Ui, das ist ja hier das reinste Steuer-Gambling.
Meint ihr wirklich, dass diese Herangehensweise zielführend ist? Sie ist nach den Gesetzen zwar möglich, aber ich würde die Gefahren dabei nicht vernachlässigen. Die Variante Versteuerung zum Zuflusszeitpunkt mit Wert zum Zuflusszeitpunkt bietet meiner Meinung nach nämlich die größte Angriffsfläche für schwammige Preisfestlegungen und ob das dem Finanzamt so gefällt, weiß ich nicht.
Ganz abgesehen davon, dass man seine Coins bei geringem Handelsvolumen wohl kaum für den (durchaus auch je nach Exchange extrem unterschiedlichen) dort angegebenen Preis verkauft bekommt, da sobald man ein paar der Coins verkauft, der Preis stark absacken wird.
Theoretisch wäre man nach dieser Berechnungsart aufgeschmissen, wenn jemand auf einer Dex zum Listing einen extrem hohen Preis einstellt, der ein Vielfaches über dem eigentlichen Preis liegen wird, den man später auf dem Markt erhält. Diese Order führt er selbst aus, um den Preis zu manipulieren. Die zu zahlenden Steuern wäre immens, nur weil so ein Kasper da den Preis manipuliert.
Das selbe funktioniert natürlich auch in die andere Richtung: Es wäre möglich, dass ein findiger Steuer-Optimierer auf einer Dex einfach eine Order mit einem Preis einstellt, der ein Vielfaches unter dem eigentlichen Preis liegen wird, den man später auf dem Markt erhält. Einfach eine Order einstellen, deren Preis lächerlich gering ist und jemand wird es kaufen. Die zu zahlenden Steuern werden extremst niedrig sein, wenn man nun diesen Preis ansetzt. Das klappt zwar nur bei niedrigem Volumen, aber welche neuen ICOs haben aktuell schon viel Volumen?
1. Zuflußprinzip = Eingang in meinem Wallet und dann der erste verfügbare Marktpreis, z. B. nachweisbar über Etherscan und irgendwelche Trades auf IDEX --> Mein Steuerberater ohne Kryptoexpertise
Das weiß ich nicht ob das geht, du würdest dann ja zum Zuflusszeitpunkt versteuern und da läge es entgegen der Regelung, einen Preis anzunehmen, der eben erst in der Zukunft entsteht. Wert zum Zuflusszeitpunkt wäre in diesem Fall meiner Meinung nach 0€, wenn du es so versteuerst. Aber wie gesagt, das ist an sich schon ein ziemliches Steuer-Gambling und ich als Finanzamt würde das sehr seltsam finden.
Versteuerung zum ICO-Preis ist an sich zwar genauer, aber auch hier gibt es sehr viele Unklarheiten: ICO-Preis mit vollem Bonus? End-ICO-Preis? Gemittelter ICO-Preis?
Zudem hier folgender Fall: Es gab einen ICO (Scavo), da ist der Herausgeber hinterher so schlau gewesen und hat die Tokenmetrik durch eine nebulöse Aktion komplett ad absurdum geführt, hier ist der Artikel:
https://medium.com/@SCAVOTech/scavo-ico-stats-and-post-ico-plan-d59989de0458Kurzfassung: man hat kurzerhand nicht alle Tokens verbrannt, wie normal der Fall, sondern einen speziellen "Airdrop" für alle Investoren ausgegeben, indem man deren gekaufte Menge mit 2,37 multipliziert hat. Allerdings hat Scavo gleichzeitig die eigenen Token (Team) um ca. das 20-fache erhöht (was natürlich nicht im Bericht steht, aber wenn man die neue Gesamt-Supply ausrechnet und mit der vorherigen laut whitepaper vergleicht, ist der Pool des Teams deutlich gewachsen). Insgesamt wurde die gesamte Menge an Token um das 7,7-fache inflationiert, wobei die Investoren die Gelackmeierten waren...
Was da nun der Tokenpreis zum Zuflusswert sein soll? Das weiß keiner. Das ist so wirr, dass selbst das Finanzamt nichtmal auf die durchschnittliche Inflationierung mit dem Faktor 7,7 kommt.
Zudem ist der ICO kein
Abgabeort, wie im Gesetz definiert. Beim ICO werden nur Token ausgegeben, jedoch keine angenommen. Man kann dort keinen Abnahmepreis ansetzen, da man die Token dort nicht verkaufen kann.
§ 8 Einnahmen
(1) Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 zufließen.
(2) 1Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen
Quelle: EStG
Dann gibt es offenbar noch die Möglichkeit, als Zuflusswert zum Zuflusszeitpunkt 0€ pro Coin anzusetzen, wenn es noch keinen Abgabeort gibt, also der Coin noch nicht gelistet ist. Allerdings wäre es fraglich, ob das Finanzamt damit einverstanden ist, denn das würde auch heißen, dass damit direkt die 1 Jahr Haltefrist beginnt.
Eine Versteurerung zu dem Preis, zu dem man die Token dann tatsächlich los wird, wäre am ehesten plausibel nach den aktuellen Regelungen. Nach diesem Verkauf dann wie immer mit 1 Jahr Haltefrist etc. Das Risiko, das man mit der Ansetzung willkürlicher Preise hat, wird vielen Finanzämtern bestimmt erst noch bewusst.
An sich ist es glaube ich auch für viele Finanzämter schwer vorzustellen, wie die Abläufe hier so sind. Mal ein Scamcoin dort, mal ein nutzloser Fork da und dann gibt es so Idioten, die täuschen einen Scam an und ruinieren damit das Projekt vollends (habe diese Shitcoins zum Glück nie besessen).
Ich denke, viele Finanzämter werden nicht wissen, dass der Übergang ICO - Exchange nie so einfach ist, wie wenn man jetzt in einem Gut bezahlt wird, das einen preislich einwandfrei bestimmbaren Gegenwert aufweist und man den auch an einem zumutbaren Handelsplatz realistisch dafür erhalten kann.
Daher ist Krypto damit nur schwer vergleichbar, es bedürfte einfach Regeln, die darauf angepasst werden und den Realitätsbezug im Blick halten. Eine Idee könnte sein, dass man irgendwann deutschlandweit bekannte Kryptowährungen täglich mit einem Preis ausweisen würde, der bei Erhalt anzugeben ist - wenn man nicht direkt in diesen Kryptowährungen bezahlt.
Bei ICO-Coins gibt es allerdings meiner Meinung nach keinen bestimmbaren Gegenwert, da sich dieser erst auf dem Markt bildet und man dann den Preis versteuert, den man tatsächlich dafür erhält, wenn man sie irgendwann verkauft.
Und ein Steuer-Gambling, bei dem je nach Situation die Höhe der Steuern immens variiert, dürfte weder im Sinne des Finanzamts noch im Sinne des Steuerzahlers sein.
Zu Fork-Coins (hier offenbar oft als Airdrops bezeichnet, sind jedoch de-facto keine Airdrops): Ich denke zudem, dass man schon klar zwischen Fork-Coins und Bounty-/Airdrop Coins unterschieden kann. Fork-Coins kommen ungefragt auf die entsprechende Adresse wo man z.B. BTC hält, man kann sich nicht dagegen "wehren". => am ehesten Lotteriegewinn
Bounty-/Airdrop Coins bekommt man durch das Erledigen von Kleinstaufgaben, wie Likes etc. => ebenfalls wie Bounty Versteuerung zum Verkaufswert, wenn die mal was Wert sein sollten.
Alle Angaben sind hier lediglich meine Auffassung. Ich werde sowieso demnächst beim städtischen Finanzamt einmal nachfragen, wie die das sehen und wohl erstmal einen langen Erklärtext "Was sind Airdrops und Bounties" beilegen. Aktuell ist es eh so, dass man 3 Leute fragt und man hat am Ende 3 unterschiedliche Bewertungen, die teils massivst voneinander abweichen. Wenn mir das Finanzamt etwas schriftlich gibt, bin ich auf der sicheren Seite.
Edit: ganz vergessen, dass Hilde X die Übersetzungen ja gewerblich macht, meine Aussagen beziehen sich natürlich auf eine nicht-gewerbliche Tätigkeit.