Gerade die ständige Auseinandersetzung mit der Frage "was dürfen 'die da oben' uns verbieten", "wann sind welche Einschränkungen gerechtfertigt" etc. sorgt dafür, dass wir im Moment in gewisser Weise einen eineinhalbjährigen Crashkurs in Staatsbürgerkunde selbst für den dumpfesten Bild-Leser hinter uns haben.
Ich kann mich des Eindrucks in gewisser Weise nicht erwehren, dass Corona in der Hinsicht unserer Demokratie massiv genützt hat.
Kannst du das bitte nochmal weiter ausführen?
Ich versuche es.
1. "Corona" sorgt dafür, dass "die Politik" unpopuläre Maßnahmen ergreifen "muss".
2. weil diese unpopulär sind, fragen sich fast alle Bürger, ob diese tatsächlich notwendig sind.
3. deshalb kommt es zu einer breiten gesellschaftlichen Diskussion,
a) welche Maßnahmen und
b) für wen und
c) für welchen Zeitraum
gerechtfertigt sind.
Genau diese Diskussion ist die Grundlage eines demokratischen Gemeinwesens.
Die Bürger lassen sich nicht "von oben lenken", sondern führen selbst ein Gespräch darüber, was sie für richtig halten.
Nun wäre das bloße "drüber reden" noch keine Demokratie, wenn die Bürger nicht zugleich die Möglichkeit hätten, Einfluss zu nehmen.
Und in der Hinsicht haben wir nahezu "perfektes Timing", weil die Bundestagswahl direkt vor der Tür steht.
Wäre Deutschland keine funktionierende Demokratie, gäbe es keine Querdenker, keinen "Widerstand 2020", keine Impfgegner, keine Diskussion über Lockdown ja oder nein, Schulschließungen, Impfpflichten, Testpflichten, 2G, 3G, 5G (
).
Die Tatsache, dass sich plötzlich so viele Menschen an diesen Diskussionen beteiligen, macht mir Mut, dass die Deutschen in der Tat ein "einig Volk von Demokraten" sind.
Hättest du mich vor ein paar Jahren gefragt, wäre meine Vermutung wohl gewesen, dass die meisten Menschen sich einfach nicht für Politik interessieren, und sich das auch dann nicht ändern wird, wenn sie selbst einmal direkter betroffen sind.
Corona hat bewiesen, dass "die Deutschen" sich für abstrakte Grundlagen einer freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht lediglich interessieren, sondern auch bereit sind, sich entsprechend zu äußern.
Und diese Bereitschaft, sich zu äußern ist die wichtigste Voraussetzung für das Bestehen einer Demokratie.
Es zeigt sich im Übrigen, dass hier im Thread so manch einer mit der Demokratie auf Kriegsfuß steht:
Wenn es keine Demokratie gäbe, dann kann auch kein anderer Mensch über dich bestimmen
Wieso gibt es keine Mitte mehr. Die Wahrheit liegt bekanntlich meist in der Mitte aber da werde ich bestimmt gleich korregiert
Ja, da korrigiere ich in der Tat sogleich.
Die Wahrheit mag bekanntlich häufig in der Mitte liegen, allerdings ist das eher "Zufall", und bedeutet gerade nicht, dass die Wahrheit stets exakt in der Mitte zwischen zwei Positionen liegt.
Wenn ich sage "die Erde ist eine Kugel", und du sagst "die Erde ist eine Scheibe", ist die Wahrheit nicht, dass die Erde eine Halbkugel ist.
Ich habe einfach Recht, und du irrst dich.
Wissenschaftliche Aussagen sind einer Überprüfung zugänglich, das unterscheidet sie von Glaubenssätzen.
Du kannst selbst mit relativ einfachen "Hausmitteln" zumindest die Kugelform der Erde, naja, wenn auch nicht mit 100%iger Sicherheit überprüfen, so doch sehr stark plausibilisieren, so sehr, dass eine andere Erklärung als die Kugelform kaum sinnvoll, weil nur mehr mit extrem komplizierten "Sonderregeln" möglich erscheint.
Jeder Mensch kann mit einfachsten Mitteln zumindest gewisse, grundsätzliche Aussagen der modernen Naturwissenschaften soweit überprüfen, dass er nicht darauf angewiesen ist, diese lediglich zu glauben.