Jetzt müssten wir definieren: Was genau ist ein Depot? Und wo genau liegen eigentlich die Coins? Und wie genau verhält es sich mit den verschiedenen Wallets? Und ganz zum Schluss käme dann: Wie weise ich dem Finanzamt das alles dann nach, sollte ich das müssen?
Electrum nutzt sog. HD-Wallets. Das sind Wallets, die aus einem Seed auf Basis von BIP32 deterministisch beliebig viele BTC-Adressen erzeugen können. Alle diese aus dem Seed erzeugbaren Adressen könnte man zusammen ein (technisch) eindeutig definiertes Depot (= Wallet) nennen. Entsprechende Depots ließen sich dazu nutzen, Depottrennung zu betreiben, also z.B. ein Hodl-Wallet und ein Trading-Wallet zu führen.
Betreibt man diese Art von Depottrennung und muss dem Finanzamt gegenüber die Ein- und Ausgänge nachweisen, erstellt man einfach eine Liste aller Transaktionen der jeweiligen Depots. Man könnte dem Finanzamt sogar die Master Public Keys der Depots bereitstellen. Auf dieser Basis ließen sich alle Ein- und Ausgänge der Depots technisch eindeutig nachvollziehen. Signiert man eine Nachricht mit einer der verwendeten Wallet-Adressen, hat man sogar einen technisch eindeutigen Beweis, dass man über dieses Depot Verfügungsgewalt hat.
Was ich in diesem Zusammenhang übrigens ganz interessant finde sind folgende Hinweise aus den Release Notes zur kommenden Version 3.1 von Electrum:
Interessant ist das deshalb, weil man damit weder FIFO noch LIFO als fiktive Verbrauchsfolge, sondern die tatsächliche Verbrauchsfolge dokumentiert. Man könnte aus einem Depot - durch Nutzung von Coincontrol - also gezielt einzelne UTXOs auswählen und an einer Exchange veräußern. Anders als nämlich in einem Devisen- oder Aktiendepot - wo ich eben nicht gezielt bestimmte Teile herausgreifen kann - ist das bei Bitcoin-Transaktionen möglich (technisch sogar zwingend, nur macht das üblicherweise die Walletsoftware eigenständig). Folglich muss ich auch nicht zur Verbrauchsfolgefiktion greifen, um den steuerlichen Gewinn oder Verlust innerhalb der Haltefrist zu berechnen. Ob das Finanzamt da allerdings mitgehen würde - wer weiß das schon. Ich hab' auch nicht im Blick, ob das schon mal im Thread oder anderswo angesprochen wurde.
EDIT: Übrigens, das österreichische BMF sieht das übrigens genau wie beschrieben:
Ich gehe davon aus, dass die Finanzverwaltung pragmatische Überlegungen anwenden wird und eben nicht einzelne Nachweise anhand eines kryptischen Schlüssels auf einer Blockckchain akzeptieren wird weil "Klaus Istmüdeheute" den nicht versteht...das Schreiben des BMF der Ösis (in diesem Punkt ist mir präsent), wird der dortigen Verwaltung noch viel Freude machen, muss grade an die Aufsplittung einzelner Trades in zig kleinere denken und den "beflissenen Ktyptotrader" der mittels mehrerer Aktenordner "Klaus Istheutemüde" völlig enthusiastsch die Verwendung einzelner Coins nachweisen möchte, Klaus wäre dann, als sensibler Zeitgenosse spätestens beim dritten Steuerpflichtigen selbstmordgefährdet...
Die Wallets sind übrigens nicht so wirklich das Problem, dies beginnt viel mehr auf der Exchange und endet auf der "Exitexchange" von der man in Fiat zurücktauschen will, hierzu lassen sich via FiFo aber schnell passende Strategien bauen.