Ich finde nur, dass unsere Version, die wir hier und nebenan im Steuerthread erarbeitet haben, einfach plausibler ist: Es geht dem FA Bonn nicht um eine gesetzgeberische Umsetzung des Richtlinienrechts oder - europarechtlich in solchen Fällen gar nicht vorgesehen: des EuGH-Urteils, weil es eben unmittelbar gilt. Das FA Bonn sagt (implizit, weil sies wegen der Hackordnung nicht offen können): Wir haben schon erkannt, dass es das EuGH-Urteil gibt, wir dürfens aber nicht anwenden, weil der Anwendungsbefehl von oben fehlt und zwar meint oben hier nicht den Gesetzgeber, sondern das BMF. Zuerst, in meinem ersten Post, bevor ich den Prüfbericht kannte, dachte ich noch, die haben verkannt, dass man hier die Befreiungsvorschrift des deutschen UStG richtlinienkonform auslegen muss. Aber das war nicht der Punkt. Das hatten die erkannt. Die sagen stattdessen im Passiv: Auch eine richtlinienkonforme Auslegung "ist nicht erfolgt" oder so ähnlich. Was soll das heissen? Leute, Auslegung ist eine Sache, die ihr machen müsst, ihr müsst das Recht anwenden, das ist euer tägliches Geschäft. Juristisch ausgedrückt: Der Auslegungstenor von EuGH-Urteilen ist von allen staatlichen Behörden sofort nach Verkündung zu beachten. Du kennst das, siehe weiter oben im parallelen Steuerthread. Die meinen aber, sie brauchen die Erlaubnis dazu von oben, also eine Verwaltungsanweisung. Und du hattest ja erkannt, dass dasselbe für den Anwendungsvorrang gilt. Die meinen doch allen Ernstes, den Anwendungsvorrang müsste noch jemand anordnen (Und die Stellungnahme von Dr. Meister vom BMF - BT-Drucksache 19/370 - kannten sie nicht, das hatte Kryptotaxpert recherchiert.) Genau das sind die europarechtlichen Fehler, wobei wir wieder bei unserer Diskussion wären, dass hier eine Kollision zwischen Europarecht und interner deutscher Verwaltungspraxis vorliegt. - Kryptotaxpert gähnt.
Aber wenn man das erkannt hat, dann verliert die ganze Frage seinen Schrecken und es ist gar nichts mehr problematisch. Es ist dann nur die Frage, welche Behörde (FA oder BMF) für die Anwendung des EuGH-Urteils sorgt, DASS es gilt und anzuwenden ist, ist nicht zweifelhaft. Das Ergebnis kann also nur Umsatzsteuerbefreiung lauten, die Frage ist nur, wann das BMF es endlich anordnet (obwohl diese Praxis ja - ich wills hier nur nochmal erwähnen - gegen Europarecht verstößt und der Grund der ganzen Posse um das FA Bonn ist), darüber haben wir ja im Steuerthread schon lang und breit diskutiert. Also muss ich mir gar keine Gedanken um die Umsatzsteuer machen. Die Umsatzsteuerbefreiung ist seit 2015 da, sie muss nur noch bei allen Finanzämtern ankommen, übergangsweise ist sie das mit der E-Mail des Dr. Hufen bereits, förmliches BMF-Schreiben folgt. Und dass die Finanzverwaltung zum grossen Gegenschlag ausholt und die Machtprobe mit dem EuGH sucht, ist ein Märchen: Eine angebliche, unbewiesene Aussage des FA Höxter, mags gegeben haben, wird aber alte, überholte Verwaltungspraxis von 2014 gemeint haben, sonst völlig unplausibel in dem Kontext, null weitere Indizien.
Fortsetzung folgt ....