Es ist ja eigentlich auch widersprüchlich.
Wenn ich einen Selbsttest habe, dann wäre es doch schön, wenn ich mich auch darauf verlassen könnte.
Das Argument ist selbst ein wenig "widersprüchlich", wenn du mich fragst.
Wenn ich Nahrungsmittelergänzungen kaufe, wäre es doch schön, wenn sie auch funktionieren würden.
Wenn ich homöopathische Globuli kaufe, wäre es doch schön, wenn diese auch wirksam wären.
Wenn ich ein Horoskop lese, wäre es doch schön, wenn es auch zutreffend wäre.
In Bezug auf Corona-Selbsttests sehe ich in allererster Linie ein großes Problem, weshalb ich deren Einsatz für sehr fragwürdig halte:
der Testende hat u.U. ein starkes Eigeninteresse an einem bestimmten Ausgang, konkret wohl in der überwiegenden Anzahl aller Fälle an einem negativen.
Vereinfacht gesagt: ich will vielleicht ein negatives Testergebnis, damit ich "guten Gewissens" auf eine Party gehen kann.
Dann habe ich aber kein sonderlich gesteigertes Interesse an einer besonders sorgfältigen Probenentnahme oder einer Interpretation eines nicht eindeutigen Testergebnisses zu meinen Ungunsten.
Das ist letzten Endes der Grund, weshalb bspw. in der Forschung stets die Doppelverblindung gefordert wird, bevor Daten irgendwelche Relevanz beigemessen wird.
In diesem Sinne sind Corona-Selbsttest vor allem unwissenschaftlich, die ermittelten Testergebnisse halten den Minimalanforderungen an Wissenschaft nicht stand.
Im Einzelfall kann ein Selbsttest natürlich dennoch nützlich sein, insbesondere, wenn mein Interesse eher in die andere Richtung tendiert, und ich geneigt bin, ein zweifelhaftes Testergebnis ggf. als positiv zu deuten. In dem Falle wäre dann quasi "Vorsicht besser als Nachsicht".
Unwissenschaftlich wäre allerdings auch dieser Einsatz.
Ist das nicht der Fall, warum soll ich dafür 5 Euro bezahlen?
Dann könnte ich auch gleich einen "organisierten" Schnelltest machen lassen.
In Berlin bsw. gibt es jetzt kostenlose Schnelltests für jeden Bürger, 1 mal pro Woche. Dazu gibt es 4 Testzentren ohne Terminbuchung und 12 Testzentren mit.
Naja, wenn mir der Komfort, nicht in ein Testzentrum gehen zu müssen, die 5 Euro wert ist, ist das doch jedermanns eigene Entscheidung.
Technisch ist das Testzentrum sicherlich die bessere Wahl.
Letztendlich wäre es doch sinnvoll, wenn ein Selbsttest auch eine gewisse Verlässlichkeit bietet.
Das ist aber schwierig.
Mit Abklatschproben ist das IMHO nicht zu machen.
Selbst Bluttests mit 'nem kleinen Piekser haben, unsachgemäß durchgeführt, eine nicht unerhebliche Fehlerquote.
Da reicht es, sich die Finger vorher nicht richtig zu waschen, zu viel Desinfektionsmittel zu verwenden o.ä., und schon kommt ganz schnell ein "falsch negativ" raus.
Generell muss man einfach sagen, dass grundsätzlich
alle Tests dazu neigen, erhebliche Fehlerquellen in Richtung "falsch negativ" aufzuweisen, während Fehlerquellen in Richtung "falsch positiv" rar gesät sind. Das gilt für Selbsttests, aber auch für organisierte, professionell durchgeführte Tests.
Denn wenn ich jeden positiven Selbsttest nochmal bestätigen sollte
Umgekehrt wird ein Schuh draus: eigentlich wäre es sinnvoll, jedes negative Testergebnis mindestens einmalig zu validieren.
Ein positives Testergebnis bedeutet erstmal einfach "Vorsicht, besser den Kontakt zu anderen meiden", da entsteht also kein Schaden.
Ein falsch negatives Testergebnis aber gefährdet andere.