Ziemlich starker Tobak.
Aber was bedeutet das?
Die Nachkriegsordnung ist vorbei und es gibt wahrscheinlich wieder einen Wettlauf um Atomwaffen?
Also wie einst in Zeiten den alten "Kalten Krieges"?
Persönlich hätte ich zwar mit einem Krieg seitens Putin gerechnet, allerdings eher mit einer Umfassungsaktion des Ostens der Ukraine. Jetz kommt es einem fast so vor, als hätten die Leute in Moskau von den Leuten in Washington gelernt und streben ein Regime-Change an. Was galubt ihr? Wird das so kommen?
Was wir gerade sehen, ist auch ziemlich starker Tobak.
Also ich bin der Meinung, daß die "Nachkriegsordnung", so wir sie uns hier gerne vorstellen, schon seit einiger Zeit auf dem Sterbebett liegt.
Aber klar, wenn man so will hat Putin mit diesem Krieg zumindest in Europa neue Tatsachen geschaffen bzw. allen die Augen geöffnet.
Und natürlich wird das dazu führen, daß sich Staaten und Bündnisse an neuen alten Strategien der Abschreckung orientieren. Das kann auch gar nicht anders sein. Wenn Rußland Abkommen und Verträge einfach übergeht, wenn selbst die USA unter Trump Abkommen und Verträge einfach über Bord werfen, dann sollte man vielleicht zu dem Schluß kommen, daß es mit den "alten" Regeln nicht mehr weit her ist. Das betrifft auch die UNO, welche nicht nur jetzt während der Krise bzw. des Krieges in der Ukraine sondern auch zuvor im Irak völlig irrelevant ist. Prinzipien sind schön und gut, wenn sich alle daran halten. Was aber nicht der Fall ist. Also darauf herumzureiten, darauf zu bestehen, sie immer wieder zu beschwören wird die Ordnung nicht behüten.
Jedenfalls liegen die Karten jetzt auch für den letzten Teilnehmer der Runde offen auf dem Tisch und Europa muß dafür sorgen, daß es in Zukunft deutlich mehr Optionen in der Hand hat als jetzt. Und dazu gehören natürlich auch Investitionen in die militärischen Fähigkeiten.
Was Putin genau vor hat, kann man nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber richtig, ein "Regime change" wäre eine solche Schlußfolgerung. Und das wäre dann das Ende der Ukraine, so wie wir sie kennen und die logische Erweiterung der russischen Einflußzone. Ob das wirtschaftlich für die Russen auch so zu stemmen ist, wäre eine die eine Frage. Wie sich die Menschen in der Ukraine dazu verhalten, wäre eine andere Frage. Kann ich nicht beurteilen. Aber man sieht es in Weißrussland, man sieht es in Kasachstan... die Proteste sind erstmal erstickt.
Aber das ist Spekulation.
Vielleicht gibt es ja in den nächsten Tagen tatsächlich noch die Möglichkeit zu Verhandlungen.
Dann stellt sich nur das Problem, welche Bedingungen Russland stellt.
...
Und was genau wurde denn "diplomatisch versucht"? Nur zu Putin zu fliegen und zu sagen "Wehe du greifst an!!" ist kein Versuch. Es wurde nicht einmal versucht irgendeinen Kompromiss zu finden, von beiden Seiten, und das nach 8 Jahren Krieg. Der Krieg hat nicht gestern begonnen er hat vor 8 Jahren begonnen!
Richtig.
Das Beharren auf der Erklärung der Bündnisfreiheit ist schön und gut, entspricht den Prinzipien in einer idealen Staatengemeinschaft, bietet aber realistisch gesehen keinerlei Spielraum für Verhandlungen. Das kann man bedauern, das ist aber die Realität.
Jeder weiß, daß es unter den Mitgliedern niemals eine Mehrheit gab und geben wird für eine Möglichkeit, die Ukraine in die NATO aufzunehmen. Und bis zum Truppenaufmarsch der Russen gab es auch innerhalb der ukrainischen Bevölkerung kein großes Interesse an einer NATO Mitgliedschaft. Die Zusicherung wäre also ein Leichtes gewesen und hätte niemanden geschadet. Im Gegenzug wären dann die Krim im Gespräch oder zumindest die Seperatistengebiete im Donbas. Eine "neutrale" Ukraine mit festen Sicherheitsgarantien wäre jedenfalls ein Status, mit dem beide Seiten halbwegs leben könnten.
Aber das scheint wohl leider vorbei.
Auf der anderen Seite muß man aber auch sagen: man weiß nicht wirklich, ob es überhaupt innerhalb der letzten Monate noch eine Chance gab, ob der Krieg nicht längst seit Beginn der Truppenverlegungen abgemachte Sache war.
Man kann es mit 2003 vergleichen.
Die Pläne für den Krieg gegen den Irak und die Ziele standen längst fest. Niemand konnte Bush und die "Koalition der Willigen" davon abhalten. König Abdullah von Jordanien und andere Herrscher und Chefs der Region wurden schon 2002 informiert. Es war nur noch die Frage, wie man das der Welt halbwegs moralisch verkaufen konnte. Cheney und Rumsfeld nötigten die CIA geradezu, ihnen endlich "verwertbare Beweise" zu liefern oder Anhaltspunkte so zu verbiegen, daß man diese irgendwie einsetzen konnte. Was am Ende dabei heraus kam, wissen wir. Colin Powell's Märchenstunde von Massenvernichtungswaffen, die nie gefunden wurden und ein neuer Staatsfeind namens Abu Mus'ab az-Zarqwi, der vorher nur wenigen Insidern der Geheimdienste bekannt war, der plötzlich herhalten sollte als Bindeglied zwischen Al-Qaida und Saddam Hussein. Dummerweise nahm az-Zarqawi diese neue Rolle später dankbar an und erlangte eine traurige Berühmtheit.
Wie sind für euch denn die Szenarien wie es weitergeht? Angenommen Russland nimmt tatsächlich die ganze Ukraine ein. Meiner Meinung nach müssen sich die europäischen Länder mit Russland an einen Tisch setzen und irgendwie einen echten Kompromiss finden wie man in Zukunft koexistieren will. Russland ist nun mal da wo es ist und es hat seine Interessen, die werden auch nicht verschwinden wenn Putin weg ist. In der NATO wollte man Russland ja nicht haben, das heißt Russland wird die NATO nie als Freund sehen. Es braucht Abrüstungsgarantien von beiden Seiten, ansonsten steuern wir auf einen großen (atomaren) Konflikt zu.
Natürlich.
Wenn sich Taliban und Amerikaner an einen Tisch setzen können, dann sollten das Europäer und Russen auch können. Das war in der Vergangenheit, selbst im alten Kalten Krieg ja auch möglich. Allerdings stehen hier noch die USA im Weg. Oder anders gesagt, die USA werden wohl der erste Ansprechpartner für Putin sein. Aber natürlich geht an einer Koexistenz kein Weg vorbei.
Was Abrüstungsgarantien angeht, da bin ich skeptisch. Die baltischen Länder bsw. haben derzeit verständlicherweise ganz andere Vorstellungen.
Der "Friedensnobelpreisträger", der Russland einst als banale Regionalmacht abqualifizierte, hielt 2009 in Kairo eine an die muslimische Welt gerichtete Rede, die die Presse als "historisch" bezeichnete. Aber die Langzeitwirkung dürfte längst verblasst sein, der vermeintliche Friedenstifter entpuppte sich als der Präsident, der die Drohnenangriffe zur Staatsdoktrin der USA machte. Was soll/will man davon halten?
Ich nehme also an, daß Staaten mit Bedrohungsszenarien wie bsw. Taiwan ihre Sicherheitsambitionen noch verstärken werden. Wenn nicht nuklear, dann konventionell. Und Staaten mit Ambitionen tun das schon seit Jahren.
Nachtrag:
In Teilen stimmt das sogar. Aus dem Videotranskript:
»Heute habe ich 27 europäische Anführer gefragt, ob die Ukraine der Nato beitreten kann. Ich habe direkt gefragt – aber alle haben Angst, niemand antwortet. Wir haben keine Angst, wir haben vor nichts Angst. Wir haben keine Angst davor, unser Land zu verteidigen, wir haben keine Angst vor Russland, wir haben keine Angst, mit Russland zu reden – egal, worüber, über Sicherheitsgarantien für unser Land, über Neutralität. Wir sind im Moment kein Nato-Mitglied. Aber welche Garantien werden wir bekommen? Und vor allem: Welche Länder werden uns diese Garantien geben?«Aber er sagte auch:
»Ich bleibe in der Hauptstadt, meine Familie ist auch in der Ukraine, meine Kinder sind in der Ukraine. Meine Familie sind keine Verräter, sie sind Bürgerinnen und Bürger der Ukraine. Wo sie genau sind – das zu sagen, steht mir nicht zu. Nach unseren Informationen bin ich für den Feind das Ziel Nummer eins, meine Familie das Ziel Nummer zwei. Sie wollen die Ukraine politisch beschädigen, indem sie den Staatsführer zerstören.«Ich kann mir also nicht vorstellen, daß er selbst an Gesprächen teilnehmen wird. Zumal Putin heute auch die ukrainische Armee zum Putsch aufgefordert hatte und Lawrow als Bedingung für Gespräche die Kapitulation bzw. die Einstellung der Kämpfe seitens der ukrainischen Armee forderte.