Wertes beinhaltet, sich daraus aber keine Entscheidungsgrundlage für oder gegen das Ausgeben des Geldes ableiten lässt.
Erst, wenn die Geldwertillusion sich dahingehend verändert, dass man dauerhaft annimmt, dass Geld entweder weniger oder auch mehr wert wird, verändert sich die Entscheidungsgrundlage für Ausgaben.
Das ist in lang anhaltenden Phasen der Deflation empirisch gut belegt, und ebenso in (auch kürzeren) Phasen
starker Inflation.
Ob man bei Bitcoin überhaupt schon von einer entsprechend veränderten Erwartungshaltung sprechen kann, halte ich für fraglich.
Zwar dürfte es nicht unüblich sein, dass der gewöhnliche Bitcoin-Hodler von einer mittel- bis langfristigen Wertsteigerung ausgeht, aber aus der Sicht eines normal ökonomisch Handelnden sieht die Sache komplett anders aus.
Wer Bitcoins lediglich als Zahlungsmittel verwenden will, z.B. weil er diese sowohl einnimmt als auch ausgibt, für den ist im Rahmen der kurzzeitigen Betrachtung seines "HODL-Horizonts" weder eine Erwartung in Richtung auf steigende, noch fallende Kurse plausibel.
Vielmehr gilt für ihn eine große Unsicherheit und damit einhergehend eine hohe Motivation, sicherheitshalber seine Bitcoins schnell wieder auszugeben.
In der klassischen Sichtweise dürfte sich das dann so auswirken, dass er eine möglichst kurze Haltedauer anstrebt, was wiederum die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes "Bitcoin" erhöht.
Eine erhöhte Umlaufgeschwindigkeit bringt stets eine Teuerung (umgangssprachlich Inflation) mit sich.
Aus der Sicht des bloßen Bitcoin-Nutzers ergibt sich also:
1. ich habe eine Zahlung in Bitcoin erhalten.
2. was mache ich jetzt mit dem Bitcoin?
3. wenn ich ihn behalte, habe ich ein hohes Risiko.
4. Risiko will ich nicht, da ich ein gewöhnlich wirtschaftender Mensch bin, der sein Geld nicht mit Spekulation, sondern mit ehrlicher Arbeit™ verdient.
5. also lieber schnell wieder ausgeben.
-> hohe Umlaufgeschwindigkeit -> Teuerung ("Inflation")
Aus Sicht des Nutzers gibt es also wenn überhaupt die Erfahrung, dass der Wert von Bitcoins eher sinkt denn steigt, selbst dann, wenn in der Rückschau der Bitcoin-Kurs stets gestiegen ist.
Sofern die Geldwertillusion für den Nutzer also in die eine oder andere Richtung tendiert, dann eher in Richtung "wird immer weniger wert".
Übrigens gab es passender Weise sogar aktuell einen Vorschlag/Diskussion über die Veränderung der Höchstgrenze bei Bitcoin.
Ich verstehe zwar den Zusammenhang jetzt nicht, aber ich greife das trotzdem mal auf:
ich bin sehr für eine Veränderung der Höchstgrenze bei Bitcoin.
War ich schon immer.
Im Idealfall würde ich mir eine stetig leicht steigende Block-Reward wünschen (2% pro Jahr z.B.).
Nur bin ich auch Realist, und weiß, dass das politisch nicht durchsetzbar ist.
Blasphemie!