Es gibt bei der Buchhaltung so einen allgemeinen Grundsatz, dass ein sachkundiger fremder dritte sich in angemessener Zeit einen ausreichenden Überblick verschaffen können muss.
Die Sachkunde ist hier keine Raketenwissenschaft. Nehmen wir mal eine beliebige Transaktion aus einem vor einigen Minuten geminten Block:
d999c200aebb257281b4bf00bf446999e18cec984f7e17f375315a96bc66cec9Nehmen wir an, mit dieser Transaktion hat jemand die übermittelten 0,5 BTC angeschafft gegen entsprechende Fiatzahlung. Und nehmen wir an, er hat dafür 4.700 EUR bezahlt. Dann habe ich für diesen Eingang in meinem Wallet einen klar definierten Anschaffungspreis. Wie man in der TX-Historie sehen kann, sind die 0,5 BTC sofort weitertransferiert worden:
8f98e0ce45055ad01ceebe33941de21ed44175a7e1206646ed886f0115935da0. Nehmen wir nun an, der Käufer hat damit drei Rechnungen bezahlt und die gezeigten 0,33630213 BTC an eine Exchange geschickt. Dann hat er für das nun folgende Handeln einen konkreten Anschaffungspreis, der allen weiteren Trades exakt zugrundegelegt werden kann.
Ich verstehe auch nicht wirklich die Aufregung, mittels richtig angewandtem FiFo kann ich am einfachsten und ohne lange Dokumentationsnotwendigkeit doch jedes Ziel erreichen, vorausgesetzt, man macht es richtig.
Kann ich eben nicht. Wenn man zu FIFO genötigt ist, dann entgehen einem zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Bleiben wir beim vorherigen Beispiel. Sagen wir, der Käufer der 0,5 BTC hat vor zehn Monaten seine ersten Bitcoins gekauft. Und sagen wir, das waren auch 0,5 BTC. Damals hat er dafür sagen wir 600 EUR bezahlt. Der Käufer will nun Ether auf der Exchange kaufen, wohin er die 0,5 BTC transferiert hat. Er geht davon aus, der Ether-Preis wird explodieren - und darum will er das jetzt sofort machen. Wenn FIFO gilt, dann muss er fiktiv seine 0,5 BTC nehmen, die er vor zehn Monaten gekauft hat. Und damit fällt beim Tausch gegen Ether ein Gewinn von 4.100 EUR an. Wenn er aber die 0,5 BTC von heute frei wählen kann zum Transfer (was er ja gemacht hat mit der zweiten TX von oben), dann fällt keine Steuer an. Er tauscht BTC im Anschaffungswert von 4.700 unmittelbar nach Anschaffung gegen Ether zum Anschaffungswert von ebenfalls 4.700 EUR. Selbiges kann er ja auch erreichen, wenn er - in diesem einfachen Beispiel - LIFO verwendet. Aber, gehen wir einen Schritt weiter: Der Käufer hat auch im Dezember 0,5 BTC gekauft. Zum Anschaffungspreis von 8.000 EUR. Nimmt er nun genau und nachweisbar diese für den heutigen Ether-Kauf, dann realisiert er einen Verlust von 3.300 EUR.
Wie Du siehst: Ich habe damit völlig andere und klar nachweisbare Gestaltungsmöglichkeiten. Ich werde nicht dazu gezwungen, eine Fiktion zu verwenden, wenn es um die konkrete Bewertung der verschiedenen Tauschhandlungen geht.
Macht ja bei einem gedachten großen Haufen, bei dem immer was dazukommt (Li) und abgeht (Fo) auch Sinn, der bauer nimmt ja die kartoffeln vom rand weg und baggert sich nicht bis zum Ende des Haufens durch.
Wie gesagt: der Vergleich mit den Kartoffeln ist nicht zielführend. Auch nicht der Vergleich mit Devisen- und Aktiendepots. Ich kann eben - um im Bild zu bleiben - als Bitcoin-Bauer jeden einzelnen Kartoffel-Transfer exakt belegen und ich muss nicht mit dem Bagger in meinem Wallet einzelne Kartoffeln rausschaufeln, sondern kann gezielt und nachvollziehbar dokumentiert exakt jede einzelne Kartoffel adressieren und auf den Markt tragen.
Ich sagte nicht, dass die Transaktionen nicht einzeln belegbar sind, dass ist klar, ich sagte, dass die Finanzverwaltung sich nicht mit 100en von Aktenordnern rumplagen wird wenn Intensivtrader ihre Einzelnachweise anbringen. Technische Umsetzbarkeit bedeutet für die FinVerw noch lange nicht, dass dies auch so umgesetzt bei der Veranlagung umgesetzt wird. Ich sag mal ganz frech, dass eine gute Strategie immer die Handlungsalternativen des gegenübers mit einbezieht und auch im worst case das Ziel errecht.
Um auf Dein Beispiel einzugehen, um genau das von Dir ungewünschte Ergebnis zu verhindern müsste er schlicht die älteren 0,5 BTC umparken, es ist definitiv mehr als ungeschickt, auf einer Exchange Coins rumliegen zu haben, die man hodln will, eigentlich die erste Regel bei gemischten Tradingstrategien ist, diese auf ne "paperwallet" zu packen, Depottrennung heißt Wallettrennung, dass da manche das FiFo querbeet über alle Wallets/Exchanges anwenden (darunter auch eine Software) heißt für mich nichts anderes, als dass sie FiFo nicht verstanden haben. Ich kann Dir mit FiFo sämtliche gewünschten Ziele abdecken und brauche dafür maximal einen Zwischenschritt.
Viele wünschen sich LiFo weil es ja angeblich einfacher zu handhaben wäre, haben aber wohl nicht verstanden, dass da erst der gesamte bestand verkauft werden muss um an die steuerfrei veräußerbaren Coins zu kommen, es sei denn: wieder Depottrennung, also kein besonderer Unterschied...
(Ich suche übrigens grad noch nach nem guten Programmierer für webanwendungen, die Datenbankanwendung ist schon ganz gut vorne, hast Du da nen Kontakt?)